96. Kapitel~E

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Ich nahm mir als letztes vor, Liams Brief zu lesen.

Liam,
mein geliebter Liam... genau du solltest diesen Brief nicht bekommen. Bei dir würde kein Abschied nötig sein, denn ich sollte eigentlich für die Ewigkeit bei dir verweilen. 

Aber dem ist nicht so.

Wir werden nicht in der Zukunft zusammen sein und es wird auch kein Happy End sein, während wir auseinander gehen. Dennoch weiß ich nicht, ob ich dir oft genug ein "ich liebe dich" gesagt habe oder ob es überhaupt bis zu dem Zeitpunkt, wo ihr die Briefe habt, je ein ich liebe dich gegeben hat. Deswegen nun ernsthaft vom Herzen und Kopf komplett ehrlich gemeint: Ich liebe dich Liam Dunbar.  Ich liebe dich, ich liebe dich so sehr, vielleicht nicht über manche Familienmitglieder und über das Baby, welches ich in mir trage, dennoch liebe ich dich auf eine andere Art und Weise über allen anderen. Deswegen möchte ich dir auch nicht Honig ums Maul schmieren, wie ich es bei allen anderen in diesen Briefen tue.

Du verdienst die Wahrheit, wenn ich dich schon nicht meine Liebe in Ewigkeit spüren lasse.

Also gut, dies ist ein Abschiedsbrief...hast du bestimmt auch schon gemerkt, da ich nicht mehr da bin und meine Mutter mit hoher Wahrscheinlichkeit auf dem Weg zu euch ist. Sie wird total aufgelöst ankommen, sie weiß von meinem Vorhaben da sie auch einen Brief bekommen hat, so wie du, Stiles und auch mein Onkel. 

Kurz gesagt, alle Briefe an euch waren sogenannte Vorbereitungsbriefe auf einen Schicksal oder eher ein Geschehnis was eintreffen wird.

Dieses Geschehnis ist mein Selbstmord, da ich euch nicht in Gefahr bringen möchte und wir alle wissen ganz genau, dass meine Macht, wenn sie bei mir bleiben sollte und nicht so wie von einem Werkojoten an das Neugeborene weitergegeben wird, uns alle irgendwann schaden würde. Die Macht wäre unkontrollierbar, zumindest laut diesen ganzen Legenden, dem Tagebuch welches wir aus der Bibliothek haben oder sonstigen Scheiß und selbst wenn nichts dergleichen eintreffen würde, Theo oder wer weiß was für andere Bösewichte wären hinter uns her. Würden eventuell noch mein Kind verletzen, dich oder sonst jemanden, der mir wichtiger ist als mein eigenes Leben. 

Deshalb wäre es umso einfacher wenn dieser Problem Faktor, den ich darstelle, einfach von der Bildfläche verschwinden würde, egal ob ich Schmerz oder sonstiges hinterlasse. Also ja, wenn ihr diesen Brief hier gelesen habt ( und ich schreibe bewusst "ihr",  da ich weiß, dass du diesen Brief den Anderen zeigen wirst, bzw. dass ihr die Briefe vergleichen werdet), habe ich mir bestimmt schon auf irgendeine Art und Weise das Leben genommen und die Gefahr für euch alle ist soweit vorbei, zumindest alle gefährlichen Aspekte, die durch mich ausgelöst werden könnten. 

Liam, ich hoffe du verstehst, dass ich in diesen Brief eventuell nicht ganz so viel Emotionen hineinstecken kann, denn du bist derjenige bei dem mir Worte wirklich nicht genügen könnten um Emotionen wie die wahre Liebe auf ein Papier zu bringen, jeder der sagt man könne die Gefühle in Worte fassen, der lüge doch einfach nur, dann was das Herz fühlt, kann das Gehirn nie über Worte die von den Lippen kommen oder in Anreihungen von Buchstaben auf Papier durch die Hand niedergeschrieben, weitergeben wie man es letztendlich empfindet.

Außerdem, es würde es mich wahrscheinlich nur zerstören, da ich wüsste, dass dies die letzte Nachricht sein würde, die du je von mir 'hören' würdest..

Ich kann mich jetzt echt nicht mehr ausdrücken Li, tut mir leid...Das klingt alles so unpersönlich... aber pass auf dich und unsere Familie auf.. versuch mich nicht zu vergessen, aber lass die Wunden heilen und stehe über mir.

Von ganzem Herzen,
deine Jane.

P.s. ziehe die Kleine oder den Kleinen, wie dein eigenes Kind auf. Und erzähle diesem irgendwann von all den kleinen, schönen Dingen, die uns ausmachten, die mich ausmachten. Ich liebe euch alle so sehr, dass ich euch einfach schützen muss.

Vorsichtig und mehr als nur zaghaft, legte ich auch diesen Brief weg, mit gemischten Gefühlen allerdings. Ich wusste nicht ganz, was ich davon halten solle, es war einfach keiner dieser Briefe bei denen man ein Gefühl der Erfüllung haben würde, da man wüsste es wurde alles gesagt und Fragen beantwortet. Allerdings schwebten nur tausende von Fragezeichen in diesem Raum.

Seufzend gab ich Liam das schmerzhafte Blatt wieder in seine zittrige Hand und nahm aus Reflex hinaus den Jüngeren fest in den Arm. Dieser schüttelte sich sogar leicht in diesen, da sein Körper während er fürchterlich weinte, einfach nicht stillhalten konnte. Beruhigend, zumindest erhoffte ich mir diese Wirkung bei ihm, streichelte ich über seinen Rücken in sanften Kreisen.

"Liam... shht ganz ruhig", gab ich einmal angestrengt schluckend von mir, da keine heldenhafte Idee in meinen Kopf schoss. Nichts, pure Verzweiflung: "Tut mir leid, aber ich weiß auch nicht, was wir machen könnten..."

Ich verspürte einen leichten Druck gegen meiner Brust und sah hinab zu einem verheulten Teenager, ich schloss aus dieser Geste ihn loslassen zu sollen, weswegen ich dies auch augenblicklich tat.

Besagter Teenager schniefte noch leise und wischte sich mit den großen Händen über seine feuchten Augen ehe er schluckaufartig die Luft einzog und wieder raus ließ: "D-Du vielleicht nicht...a-aber ich werde sie suchen!"

Fest entschlossen taumelte er schon beinahe rennend zur Tür, noch bevor ich mich versah, riss er diese auf und offenbarte eine mir allzu bekannte Frau.

"Tante...", entfuhr es mir in einem leisen Wispern, doch ihre Aufmerksamkeit, lag voll und ganz auf dem Jungen vor ihr. Sie sah aus, als hätte sie schon mal bessere Tage gehabt, einfach nur fertig und kaputt, als könne sie nicht mehr. Langsam griff sie in ihre Umhängetasche und zog zwei Briefe raus. Den Ersten legte sie sofort in Liams Hände ohne einen Laut von sich zu geben.

Ihre Stimme klang schwach, es war wie Jane in ihrem Brief erwähnt hatte, ihre Mutter würde kommen und das hatte sie auch getan.

Rasch lief ich zu beiden rüber, ohne eines Blickes gewürdigt zu werden, drückte meine Tante mir den anderen Brief in die Hand.

Ich sah jedoch erst kurz auf Liams und las dort lediglich die Begrüßung mit "Liebe Mama..."

Sie hatte also tatsächlich auch einen Abschiedsbrief bekommen. Was lag dann nun in meinen Händen? Voller Sorge blickte ich hinab auf diesen und öffnete ihn zaghaft. Nach einem weiteren kurzen Blickheber erkannte ich, dass Liam den Brief von Jane an ihre Mutter las, und dieser wieder fürchterlich weinte. Doch diesmal war etwas anderes in der Luft. Er schnappte sich alle Briefe und rannte raus, nur der in meinen Händen blieb verschont.

"LIAM HEY WARTE!", schrie ich mir aus dem Leib, wollte nach ihm greifen, wurde allerdings von einer sanften Hand auf meiner gestoppt. Ich sah zu meiner Verwandten, doch sie nickte nur auf den Brief in meinen Händen. Somit begann ich meinen Blick wieder auf diesen zu richten, ihn zu lesen und Liam mit schlechtem Gewissen gehen zu lassen.

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1. Kapitel der Lesenacht! ♡

Nächstes gibt es um 21 Uhr :)

Bis dann :3

Closed Eyes ❥ тєєη ωσℓƒ // ѕтჃєℓ 5 ✓Where stories live. Discover now