71 | „Es tut mir leid."

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,,Also, warte... Du und Alexia?"

,,Schwestern.", antwortete ich Caleb, als ich eine Mohrrübe aß.

Die Gesichter waren echt geschockt, doch es ließ mich schmunzeln.

,,Wie geht Luke mit dieser Tatsache um?", fragte mich Noah.

Ich kaute zu Ende und blickte ihn dann intensiv, während ich meinen Körper ein wenig zu ihn lehnte.

,,Frag ihn doch selbst."

,,Ich finde nicht, dass das eine gute Idee wäre."

,,Wieso nicht? Du bist doch so neugierig."

Er sah mich wütend an und ich lehnte mich wieder zurück. Plötzlich stach mir William in mein Blickfeld. Er sah komplett verwirrt aus und auch, als würde er gleich seinen Verstand verlieren. Sofort stand ich auf und lief zu ihm. Vorsichtig platzierte ich eine Hand auf seinen Arm und er setzte diesmal den Blick auf mich.

,,Was ist los?", fragte ich vorsichtig.

,,Angeline, ich muss mit dir reden."

Seine Stimme klang so zerbrechlich, dennoch versuchte er sie so ernst klingen zu lassen. Mich überkam ein sehr schlechtes Gefühl. Was war nur los mit ihm?

Ich zog ihn zur einer Ecke, wo ich keine Augen auf uns spürte.

,,Erzähl schon!", befahl ich ihm, doch er schüttelte verzweifelt seinen Kopf.

,,Ich kann dir das nicht antun."

Völlig verwirrt schaute ich ihn an und merkte, wie die Panik in mir stieg. Langsam platzierte ich wieder meine Hände auf seine Arme.

,,Du machst mir langsam Angst und ich hasse es Angst zu haben."

,,Genau deswegen kann ich es dir nicht sagen, verdammt!", schrie er los und ich zuckte zusammen.

Sofort zog ich meine Hände wieder zurück.

,,Es ist was mit Luke...", behauptete ich, doch er schüttelte zum Glück seinen Kopf. Erleichtert atmete ich ein wenig aus, doch die Tatsache, dass er mir etwas nicht mitteilen konnte, löste eine riesen Angst in mir aus.

,,Was ist es dann?"

,,Es ist dein Vater. E-Er liegt im Krankenhaus u-und-"

Ich unterbrach ihn, als ich sofort anfing los zu rennen.

***
Wir stiegen aus und ich rannte wieder los in das riesen Gebäude, welches mir eigentlich sehr Angst machte. Luke und Alexia waren alleine und warteten an der Intensivstation, während ich sofort anfing zu weinen.

,,L-Luke...", fing ich an und näherte mich zu der Tür. Er zog mich sofort in eine Umarmung und ich vermutete das schlimmste. Als er sich löste, blickte er mir traurig in die Augen.

,,Es tut mir leid."

Der Satz klang wie in ein Echo in mir und ich ahnte schon was geschah. Sofort löste ich mich von ihm und trat ein paar Schritte zurück.

Ich wollte Dinge sagen, doch ich konnte nicht. Der Schock ließ es mir nicht zu. Mein Verstand konnte es nicht akzeptieren, was gerade geschah und deswegen fing ich an laut los zuschreien. Mein Herz pumpte wie wild und die Tränen kamen nicht einmal richtig. Ich wusste nicht, ob ich weinen sollte oder doch lieber schreien. Die Tatsache, dass ich meinen Vater in dem Moment verlor, war die schlimmste Sache, die mir im ganzen Leben geschah.

,,Oh mein Gott, nein!!", schluchzte ich und diesmal zog mich Luke zu einer Umarmung.

,,L-Luke... Luke, ich konnte ihm nicht sagen, dass ich ihn liebe!"

Meine Stimme zerbrach immer wieder und ich konnte nicht aufhören zu weinen.

,,Luke!", schrie ich und löste mich von ihm,
,,Luke, Bring mich zu ihm. Ich will meinen Dad sehen. Ich flehe dich an!"

Mir war klar, dass er es nicht tun konnte, aber ich wollte es einfach. Ich wollte meinen Vater sehen und ihm sagen, dass ich ihn liebte. Dass er mir in kurzer Zeit so sehr ans Herz wachste, dass er mir so gut tat und ich ihm verziehen hatte für meine Kindheit.

Aber in dem Moment war alles egal. Niemand verstand mich. Niemand würde mich je verstehen. Ich hatte wieder versagt.
Wieso war ich die Jenige, die jedesmal mit Schmerzen leben musste?
Wieso musste mir so etwas passieren?

Es fühlte sich scheußlich an, wenn das Herz wehtat. Es fühlte sich an, als würden einzelne Stränge reißen. Der Kloß in meinem Hals blockierte mein Schreien. Ich konnte auf einmal nicht mehr schreien, denn ich bekam keine Luft.

Meine Sichtweise von der Welt war einfach zu schlecht. Einen sinnvollen Grund hatte ich nicht zu leben.
Wie konnten Menschen noch friedlich weiter leben?
War ich die einzige, die so schlimme Dinge erlebte?
Oder reagierte ich vielleicht über?

Die Welt war schrecklich. Die Liebe war schrecklich.
Alles war schrecklich und würde für immer schrecklich bleiben.

Ich war schrecklich.

Angel Ine Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt