Kapitel 07 - Seemed so perfect 1/2 | ƧᑥꀌɱĕᖆŹ

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Stumm fahre ich mit dem kleinen Stück Kreide, welches bei jedem Strich einen schrillen, nervigen Ton von sich gibt, über die große Tafel, welche ich nach dem letzten Punkt hochschiebe. Mit einer großen inneren Anspannung lege ich die weiße Kreide zurück auf das Pult, an welchem der circa 40 jährige Mann seine Hände abstützt. Meinen Blick zur Klasse gerichtet kann ich den Geräuschen entnehmend feststellen, dass sich die Person hinter mir bewegen und das Tafelbild ansehen muss. Mit ausdrucksloser Mimik sehe ich mir die irritierten, skeptischen Gesichter meiner Mitschüler an, welche mir verraten, dass sie entweder keine Ahnung hatten, wie man den Flächeninhalt eines Quaders berechnet oder mein Lösungsweg falsch war. Durch die Tatsache, dass die anderen Schüler die Formel aufgeschrieben und einen Taschenrechner zur Verfügung haben, ist letzteres wahrscheinlicher.

Eine massive Nervosität bahnt sich ihren Weg zu der glasigen Trennwand, die sich zwischen Fassade und realen Emotionen befindet. Sie will die Fassade brechen, den anderen zeigen, wer und wie ich wirklich bin. Meine Schwäche offenbaren, hinter dem Glas zu meinem einzigen Halt, bestehend aus rissigen Bausteinen, diese mit einem Schlag zerstören. Meine Selbstsicherheit. Meine Selbstsicherheit, welche mir Hoffnung, meinen einzigen Halt, gibt, will sie langsam mit ihrer angesammelten Kraft nach und nach immer weiter zerbrechen, bis nur noch ein Haufen Glasscherben unter mir liegt, an denen ich mir bei der Versuchung, sie wieder aufzusammeln, meine Hände zerschneide.

"Falsch." seine Stimme hat einen dunklen Unterton, welcher seine Wut auf mich deutlich macht. Ein Schauder läuft mir über den Rücken, dennoch drehe ich mich zögerlich um und sehe meinem Lehrer direkt in seine lilafarbenen Augen, welche mich noch wütender anfunkeln, als sein Tonfall vermuten lässt. Mir etwas einredend versuche ich, mich selbst zu beruhigen, in der Hoffnung, es würde irgendwie Wirkung zeigen.

Vergeblich.

Als ich einen starken Schmerz an meiner Wange spüre, wurde es mir zu viel. Hat er das gerade wirklich getan? Vor der ganzen Klasse?
Verdammt.
Mein Blick wandert dem Boden zu, ich drehe mich um und setze mich schweigsam auf meinen Platz. Die fragenden, geschockten Gesichter um mich herum kann ich förmlich spüren. Ich will einfach nur weg hier.

Mein Vater und gleichzeitig Lehrer wendet sich wieder der Tafel zu. Mit einer Mimik, die ihn so aussehen lässt, als ob nie etwas passiert wäre, wischt er meine falsche Rechnung mit einem nassen Schwamm weg.
"Jemand, der es besser weiß, als Asano-Kun?", mit einem vorwurfsvollem Blick und leicht provozierender Stimmlage spricht er mehr mich als den Rest der Schüler im Raum an. Ein unangenehmes Schweigen breitet sich aus. Keiner von uns traut sich, auch nur einen Ton von sich zu geben.
Wie gerne würde ich jetzt aufstehen, mich zu allen umdrehen und sie anschreien, sie sollen sich gefälligst melden? Viel zu gerne.
Sie würden auf meine Worte hören, sich praktisch darum prügeln, die korrekte Antwort sagen und anschreiben zu dürfen.
Zum einen weil ich ganz genau weiß, dass sie sich nicht trauen, so tun, als würden sie mit mir mitfühlen. Doch das kann niemand. Nur leider kapieren es genauso wenige.
Der andere Grund ist dieses Gefühl von Macht. Ich liebe es einfach, das Gefühl zu haben, sie seien mir alle unterlegen, sie können nur das tun, was ich ihnen sage, dass niemand es wagt, auch nur daran zu denken, mir zu widersprechen.

Ein Klopfen an der Tür unterbricht das unangenehme Schweigen. Als niemand antwortet, öffnet das blauhaarige Mädchen die Tür. Mit ihren braunen Augen blickt sie hilflos und unsicher in die noch immer leichte Wut ausstrahlenden Augen ihres Lehrers.
"Entschuldigen Sie die Verspätung... I-ich wusste nichts von dem Raumwechsel...", Sakie Asami ist der Name des Mädchens, welches sich nach einem Nicken und der Aufforderung meines Vaters auf einen freien Platz setzt. Aus dem Augenwinkel heraus kann ich sie recht gut erkennen. So schnell das braunäugige Mädchen kann, schreibt sie etwas auf. Es sind wohl die Aufzeichnungen auf der Tafel.

"Wir belassen es bei einer Stunde Nachsitzen, Asami-San." erwähnt unser Lehrer streng, woraufhin mein Blick zu den beiden wandert. Er wendet sich von Asami ab, geht dann jedoch zu mir. Ich spüre wieder diese Panik in mir hochsteigen. Die Panik, die es sich immer wieder als Ziel setzt, meine Sicherheit in ein tiefes, schwarzes Loch zu schubsen. Und diese fallende Sicherheit wird dann letztendlich auch noch meinen Ruf zusammen mit meinem Dasein zu Boden reißen. Es ist ein Kreislauf der Rache.
"Und du wirst dich gefälligst darauf konzentrieren, das Thema endlich zu kapieren,"
er legt eine kurze Pause ein, in der ich fatalerweise in die Augen des Mannes vor mir blicke, welche fast identisch wie die Meine sind.
"Gakushū."

I Won't Disappoint You | Assassination Classroom FFTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang