75 | „Bleib bei mir."

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Ich schluckte die Tabletten förmlich runter und wollte die Dose wieder wegstellen, als sich Luke plötzlich vor der Tür räusperte und ich die Dose hinter meinem Rücken versteckte.

Er blickte mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an und näherte sich zu mir. Mein Herz schlug wie wild. Wenn er die Tabletten jetzt entdecken würde, wäre ich komplett am Arsch.

,,Was versteckst du?", fragte er ruhig.

,,N-Nichts.", antwortete ich hastig, doch versuchte die Dose immer noch mit meiner Hand hinter meinem Rücken zu verstecken.

Ich wusste, dass Luke nicht dumm war. Er stand dicht an mir, sodass ich schon seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte. Währenddessen streckte er seine Hand aus und berührte leicht meinen Rücken, damit er die Tabletten ertasten konnte. Ich rollte verzweifelt meine Augen, als Luke die Dose in seiner Hand hielt.

Panisch versuchte ich eine Ausrede zu finden, jedoch ohne Erfolg.

Ich war am Arsch. Es war aus.

Planlos runzelte ich die Stirn und blickte dabei in die Augen von Luke.
Er sah eher enttäuscht aus, als wütend, dies ließ mich auch verwirrt werden.

,,Seit wann nimmst du die?", fragte er ruhig, dennoch etwas sauer.

Ich antwortete nicht und er fing an zu nicken.

Plötzlich zog er mich am Arm ins Badezimmer, wobei ich einige Male gegen die Wände knallte. Er ließ mich vor die Kloschüssel hinknien.

,,Du kotzt das jetzt raus.", befahl er laut.

,,W-Was?! Nein!", schrie ich.

,,Angeline, kotz es!", schrie er zurück und ich hatte keine andere Wahl, als das zu tun, was er verlangte.

,,I-Ich kann nicht. .", murmelte ich verzweifelt, doch Luke hielt nur meine Haare von hinten, während ich versuchte mir einen Finger in den Hals zu stecken. Es klappte nicht. Ich kriegte ihn nicht weiter bis zu meinem Rachen. Gott, wie schwer war das.

Mir wurde schwindelig und ich fing an am ganzen Körper zu zittern.

Auf einmal spürte ich Luke's Finger in meinem Mund. Ich versuchte meinen Kopf zur Seite zu drehen, doch er hatte mehr Macht in dem Moment.
Ich merkte wie eine dicke Flüssigkeit nach oben kam und im nächsten Moment brach ich alles aus. Mein Hals brannte so eklig und mein Magen zog sich zusammen. Ich hustete stark aus, sodass ich auch ohne Luke's Hilfe erneut erbrach. Ich zitterte nur noch schlimmer und hielt mich an dem Toilettensitz fest in der Hoffnung es würde aufhören oder diese Situation würde gar nicht echt sein. Schwer hörte ich, wie Luke seine Hände wusch.

Meine Augen tränten vor Schmerz und ich merkte nur noch Tücher neben meinem Kopf, die Luke mir zu reichte. Wütend und immer noch hustend, nahm ich sie an und wusch mir über meinen Mund. Langsam versuchte ich aufzustehen, während mir Luke half. Ich nahm seine Hilfe an, doch schlug seine Hand danach weg, als ich mir meine Hand vor den Mund hielt.

,,Ich hasse dich. .", murmelte ich sauer und blickte ihm ernst in die Augen.

***
Er warf die Tabletten einfach weg. Ich hatte nichts mehr. Luke sagte mir, dass wenn ich Mal Kopfschmerzen haben sollte einfach schlafen müsse. Er verstand mich nicht. Er würde mich niemals verstehen.

Der letzte Satz von mir traf ihn so sehr, dass er kein richtiges Wort mit mir gewechselt hatte. Ich war immer noch sehr wütend auf ihn und wusste, dass wenn ich mit ihm anfangen würde zu diskutieren, alles nur noch schlimmer wird. Ich konnte mich nie unter Kontrolle halten, wenn ich sauer oder traurig war.
Das wusste Luke auch. Sehr sogar.

Doch, obwohl wir diese Diskussion hatten, brachte er mir eine Tasse Tee und stellte sie vor die Couch, auf der ich mit angewinkelten Beinen saß.

,,Ich will das nicht trinken."

Er stoppte das Laufen und drehte sich sofort um, während er sich zu mir hinhockte. Luke sah mir fest in die Augen und man konnte erkennen, dass er wirklich sehr sauer war. Doch eigentlich wusste man auch, dass ich nicht der Grund war.

,,Was willst du, Angeline?", fragte er wütend und ließ mich keine Sekunde aus den Augen,
,,Sag mir, was du willst."

Ich antwortete nicht und er sprach einfach weiter.

,,Willst du sterben?"

Eine Gänsehaut breitete sich in mir aus.

Wollte ich sterben?

,,Oder wieso tust du dir das ganze an? Möchtest du Aufmerksamkeit?
Was. Willst. Du.?"

,,Ich will glücklich sein, Okay? Ich möchte wieder glücklich sein. Ich möchte sagen können, dass ich glücklich bin und nicht die ganze Zeit die Menschen verarschen.
Verstehst du es jetzt?
Ich weiß nicht, was los mit mir ist. Ich habe Gefühle, die ich noch nie zuvor gespürt hatte. Ich will weder essen noch was trinken. Ich kann nicht schlafen, Luke, mir ist die Lust von Dingen vergangen!"
Meine Stimme war zwar laut, aber im selben Moment auch sehr leise. Man erkannte, wie gebrochen ich innerlich war und das erkannte auch ein Luke.

,,Soll ich dich in Ruhe lassen? Oder soll ich dich gar nicht aus den Augen lassen? Sag mir was, damit ich es machen kann-"

,,Bleib bei mir", unterbrach ich ihn, als ich erneut in Tränen ausbrach,
,,B-Bleib einfach bei mir. I-Ich kann das nicht ohne dich, bitte."

Er streichte mir einige Haarsträhnen aus dem Gesicht und wusch meine Tränen weg.

,,Ich weiß nicht, wie du es schaffst mich so um den Verstand zu bringen, aber du schaffst es. Ich habe Angst um dich. Egal, wie, wann, wo oder weshalb; Ich habe immer Angst um dich. Ich werde immer bei dir sein. Ich verspreche es."

Luke klammerte sich an mich auf der Couch und umarmte mich so fest wie möglich, damit er mir das Gefühl geben konnte, nicht alleine zu sein. Während ich immer noch schluchzte, machte er kreisende Bewegungen auf meinem Rücken, so dass ich langsam müde wurde und anschließend einschlief.

Angel Ine Where stories live. Discover now