Prolog

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                   Es war einmal...
                                        ...und wird noch viele tausend Jahre sein...

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"Nathaniel?"
Das Geräusch von nackten Füßen auf Marmor erklang in der Stille des antik-dekorierten Gartens unter dem sternenlosen Nachthimmel. Reinweiße, federweiche Flügelspitzen streiften über den makellosen Steinboden, ließen seine Konturen am weißen Gestein reflektieren. 
Eine schemenhafte Gestalt schritt am Rand der ovalen Steinfläche entlang, beobachtete jede der hüfthohen Skulpturen der Götter.

Aphrodite...

                 ...Hermes...

                                   ...Poseidon...

                                                     ...Hera...

"Nathaniel?"
Das Wesen trat aus dem Schatten heraus und bewegte sich auf eine weitere Gestalt zu, die auf einer Marmorbank saß, sich mit den Händen an der Kante festkrallte und wortlos den Kopf gesenkt hielt. 
Es raschelte, als sich der Neuankömmling vor den Jungen kniete. Weiße, wunderschön weiche Schwingen breiteten sich über den kühlen Boden aus und schienen dabei immer größer zu werden.

"Ich weiß, dass du mich hörst, Nathaniel.", sagte das Wesen sanft und ließ seine Finger über den nackten Unterarm des Jungen gleiten.
Der Angesprochene zuckte gleichgültig mit den Schultern, würdigte den vor ihm knienden Engel keines Blickes. "Natürlich höre ich dich", erwiderte er nur. "Ich bin ja nicht taub."
Der Engel seufzte und erhob sich wieder. "Dann weißt du ja, dass es an der Zeit ist. Bist du bereit, auf die Erde zu kommen?"

Bei der Frage blickte der Junge endlich auf und sah mit grauen, starren Augen zu dem anderen Wesen auf. "Ich war immer bereit. Gewollt habe ich es nie, aber nach meiner Meinung fragt ja niemand.", antwortete er verächtlich und stand ebenfalls auf, sodass er dem Engel Auge in Auge gegenüberstand.

"Nathaniel, genau das ist unsere Aufgabe. Es ist unser Schicksal.", beharrte der Engel und blickte ihn um Verständnis bittend an.
Einige Momente schauten sie sich an, beide ohne zu blinzeln, beide ohne zu atmen.
Schließlich wandte der grauäugige Junge den Kopf ab. "Gewollt habe ich es trotzdem nie."

Der Engel seufzte betrübt. "Ich weiß Nathaniel, ich weiß.", murmelte er und legte seine Hand auf die Stirn des anderen. "Vergiss nur nicht auf deine Aufgabe. Ihr Name ist Miriam. Miriam Taylor."
Im nächsten Augenblick erhellte ein grelles Licht den gesamten Garten, tauchte die beiden Gestalten, jede Säule und Statue in helles Licht. Als es einige Sekunden später wieder dunkel wurde, war der Engel alleine.



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