Kapitel 15 - Elixier des Lebens

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Auf einmal fühlte ich mich so einsam. Mir war zwar bewusst, dass Nagisa bei mir war, doch mein Kopf machte mir immer mehr klar, dass ich alleine war. Dass ich das alles hier alleine durchstehen musste.
Zitternd klammerte ich mich fest an den kleineren Jungen neben mir, welchen ich sichtlich verwirrt haben musste.
"Bitte..."

Als wir nebeneinander im Bus zur Schule saßen, fing Nagisa zögerlich an zu reden.
"Uhm... Sag mal, was war das gestern?", als Antwort zuckte ich nur mit den Schultern. "Du musst es doch wissen.."
"Weiß ich aber nicht."
"Hmh...", aus dem Augenwinkel sah ich, wie die blauen Augen nachdenklich aus dem Fenster blickten. Mein Blick glitt von dem Vordersitz dem Display meines Handys zu, nachdem ich den Ton gehört hatte. Auf dem Sperrbildschirm blickte ich auf die WhatsApp Nachricht, welche von meiner Mutter stammte.

|Ich muss was mit dir besprechen. Es geht um Takuto Makiri.|

Ich war kurz davor, mein Handy in zwei Teile zu brechen. Ich konnte keinen Grund nennen, doch in mir kam eine kaum berechenbare Wut hoch. Ich spürte Nagisas verwirrten Blick auf mir liegen, während ich darum kämpfen musste, Ruhe zu bewahren.
"Ist alles in Ordnung, Karma?"
"Ja... Ja, es ist alles okay...", meine Stimme zitterte vor Wut, die ich mit jedem Wort immer mehr zu unterdrücken versuchte. Das immer schlimmer werdende Zittern meiner Hände sorgte dafür, dass mein Handy zu Boden fiel und der Blauhaarige einen Blick auf das Display erhaschen konnte.
"Wer ist Takuto Makiri?", fragte Nagisa mich vorsichtig, bevor ich in eine scheinbar andere Welt abzudriften schien.

Kalte, abwechselnd große und kleine Regentropfen fielen immer schneller auf den stark zitternden Körper des neun- oder zehnjährigen Jungen. Mit langsamen Schritten entfernte er sich von der verschwommen wahrzunehmenden Bushaltestelle, von der aus er seinem Ziel näher als gewollt war. Ausnahmslos war sein Blick dem vom Regen nass gewordenem Steinboden zugewandt, auf dem er seine Schritte vom einen auf den anderen Moment beschleunigte. Sein Blick war kurz nach hinten gerichtet, bis er plötzlich vom Bürgersteig auf die Straße lief, wo er letztlich stehen blieb. Sein Gesicht war gen Himmel gerichtet, sodass die Regentropfen an diesem hinunterrannen. Der Regen vermischte sich langsam mit seinen salzigen, unaufhaltsamen Tränen, als er auf dem Boden zusammenbrach.

"Argh...", ich öffnete für einen kurzen Moment die Augen, schloss sie jedoch wieder, als ich ein grelles Licht erblickte. Nach kurzzeitiger Schwärze erkannte ich ein Bild, auf dem viele dunkelgraue Punkte zu sehen waren. Die Punkte formten sich zu einem Motiv zusammen. Es waren die Silhouetten zweier Personen, die so aussahen, als würden sie sich gegenseitig anschreien. Ich vernahm eine Stimme, dessen Klang immer lauter wurde, mich irgendwann anzuschreien schien. Als ich einen kurzen Stich in der Brust fühlte, schreckte ich hoch und öffnete dann doch die Augen.

Der Raum wirkte fremd für mich. Die Wände waren weiß gehalten, eine Art Trennwand rechts von mir bestand aus Glas, an der mehrere orangefarbene Kacheln angebracht waren. Eine der Kacheln diente als Regal, in dem ein grau-blauer, viereckiger Topf mit einer Pflanze stand. Rechts von mir war eine verglaste Wand, die einen leicht türkisen Ton hatte, von der aus ich gute Aussicht auf einen Parkplatz und eine von Autos überfüllte Straße hatte. Einige Regentropfen waren auf den Fensterscheiben zu erkennen, sowie der Regen, welcher auf die Umgebung von Außerhalb prasselte.

Regen hat schon etwas seltsames an sich. Die Menschen bleiben in ihren Häusern, sie fürchten sich nach draußen zu gehen, weil die Tropfen des Wassers sie durchnässen würden. Sie verstecken sich vor ihm, auch wenn Wasser ihr Lebenselixier ist.
Vielleicht ist es aber auch genau das?
Vielleicht hat die Menschheit eine Abneigung gegen ihr Leben, gegen das, was sie am Leben erhält?
Wieso aber lieben wir dann die, die uns das Leben lebenswert machen, die uns davon abhalten, es frühzeitig zu beenden?
Machen diese Menschen den Zustand des Lebens überhaupt lebenswert oder sind sie nur eine farbige Illusion, die das schwarz-weiß überspielen?
Zu viele Fragen, die mir nur noch eine weitere stellten. Ist das Elixier des Lebens nun der Regen, das Wasser, oder doch das Blut unserer Mitmenschen?

"Ah, du bist endlich wach.", schnell ging mein Blick durch den Raum, als ich eine junge Frau mit rot-lilanem, welligem Haar erblickte.
"Mh, wer sind Sie?"
"Ich bin Doktor Aurore Racine", ihre Lippen umspielte dauerhaft ein freundliches Lächeln, welches von ihren hellen, türksien Augen unterstrichen wurde.
"...wo bin ich?"
"Du bist in einer psychiatrischen Anstalt, Karma."
"Was?!"

I Won't Disappoint You | Assassination Classroom FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt