19 | „Sie starb letztes Jahr."

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Ich schaltete das Lied
Feel something von James Young
an und betrachtete die Gegend.

Die Textstellen berührten mich und ich fühlte mich andauernd angesprochen.

Lange spazierte ich und bemerkte nicht, dass ich an dem Ort ankam, wo ich Luke die Sache mit meiner Familie erzählte. Ich saß mich langsam auf dem Felsen hin und band meine Haare zu einem kleinen Dutt, da meine Haare kurz waren. Dann nahm ich mir eine Zigarette raus und zündete diese an, während ich stundenlang das selbe Lied hörte.

Abschalten tat manchmal so gut. Man musste sich doch einmal im Leben frei fühlen können und das war meine Zeit. Ob ich es schade finde, dass ich mit 16 angefangen habe mit den schlechten Dingen und es immer noch tue? Klar. Natürlich finde ich es schade, aber diese Mittel sind die einzigen Dinger, die mich unterstützen. Die mir das Gefühl geben, dass ich mich frei fühle und mir keine Sorgen über irgendetwas machen sollte.

Das Rauchen stoppte mir den Hunger, doch ich bekam Kopfschmerzen. War ja klar. Ohne etwas zu essen, gleich die erste halbe Packung der Kippen ausrauchen, verpasste jemandem sofort Kopfschmerzen.

Ich bemerkte gar nicht, wie spät es wurde und die Sonne schon fast ganz unten war. Langsam stand ich auf und lief zurück.

Im Thema Verlaufen, hatte ich gar keine Probleme. Wenn ich mir einmal einen Weg eingeprägt hatte, hatte ich den schon sofort auswendig und es entstanden keine Probleme. Genauso, wie ich Problemlos den Weg zurück zu Luke's Haus fand.

Ich klingelte und auf Knopfdruck öffnete Luke die Tür.

Verwirrt sah er mich an.
,,Wo warst du?", fragte er und ich ging rein, wobei Jane und Lyve gar nicht da waren.

,,Wollte ein wenig alleine sein. Wo ist deine Familie?", fragte ich zurück und er verzog sein Gesicht.

,,Die sind bei Katherine, aber... Wo warst du jetzt wirklich?"

Langsam und verwirrt zog ich meine Strickjacke aus, während ich ihn an sah. Ich versuchte zu entschlüsseln was er meinte, doch ich verstand es nicht.

,,W-Was meinst du...?"

,,Du riechst richtig nach Zigaretten.", antwortete er und mir stockte der Atem.

Protestiere, Ann. Sag, dass dies nicht stimmt!

Ich versuchte das ganze zu überlachen.

,,Ich rieche nichts.", gab ich bekannt und er näherte sich zu mir, roch an meinen Haaren, die nun offen waren.

Ich wich ein wenig zur Seite und blickte ihn entfremdet an.

,,Was tust du?"

,,Ann, was verschweigst du mir?", fragte er zurück, ohne einmal meine Frage zu beachten.

,,Was sollte ich verschweigen U-Und außerdem...", fing ich an und verschränkte die Arme vor der Brust,
,,Wieso interessiert dich das so sehr?"

,,Ich will nur nicht, dass du was falsches machst."

,,Inwiefern?", fragte ich mit einer hochgezogene Augenbraue.

Er seufzte und zog mich am Arm zur Couch. Wir saßen uns hin und ich betrachtete ihn, während er die passenden Wörter versuchte zu finden. Zumindest sah es so aus.

,,Ich hatte Mal eine beste Freundin. Ihr Name war Alexia.", fing er an und ich hörte ihm intensiv zu, ,,Sie starb letztes Jahr."

Meine Augen weiteten sich, doch es wunderte mich immer noch, wieso er mir dies jetzt erzählte.

,,Ich konnte sie nie sehen. Nicht einmal ihren Grab besuchen, da ihre Eltern dies nicht erlaubten. Ich wusste nicht einmal, dass sie tot war. Zwar wusste ich, dass sie Drogen nahm, trank und rauchte, doch ich hielt es für mich."

Ein komisches Gefühl überkam mir.

,,Alexia kam tagelang nicht zur Schule und dann eines Tages, sah ich ihre Eltern in der Schule. Ich fragte wo Alexia sei und diese erklärten mir vorsichtig, aber schnell, dass sie tot sei. Die Ärzte haben wohl gesagt, dass sie zu viele schwerwiegende Drogenarten auf einmal nahm, so dass sie es nicht mehr schaffte."

Und danach stoppte er, denn er versuchte mich anzusehen und nicht zerbrechlich zu wirken, doch im Endeffekt tat er es. Er wirkte zerbrechlich und ich merkte auch, dass dieses Thema eines seiner Schwachpunkte war.

,,Seitdem hasse ich es, wenn jemand Drogen nimmt oder raucht. Zu Trinken habe ich nicht viel was gegen, dass kann man Mal tun, wenn man feiern ist. Aber ab dem Tag, wo ich Alexia verlor, entfernte ich mich von jedem, der Drogen nahm. Egal, wie eng diese Person zu mir stand, ich brach einfach den Kontakt ab, denn noch so ein Fall, hätte mein Herz nicht ertragen können."

,,Wieso erzählst du mir das?", fragte ich vorsichtig, während wir uns immer noch in die Augen schauten.

,,Ich will sicher gehen, dass du so etwas nicht tust."

Was? Wieso? War ich ihm denn wichtig?

,,Und wenn ich es tue? Willst du den Kontakt auch mit mir brechen?", fragte ich erneut und war nun gespannt auf seine Antwort.

Er nickte.

Natürlich hätte ich ihm am liebsten eine reingehaut, doch ich konnte es nicht. Ich konnte ihm auch nicht die Wahrheit sagen, denn schließlich war er der erste Freund für mich. Nach all den Mobbing Phasen von mir und den Jugendlichen, die mich nie mochten, war er der erste, dem ich auch die Lage meiner Familie erzählte. Er wurde trotz der kurzen Zeit echt wichtig für mich.

Ich könnte ihn nicht einfach die Wahrheit sagen. Ich wollte ihn nämlich nicht verlieren.

,,Ich tue es nicht.", log ich unsicher und man sah eine deutliche Erleichterung von ihm, denn er atmete tief aus und lächelte gezwungen, während ich nun Schuldgefühle hatte.

Ich hatte schon wieder gelogen. Erneut.

Angel Ine Where stories live. Discover now