Kapitel 27 - Scar(r)ed 2/2 | ƔĕᖆƧᑥꀌᖆĕᑥƘŢ

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Meine Schritte sind im ganzen Treppenhaus zu hören. Sie sind schnell, scheinen vor etwas wegzurennen. Aber sie rennen nicht vor ihrem Tod weg. Sie rennen direkt auf ihn zu, rennen zum Ende, nur um am Ende zu fallen. In ein tiefes Loch zu fallen, aus dem ich nie mehr herauskommen werde. Als ich an der Wohnungstür ankomme, betätige ich die Klingel. Ich habe Angst. Unbeschreibliche Angst. Die Tür wird von einem grob geschätzt etwa 30 Jahre altem Mann geöffnet. Ich gehe schnell an ihm vorbei, zucke zusammen, als er mich an der Schulter festhält.

Äußerlich bleibe ich kühl, desinteressiert, nicht von ihm beeindruckt, innerlich jedoch durchlebe ich zum erneuten Male meinen Tod. An meinem Oberarm, nahe der Schulter, spüre ich einen stechenden Schmerz.
Nicht schon wieder...
Ich schließe die Augen, um dem Ganzen entfliehen zu können. Ich lasse die gefühlt halbe Folter einfach über mich ergehen. Ich spüre, wie kaltes Blut meinen Arm hianbfließt. Er sticht mir das Messer erneut in die Wunde, zieht das Metall ein paar Millimeter meinen Arm herab. Ich will schreien. Ich darf nicht schreien. Ich darf nicht schwach sein. Er dreht mich um, bricht mir schon fast das Schultergelenk. Ein Schlag. Ich soll die Augen öffnen. Ich tue es, aus reiner Angst. Ich sehe ihm in die Augen. Er ist still, sagt kein Wort. "Was ist das für dich?", fragt er, während er mir das Messer zum wiederholten Male in die Wunde rammt. Ich halte es aus, wende meinen Blick nicht von seinen Augen ab.
"Folter." antworte ich ausdruckslos, aber dennoch wahrheitsgemäß. Hätte ich gelogen, wäre Schlimmeres als nur das geschehen. Takuto schubst mich achtlos zu Boden.
"Geh." ich nicke, stehe so schnell es mir möglich ist auf und gehe schnell in Richtung mein Zimmer

Gerade als ich eintreten will, stoße ich mit meiner Schwester zusammen. Ich bekomme Panik. Vor Schock taumele ich nach hinten, breche zusammen und sehe Akemi panisch an. "Hey, was ist los?", fragt sie mich und kniet sich zu mir herunter.
"Nichts." bringe ich zitternd, aber dennoch mit fester Stimme heraus. Die Zwölfjährige blickt mich skeptisch an, ich jedoch bleibe dabei, sie anzulügen. Sie darf die Wahrheit nicht erfahren. Ansonsten bin ich tot. Vielleicht ist es aber auch besser, wenn ich sterbe?

Akemi will mich festhalten. Ich weiche so weit ich kann zurück, bis ich gegen die Wand hinter mir stoße. "Fass mich nicht an...", murmele ich nun mit nicht mehr ganz so fester Stimme wie zuvor. Mein Ton klingt unsicher, gebrochen.
"Warum?", von noch mehr Skepsis übernommen setzt die Rothaarige sich neben mich. Ihre Haarfarbe hat ein blasseres Rot als das meiner Haare, außerdem hat sie, im Gegensatz zu mir, die hellen, türkisgrünen Augen von unserem leiblichen Vater geerbt. Ihre Haare sind relativ lang, gehen ihr ungefähr bis zum Ellenbogen, jedoch will sie sich diese in nächster Zeit kürzer schneiden lassen. Sie blickt mir in die Augen, wartet auf eine Antwort meinerseits.
Was soll ich Antworten?
"Ich will es nicht...", vielleicht nicht die beste Antwort, aber besser als gar nichts. Akemi seufzt, ich sage nichts.
"Ich nehme an, ich werde nichts aus dir rausbekommen?", ich nicke. "Na gut...", meine Schwester steht auf und geht.

Endlich...

Ich gehe nun in mein Zimmer. Ich setze mich auf mein Bett, wo ich mich recht schnell hinlege und an die Decke starre. Mein Arm tut weh. Ich setze mich an den Bettrand, um die Schublade in meinem Nachttisch zu öffnen und dort nach Schmerztabletten zu suchen. Als ich sie gefunden habe, nehme ich ein paar mehr auf einmal.

Der Schmerz soll vergehen. Bitte.

Ich seufze leise und lege mich wieder hin.

Als der Schmerz besser wird, stehe ich langsam auf und gehe zu meinem Kleiderschrank, um mir einen anderen, schwarzen Pullover herauszuholen. Der ndere, Dunkelgraue ist voll mit meinem Blut. Ich ziehe ihn aus und den Anderen an. Danach gehe ich aus meinem Zimmer heraus, um aus der Wohnung zu gehen, möglichst ohne gesehen zu werden. Wieder gehe ich aus der Tür, die Treppen unsicher herunter. Den Nieselregen ignorierend gehe ich nach draußen. Mein Blick ist stetig dem Boden zugewandt, nicht dazu in der Lage, andere Menschen anzusehen. Ich laufe einfach ziellos durch die Stadt. Ich lasse mich an einer Hauswand fallen.

Einzelne Tränen laufen plötzlich mein Gesicht hinunter. Ich wische sie nicht weg. Es tut gut, sie nicht unterdrücken zu müssen. Zwar bin ich von tausenden von Menschen umgeben, aber dennoch alleine. Sie alle werden mich ignorieren, nicht wahrnehmen. Ich verschwinde in der Masse, wirke unscheinbar, wie ein Kieselstein am Boden.

Am Boden. Genau das bin ich wohl.

Ich glaube, ich bin gebrochen, verschreckt, seit über einem Jahr.

I Won't Disappoint You | Assassination Classroom FFWhere stories live. Discover now