Nolan's Sicht

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Ich knirschte mit meinen Zähnen, weil ich zu fassungslos war, um irgendetwas zu sagen. Xavier -oder besser gesagt Astaroth- hatte die Bombe wirklich platzen lassen. Wochenlange Arbeit, Streit und Distanzhalten für nichts.
Mein Kiefer spannte sich an und ich blickte Miriam, die schon viel zu lange still gewesen war. Da sie mit dem Rücken zu mir stand und Astaroth anblickte, konnte ich ihren Gesichtsausdruck nicht sehen und ich wünschte, ich könnte sie einfach zu mir umdrehen, doch ich fürchtete mich vor einer impulsiven Reaktion ihrerseits. Also blieb ich hinter ihr stehen und starrte Löcher in ihren Hinterkopf, hoffte, dass es ihr gut ging. Warum sagte sie nichts?
Finster funkelte ich Astaroth an, der mittlerweile wieder aufrecht stand und gerade mit einem herausfordernden Grinsen die Arme verschränkte, als würde er mit die stille Frage stellen, was ich nun machen wollte.
Doch er hatte die Katze bereits aus dem Sack gelassen. Miriam würde glauben, dass ich ihr das absichtlich nicht erzählt hatte und das würde sie sicher verletzen. Überraschenderweise machte mich dieses kleine Detail, dass sie das verletzen könnte, wütender als das ganze Theater drumherum.

Bevor ich selbst realisieren konnte, was ich da eigentlich tat, war ich an Miriam vorbei nach vorne gestürmt und hob meine Faust. Im nächsten Moment traf sie knirschend auf Astaroths Unterkiefer und hob ihn vom Boden.
Mit einem Grunzen konnte er sich in der letzten Sekunde fangen und taumelte mehrere Meter zurück. Sprachlos fasste er sich ans Gesicht und ich konnte es selbst nicht glauben, was ich gerade getan hatte, bis ich meine Hand hob und die aufgeplatzten, blutigen Knöchel sah. Ich hatte Astraroth geschlagen. Ich hatte wirklich einen Dämonen geschlagen.

Wahrscheinlich sollte ich mich schlecht fühlen, denn das sollte man nicht tun, aber da es in keinen der Regeln ausdrücklich verboten war, die Wesen der Hölle zu schlagen, fühlte es sich vielmehr befreiend und wirklich befriedigend an.
Ich schüttelte meine pochende Hand und ein paar Blutspritzer landeten auf dem Schnee und hinterließen dunkle Flecken.

Ich blickte auf, als Astaroth rau zu lachen begann und scheinbar mehr amüsiert als sauer den Kopf schüttelte.
"Wow, jetzt gehst du also schon so weit für sie", meinte er schmunzelnd und sah auf den Boden, als würde er nachdenken. "Wie die anderen wohl reagieren würden, wenn ich ihnen erzähle, dass der große Engel Nathaniel vielmehr zum großen Sünder Nathaniel geworden ist? Lucifer wäre so stolz auf dich."

Mein Rücken verspannte sich, als ich den Namen des Höllenprinzen hörte. "Wage es nicht, seinen Namen zu nennen", zischte ich und ballte meine Hände zu Fäusten, was meine eine Hand schmerzhaft stechen ließ. "Ich bin nicht mal ansatzweise wie er und werde es auch nie sein! Alles, was ich will, ist Miriam zu beschützen und das um jeden Preis."
"Rede dir das nur weiter ein", höhnte Astaroth und blickte mich hämisch grinsend an, was in mir den Drang erweckte, ihn noch mal zu schlagen. Oder zweimal. Oder dreimal. So richtig fest, bis er am Boden lag und ihm das verdammte Grinsen vergangen war.

Dann seufzte Astaroth und sein Grinsen verschwand schlagartig, genau wie das Funkeln in seinen Augen. Es war so, als wäre ihm schlagartig sein kranker Spaß vergangen, was ich dann doch mehr beunruhigend als zufriedenstellend fand. Verdammt, was heckte er jetzt schon wieder aus?
Doch zu meinem Überraschen trat er einen Schritt zurück und verzog seinen Mund zu einer kalten Linie. "Das wird noch ein Nachspiel haben. Ich werde dem großen Rat jedes noch so kleine Detail erzählen, was passiert war und sie werden nicht so erfreut darüber sein."
Ich gab ein verächtliches Schnauben von mir. "Mach doch was du willst", gab ich zurück, aber Astaroth hatte sich bereits umgedreht und noch in seiner Drehung war es, als würde sich ein unsichtbarer Vorhang über ihm zusammenziehen und ihn verschwinden lassen.

Eine Zeit lang starrte ich auf die Stelle, wo er gerade noch gestanden hatte, um sicher zu sein, dass er auch wirklich weg war.
Erleichterung machte sich in mir breit und verdrängte die kalte Wut, die in mir gewütet hatte.
Miriam schaute ebenfalls mit großen Augen auf die Stelle, wo er verschwunden war und richtete dann ihren Blick auf mich. "Ist er weg?", fragte sie mich leise und sah dann auf den Boden.
Sie so unsicher zu sehen schmerzte mich und ich ging zu ihr, um sie in meine Arme zu ziehen, wo sie viel zu lange schon nicht mehr gewesen war.
Mit geschlossenen Augen vergrub ich mein Gesicht in ihren Haar und atmete ihren vertrauten Duft ein. Genau jetzt könnte es eine dieser Filmszenen sein, an der man auf 'Pause' drückte, um sie sich noch ein wenig länger anzusehen.

Protect HerWhere stories live. Discover now