Kapitel 16 - Schwach & stark

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"Ah, du bist endlich wach.", schnell ging mein Blick durch den Raum, als ich eine junge Frau mit rot-lilanem, welligem Haar erblickte.
"Mh, wer sind Sie?"
"Ich bin Doktor Aurore Racine", ihre Lippen umspielte dauerhaft ein freundliches Lächeln, welches von ihren hellen, türksien Augen unterstrichen wurde.
"...wo bin ich?"
"Du bist in einer psychiatrischen Anstalt, Karma."
"Was?!"

"Karma-Kun?", die fragende Stimme von Korosensei ließ mich hochschrecken.
"Was...? Wo.. Wo bin ich...", mehr an mich selbst gerichtet fragte ich unsicher, während ich den Raum begutachtete. Ich war im Klassenraum der 3-E. Ich zuckte zusammen, als ich den Ton meines Handys hörte.
Yasumi Akabane.
Ein schneller Blick auf das Display verriet mir so, dass meine Mutter mich anrief.

"Uhm... Ich geh raus.", Korosensei nickte mir kurz zu.
"Aber beeile dich bitte."
"Mhm.", daraufhin ging ich mit meinem Handy in der Hand auf den Flur und nahm den Anruf an.
"Karma, hast du meine Nachricht heute morgen erhalten?", ertönte ihre Stimme relativ gelassen.
"Ja. Beeil dich 'n bisschen, ich hab Unterricht."
"Na gut, also, du erinnerst dich sicher noch an Takuto, oder?", ich schwieg, ich wollte diesen Namen nicht hören. "Jedenfalls werde ich mich wieder von deinem Vater trennen und ihn heiraten.", für mich brach eine schon vor fünf Jahren gebrochene Welt zusammen. Ich konnte es nicht fassen. Wieso, wieso musste mich das Leben so sehr hassen? Wieso musste er wieder in meiner gerade einigermaßen verheilten Welt aufkreuzen?

"Nein! Nein, das kann unmöglich dein ernst sein!"
"Doch. Nach der Schule werdet ihr euch unterhalten, damit ihr euch e-", weiter kam sie nicht, da ich sofort auflegte.
"Wieso... WIESO...?!", ich ließ mich zu Boden fallen, als ich auf einmal etwas nasses mein Gesicht herunter laufen spürte. Ich zog meine Beine an meinen Oberkörper an und vergrub mein Gesicht in meinen Händen auf meine Knie abgestützt. Ich wimmerte leise vor mich hin, während mir immer mehr Bilder durch den Kopf schossen. "N-nein.. Nein...", meine Stimme klang brüchig, war nur als leises Flüstern zu hören. "I-ich will nicht... Ich w-will nicht m-mehr...", mein Weinen wurde mit jedem meiner Worte heftiger, mein Schluchzen wurde lauter, ohne dass ich es aufhalten konnte. Ich wollte nicht, dass mich irgendwer so sah. Ich wollte nicht so schwach wirken, wie ich es früher war. Vielleicht war ich es immer noch?

"I-ist alles okay..?", in sekundenschnelle hob ich den Kopf an, um in das besorgte Gesicht von Nagisa, sowie das von Korosensei zu blicken. Fast schon schockiert wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht und stand auf. Ich nickte beinahe panisch als Antwort auf die Frage des Blauhaarigen und wollte gerade in das Klassenzimmer gehen, als der Klang von Korosenseis Stimme ertönte.
"Karma-Kun, gibt es irgendwas worüber du reden willst- ...oder solltest?"
"Nein... Nein, mir geht es bestens...", ohne eine Antwort abzuwarten lief ich in den Raum und setzte mich wortlos auf meinen Platz. Ich konnte die verwirrten und fragenden Blicke, die auf mir lagen, förmlich spüren, ohne meinen Blick von der Oberfläche meines Tisches abzuwenden. Ich merkte, wie die Tränen wieder versuchten, hinter meinen Augen hervor zu kommen, doch ich ließ sie nicht heraus. Ließ sie nicht in die Außenwelt, hielt sie gefangen, als wären sie Straftäter, die ihre vorgeschriebene Zeit im Knast verleben mussten.

Machte mich das schwach oder stark? Es war in meinen Augen stärker, als würde ich die salzige Flüssigkeit befreien, ich war stärker, weil ich meine Emotionen unter Kontrolle halten konnte. Doch war ich nicht gerade deswegen schwach? Zeigte ich Schwäche, weil ich meine Gefühle nicht zeigen wollte, nicht mit ihnen klar kam?
Du bist stark, wenn du schwach bist, Karma, dachte ich auf einmal, woraufhin ein schwaches Lächeln meine Lippen zierte. Es war okay. Es war okay, dass ich meine negativen Gefühle unterdrückte, dass ich schwach war, denn genau das machte mich stark. War es nicht sogar menschlich, dass ich schwach war?

Ja, verdammt, genau das war es. Ich war genau wie die anderen; ein Geschöpf, das einer Kategorie zuzuordnen war, aber trotz der Ähnlichkeit zu den anderen Kreaturen, die derselben Rubrik angehörten, so viele individuelle Facetten hatte.

Auf einmal überkam mich blinder Hass. Hass gegen die Menschheit, doch vorallem gegen mich selbst. Ich hatte mir immer vorgenommen, nicht wie die anderen zu sein, nahezu unmenschlich zu wirken, gegenüber anderen sowie mir selbst. Warum nur war ich so weit davon entfernt? Warum konnte ich nie meine Ziele erreichen oder einfach mal zufrieden sein?
Warum bin ich nicht einfach glücklich, wie andere auch?

I Won't Disappoint You | Assassination Classroom FFKde žijí příběhy. Začni objevovat