55 | „Willkommen in der Hölle."

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Das Aufwachen und Runtergehen empfand ich als gleichzeitiges Stattfinden. Ich beobachtete meinen Vater, wie er ein Bilderrahmen versuchte richtig an die Wand zu montieren.

,,Guten Morgen. Willst du nicht zur Schule?", fragte er und lächelte mich an. Langsam näherte ich mich zu ihm mit dem Finger an meinen Lippen, welches ich immer tat, wenn ich ein wenig nervös war.

,,Nicht wirklich.", antwortete ich und betrachtete das Bild mit einer schwarzen Rose. Ohne Dad einmal die Gelegenheit zu geben, mich zu kritisieren, kommentierte ich das Bild als schön.

Ich brauchte eine Ablenkung und vielleicht konnte mir mein Vater diese gönnen.
Doch mein Handy klingelte und ich sah verwirrt auf den Bildschirm. Es war eine unbekannte Nummer und ich wartete einige Sekunden.

,,W-Willst du nicht rangehen?", fragte mein Dad, doch ich antwortete nicht.

Wer könnte es sein?

Ich hob ab und hielt es mir an's Ohr.

,,So hatten wir das aber nicht abgesprochen, Angeline."
Ich erkannte schon, wer die Stimme war und rollte meine Augen.
Da ich wusste, dass ich sauer werden würde, entfernte ich mich von Dad und ging raus in den Garten. Ich musste Bryce klar machen, dass er nicht mit mir spielen konnte.

,,Pass Mal auf, du Mistkerl.", fing ich an und wurde echt sauer,
,,Wegen dir habe ich seit Gestern wieder die schlimmste Zeit meines Lebens, Okay? Ich bin nicht dazu verpflichtet dir zu gehorchen. Ich gehöre nicht dir-"

,,Bevor du weiterredest... Luke steht einige Meter von mir entfernt und drei Mal darfst du raten mit wem. Oh, ja, genau, mit Mayina Woods."

Mein Herz schmerzte. Ich wusste von Anfang an, dass May seltsam war und genau jetzt hatte ich auch meine Bestätigung. Ganz egal, was zwischen den früher war, eines stand fest:
Sie wollte Luke.

,,Also... Würde ich dir raten mir doch zu gehorchen. So ist nunmal das Leben, Angeline. Willkommen in der Hölle."

Sauer und traurig lag ich sofort auf und zog an meinen Haaren. Ich wollte schreien, doch ich konnte es nicht. Erneut hatte ich das Gefühl zu sinken, ohne einmal im Wasser zu sein. Es fühlte sich an, als würde ich so tief fallen und niemand konnte mir helfen. Ich hatte nur eine Möglichkeit:
Wieder anfangen mich selbst zu verletzen. Es war die beste Lösung für mich. Keiner interessierte sich für mich. Wahrscheinlich wird es niemand, doch diesmal schmerzt es noch mehr. Mehr als je zuvor...

Langsam ging ich wieder ins Haus und gab Dad Bescheid, dass ich Kopfschmerzen hätte.

,,In der Küche ist ein Korb mit Medikamenten. Nimm dir ein Schmerzmittel.", sagte er nur, ohne mich einmal richtig anzusehen. Ich befolgte seinen Anweisungen und fand den Korb.

Verwirrt stachen mir verschiedenste Medikamente in mein Blickfeld und ich nahm sie in die Hand, las sie.

,,Bei Schlafstörungen...", fing ich an und nahm die andere Packung,
,,Bei Angststörungen..."

Was hatte Dad mit Angststörungen zu tun? War er etwa krank?

,,Anti-Depressiva..."

Verwirrt schaute ich weiter, ob ich noch irgendwelche ungewöhnlichen Medikamente finden konnte.

,,Gefunden?", erschrak mich mein Vater und die Packungen fielen runter.

,,D-Dad... Du hast mich erschreckt!", schrie ich fast und hob die Medikamente auf, doch mein Vater antwortete nicht. Schnell versuchte ich alles wieder ordentlich zu stellen und schob den Korb ein wenig weg von mir. Ich drehte mich um und sah in das überraschende Gesicht meines Vaters.

Wieso starrte er mich so überrascht an?

,,I-Ich habe sie nicht gefunden..."

Er blieb immer noch stehen und diesmal ahnte ich, was er meinte. Wieso er dort stur da stand. Vor lauter Panik hatte ich ihn ausversehen Dad genannt. Es überraschte ihn, wieso? War er wirklich so fest davon überzeugt, dass ich ihn nie als Vater ansehen werde?

Schnell drehte ich mich um und suchte Schmerztabletten. Danach nahm ich sie und ging, ohne etwas zu sagen, an ihm vorbei.

Angel Ine Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt