Kapitel 14

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Ich öffnete meine Lippen, doch mein Mund war so ausgetrocknet, dass ich das Gefühl hatte, seit Tagen nichts mehr getrunken zu haben. Kein einziges Wort kam aus mir heraus. Nicht mein der zarteste Hauch kam aus meinem geöffnetem Mund, ich starrte ihn einfach an.
Wie war das alles passiert? Wie hatte er mich gefunden? Wie war er hier reingekommen?
Die Fragen benebelten meinen Kopf und wurde immer mehr, bis ich glaubte, daran zu ersticken.

"Hat es dir die Sprache verschlagen? So aufreizend ist mein Auftritt auch nicht.", drang Nolans neckende Stimme in mein Bewusstsein und ich erreichte blinzelnd wieder das Hier und Jetzt.
"Raus hier!", kreischte ich und schlang meine Arme um meinen Oberkörper, ein jämmerlicher Versuch, mich und meinen BH vor seinem eindringlichen Blick zu verstecken.

Auf Nolans Lippen erschien ein Grinsen. "Also bitte, ich kenne den menschlichen Körper einer Frau. Es gibt nichts, was du vor mir zu verstecken brauchst."
Ich schäumte innerlich, auch wenn ich mit einem Seitenblick zum Spiegel bestätigen konnte, was ich längst befürchtet hatte: auf meinem Hals hatten sich bereits rote Flecken gebildet, die sich anfingen, auch auf meinem Gesicht auszubreiten, weil mir die Situation so peinlich war. Das letzte Mal, dass mir das passiert war, war in meiner Schulzeit gewesen, als mein erster Freund am Schulhof vor allen mit mir Schluss gemacht hat und mich als 'Hure' und 'dumme Bitch' bezeichnet hatte, weil er den Gerüchten, ich hätte einen anderen Jungen geküsst, mehr geglaubt hat als mir... 
Das waren wunderschöne Erinnerungen...
Und jetzt stand ich hier, in Jeans und BH, und vor mir ragte Nolan auf, mit seinem typischen, intensiven Blick und seiner Anziehung, die ich spürte. Ich starb gerade innerlich.

"Raus! Schau weg, du Perversling!", giftete ich und wandte mich vor ihm. Ich versuchte, den besten Winkel zu finden, wo er am wenigsten von mir sehen konnte, aber ich hatte nicht wirklich das Gefühl, dass das etwas half.
"Ach komm schon, sei kein Spielverderber...", fing er an, doch ich hatte schon angefangen, die Szene mit meinen früheren Erinnerungen zu verknüpfen und mir traten Tränen in die Augen.
Das hätte nicht passieren sollen, ich wollte nicht, dass er mich so sah. Verdammt.
Langsam drehte ich mich von ihm weg und senkte den Kopf, damit er nicht sah, dass ich kurz davor war, zu weinen, doch es war zu spät.

Finger schoben sich unter mein Kinn und zwangen mich sanft, ihn wieder anzublicken. Natürlich hätte ich seine Hand wegschlagen können, aber dann würde er nur noch mehr von mir sehen...
"Hey." Besorgt blickte er mich an, seine sonst schiefergrauen Augen waren dunkler geworden. "Alles okay? Es sollte nur ein Scherz gewesen sein..."
Sein plötzlicher emotionaler Wechsel trug nicht dazu bei, dass ich mich besser fühlte, sondern viel eher, dass ich obendrein auch noch Schuldgefühle bekam, weil er aussah, als hätte er ein schlechtes Gewissen.

Ich schniefte. "Warum bist du hier?"
"Das habe ich dir doch schon gesagt...", begann er, doch ich schüttelte meinen Kopf.
"Das meine ich nicht. Warum bist du hier? In der Umkleide? Mit mir?"
Er schwieg einige Sekunden, und sein Blick glitt keinen Augenblick über meinen Körper. Er sah mir ins Gesicht, die ganze Zeit. An was er wohl gerade dachte?
"Ich habe mir Sorgen gemacht. Wirklich.", beharrte er, als ich meine Stirn runzelte. "Zwar wusste ich, dass du hinter der Umkleide war, aber ich konnte dich nicht sehen und das hat mich unruhig gemacht. Also habe ich deine Aussagen ignoriert und bin reingekommen... Wahrscheinlich hätte ich das nicht tun sollen. Es tut mir leid."

Ich zog meine Unterlippe zwischen meine Zähne und biss drauf, aber nicht mal der Schmerz konnte die erste Träne aufhalten, die mir meine Wange hinunterrollte.
Vorsichtig wischte er sie mit dem Daumen weg. "Miriam, was ist denn los?"
'Was los ist? Bis auf das du plötzlich hier mit mir in einer Umkleidekabine stehst? Bist auf das du mich im BH siehst? Bis auf das ich mich gerade echt hässlich fühle?', dachte ich ironisch.

"Miriam?" Mein Blick fokussierte sich wieder auf seine Augen und sie waren noch immer so ungewöhnlich dunkel. Wie war das überhaupt möglich?
"Ja?", fragte ich leise.
"Sag mir, was los ist? Warum weinst du?"
Ich schluckte und es war schwer, meinen Blick von seinem nicht abzuwenden. "Es ist mir nur so... unangenehm hier vor dir zu stehen, ich fühle mich so nackt und hässlich... und ich habe mich an unschöne Sachen erinnert... ich finde mich einfach nur so verdammt-"

Protect HerWhere stories live. Discover now