16 | „Mir tut nichts weh!"

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Nach ungefähr fünf Minuten kam Luke ins Zimmer und ich drehte mich sofort um, wusch meine Tränen weg.

Er setzte sich leise neben mir und betrachtete mich, wobei es mir sehr unangenehm wurde.

,,Schau weg.", befahl ich ihm, doch ich spürte wie er grinste.

Hol deine böse Seite wieder, Ann!

Ich drehte mich beleidigt zu ihm um und meine Theorie bestätigte sich, denn er grinste wirklich.

,,Warum dieses Grinsen?", fragte ich verwirrt.

Er zuckte mit den Schultern.

,,Sogar wenn du weinst, bist du-", stoppte er sich selbst und sah weg.

Ich war mehr als nur verwirrt.

,,Bin ich was?", fragte ich schluchzend mit einer hochgezogene Augenbraue.

Er sah mich neutral wieder an.

,,N-Nichts. E-Es war unnötig.", sagte er, als würde er flüchten wollen und stand auf.
,,Gehen wir?"

,,Wohin?", fragte ich ihn verwirrt.

,,Spielplatz.", antwortete er und ich seufzte.
,,Ich möchte wirklich nicht."

Ich sah aus dem Fenster und musste mir Luke's Überzeugungen anhören.

,,Du musst mitkommen! Komm wenigstens für Lyve mit. Sie wollte dich am meisten haben.", sprach er und ich sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an.

,,Wage es nicht mich mit Lyve zu erpressen.", mahnte ich ihn lustig und er lachte.

,,Komm schon. Bitte."

Seufzend stand ich auf und ging aus der Tür.

,,Na gut. Aber nur wegen Lyve!", gab ich hinterher zu verstehen und lief runter.

Lyve war auf der Couch und malte.

,,Hey, Kleine.", sprach ich und ließ mich neben ihr plumbsen.

,,Hey, Ann..."

,,Was malst du da so schönes?", fragte ich und sie sah mich lächelnd an mit ihren funkelnden Augen.

,,Cinderella!", zeigte sie mit einem Finger auf eine Prinzessin mit blauem Kleid und blonden Haaren.

,,Ladies. Auf geht's.", gab Luke bekannt und wir standen auf.

Anschließend gingen wir raus und spazierten zum Spielplatz.

Es waren sehr viele Kinder da und Lyve rannte auch schon zur Schaukel.

Sie schaukelte sich selbst und ich beobachtete sie, während Luke neben mir stand.

,,Ich kann's kaum glauben, wie schnell sie gewachsen ist.", fing er schwärmend an und lächelte.
,,Tja... Die Zeit geht sehr schnell vorbei, was?"

Es faszinierte mich selbst, wie ich von traurig auf glücklich so schnell wechseln konnte. Zwar wusste ich, dass ich das kann, denn ich hatte es mein halbes Leben lang so getan, doch trotzdem wunderte es mich immer noch.

Luke sah mich an.
,,Ich übe morgen nochmals mit den Jungen. Wir haben bald wieder ein Auftritt."

Ich nickte.
,,Meine Mom wird morgen Zuhause sein, dann könntest du ja etwas mit ihr machen."

Verwirrt schaute ich ihn an.
,,Achso. Die kommen nicht zu uns, sondern du gehst zu denen?"

Er nickte und ich sah Lyve wieder zu.

Sie lachte andauernd und genoss einfach ihre Kindheit. Wie es jedes Kind hätte machen sollen. Ich tat einfach so, als wäre Lyve mein kleines Ich. Genauso würde ich mich auch freuen um fünf Minuten zu schaukeln. Nach fünf Minuten hätte ich eh keine Lust mehr, genau wie sie es nicht, denn sie kam zu uns angerannt.

,,Luke, ich will rutschen!", bettelte sie und ich lächelte, wegen ihrer zuckersüßen Stimme.

Luke bewegte sich mit ihr zur Rutsche und ich ebenfalls.

Lyve rannte nach oben auf das Klettergerüst und rutschte sofort.
Andauernd schrie und lachte sie und man konnte es nicht vermeiden mit zu lachen.

Nach einer gefühlten Stunde entfernten wir uns vom Spielplatz und spazierten weiter.

Ungeplant hielt Lyve plötzlich meine Hand und dann die von Luke.

,,Gehe ich morgen zu Katherine?", fragte sie Luke und er sah mich überrempelt an.
,,W-Weiß ich gar nicht. Mom und Ann sind morgen Zuhause.", gab er bekannt und Lyve sah mich sofort an.
,,Dann bleibe ich doch Zuhause!", sagte sie und klammerte sich an mich.

Ich lachte und stoppte dann. Langsam ging ich auf die Knie um in der selben Höhe wie Lyve zu sein. Ich sah ihr tief in die Augen.

,,Weisst du was das besondere an dir ist?", fragte ich und sie schüttelte ihren Kopf. ,,Du bist so süß, dass man es nie aushalten kann, dich einfach zu drücken, doch man hat Angst, dass man dir weh tut."

Sie platzierte ihre Hände auf ihre Hüften.
,,Mir tut nichts weh!", protestierte ich und ich lachte.
,,Das sagte ich auch immer."

Dann stoppte ich mich selbst und erinnerte mich an die Zeiten, wo die Kinder in der Grundschule mich schlugen und ich trotzdem aufrecht stand und den selben Satz sagte. Als hätte das nicht gereicht, bekam ich auch Schläge von meiner Mutter, weil sie sich nie selbst kontrollieren konnte. Ich saß mich dann in die Ecke meines Zimmers hin und heulte, während ich diesen Satz immer wieder holte.

,,Ann?", löste mich Luke und ich sah ihn verwirrt an.

Schnell stand ich wieder auf und setzte mir ein falsches Lächeln auf.

,,Gehen wir weiter?", fragte ich und er nickte.

Angel Ine Where stories live. Discover now