Epilog

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NOLANS SICHT

Mein Atem verließ nur schwer meine Lungen und ich zwang mich förmlich dazu, auszuatmen. Ich war aufgeregt, ohne zu übertreiben so aufgeregt, dass ich nicht mal stillstehen konnte, während ich am Tor der Aula auf Miriam wartete, die jede Sekunde mit dem Studentenstrom reinkommen könnte.

Zwar hatte ich Miriam seit Silvester nicht mehr gesehen und mir natürlich Sorgen um sie gemacht, doch Jamie hatte mir in derselben Nacht noch getextet, dass Miriam in ihrem Bett lag und schlief. Wahrscheinlich hatte sie das Trinken nur als Ausrede benutzt, um sich kurz hinzulegen und war dann eingeschlafen.

Während der folgenden Woche, bis das Semester wieder anfing hatte ich damit verbracht, nachzudenken. Und das hatte ich verdammt ernst gemeint, denn ich hatte kaum einen Fuß aus meinem Zimmer gesetzt und wenn, dann nur um zu essen, trinken, ins Bad zu gehen oder zu schauen, wie es meinen Mitbewohnern ging. 
Ich hatte mich wirklich eine Woche lang in meinem Zimmer eingesperrt und nachgedacht. Über Miriam. Über mich. Einfach gesagt über uns und das, was zwischen uns alles schon vorgefallen und passiert war.
Die Blicke, die wir uns zugeworfen hatten.
Die Worte, die wir flüsternd ausgetauscht hatten.
Die Küsse, die wir leidenschaftlich getauscht hatten.

Ich schluckte und trat von einen Fuß auf den anderen, um die wärmenden Gefühle, die immer in mir aufkamen, wenn ich an Miriam dachte, zu verdrängen. Ein paar vorbeikommende Studenten warfen mir seltsame Blicke zu, doch ich starrte sie herausfordernd an, so dass sie gleich wieder wegblickten.

Den Rest der Ferien hatte ich nicht mehr aufhören können, an Miriam zu denken und dann waren auch noch Astaroths Worte in meinen Kopf gekommen.
Und du hast dich in sie verliebt, hatte er gesagt.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich seine Worte für nicht bedeutend gehalten und hatte sie in den Hintergrund gedrängt. Doch als ich so viel nachgedacht hatte, war auch dieses Thema wieder in mir aufgekommen.

Ich hatte geglaubt, dass ich als Engel nichts fühlen konnte.
Engel waren immerhin perfekt und konnte nichts fühlen, dass einer Sünde gleichkäme.
Doch dann hatte ich bemerkt, dass das ein vollkommen unausweichlicher Schicksalsweg war, den ich eingeschlagen hatte.
Ich hatte mich in Miriam Taylor verliebt und war so ignorant gewesen, dass es selbst mein Feind vor mir erkannt hatte.

Doch dann war ich zu dem Schluss gekommen, dass ich es Miriam sagen musste. Ich musste ihr von meinen Gefühlen erzählen, denn meine Zeit mit ihr war begrenzt und ich wollte jede Sekunde mit ihr auskosten, als wäre es die letzte.

In dem Moment, als hätte uns das Schicksal zusammengeführt, blitzte eine feuerrote Mähne in meinem Blickfeld auf und Miriam trat durch die Türe. Ihr Anblick ließ nach der langen Zeit mein Herz stolpern und ich schluckte.
Wenn man mir vor ein paar Jahren gesagt hätte, dass ich mich in einen Menschen verlieben würde, hätte ich laut aufgelacht und erwidert, dass das unmöglich sei. Und nun stand ich hier und mein Herz klopfte laut und erwartungsvoll gegen meinen Brustkorb, erfüllte mich mit Freude und gleichzeitig Aufregung.

"Miriam!"
Sie blieb stehen und sah sich suchend um. Ich hob meine Hand und kam auf sie zu, während sie mich erwartungsvoll mit einem leichten Lächeln anblickte.
Obwohl ich nicht gerannt war, blieb ich leicht keuchend vor ihr stehen und blickte auf sie hinab. Als ich ihr so nahe stand, spürte ich ein sehnsuchtsvolles Ziehen in meiner Brust. Erst der Abstand hatte mir die Augen geöffnet, wie sehr ich sie brauchte. Und wie ich sie vermisst habe. Gott, sie war so wunderschön.

"Miriam...", fing ich an und räusperte mich nervös. Der Blick ihrer kornblumenblauen Augen lag aufmerksam auf mir und ich holte tief Luft. "Ich hätte dir das schon viel früher sagen sollen, aber da habe  ich nicht erkannt, was ich für dich empfinde, weil das noch alles neu für mich ist."
Ich brach ab und blickte ihr tief in die Augen. "Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt."

Ihre Pupillen weiteten sich vor Überraschung und sie öffnete ihren Mund. Dann schloss sie ihn wieder und ein Lächeln kam auf ihre Lippen, ehe sie wieder ihre Lippen öffnete.
Ich war mir nicht sicher, was ich erwartet hatte, wie sie reagieren würde. Doch das, was sie sagte, hatte ich nicht kommen sehen.
"Entschuldigung, aber kennen wir uns?"

Protect HerWhere stories live. Discover now