Kapitel 44

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!!! WARNING 2: Langes Kapitel (1700 Wörter) !!!

Xavier und ich fuhren bei Nolans Stimme auseinander und blickten uns keuchend an. 
Xaviers Haare waren total zerzaust, seine Pupillen geweitet und seine Wangen gerötet und er holte im selben Takt wie ich schnappend nach Luft. Ich war mir sicher, dass ich ähnlich aussehen musste wie er und sah ihn grinsend an, was er mit einem sanften Lächeln erwiderte.

Dann erinnerte ich mich, warum wir unseren Kuss erst überhaupt unterbrochen hatten und drehte mich mit einem schlechten Gefühl in der Magengegend zu Nolan um, der aufgesprungen war und mich aufgebracht anfunkelte.

"Sag mal, was soll das eigentlich?", fuhr er mich an und ich zuckte bei seinem scharfen Tonfall erschrocken zusammen. "Wie lange willst du dieses Spiel noch spielen Miriam? Wie lange willst du mich noch auf Distanz halten und bei diesem Typen sein, obwohl ich dir gesagt habe, dass er kein guter Umgang für dich ist? Langsam kommt es mir nämlich vor, als würdest du all das, was ich dir gesagt habe, absichtlich ignorieren und genau das machen, was du nicht machen sollst, nur um mir eins auszuwischen."
Er machte eine kurze Pause und holte kurz Luft, was mir die Chance gab, meine aufgewirbelten Gedanken zu sortieren und seine Worte zu verarbeiten.

Schließlich schüttelte er seinen Kopf und stieß ein Seufzen aus, bei dem all die Anspannung aus ihm zu weichen schien. Ich wusste nicht warum, aber ihn so ratlos zu sehen brach mir schier das Herz.
"Und das finde ich verdammt kindisch von dir. Aber weißt du was? Es ist okay, ich habe es verstanden. Mach was du willst und mit wem du willst. Es ist dein Leben. Aber komm nicht zu mir, wenn alles schief läuft, weil ich recht gehabt habe, denn dann werde ich nicht mehr da sein können, um dich zu beschützen."
Er schien noch etwas sagen zu wollen, doch dann schloss er mit einem weiteren Kopfschütteln seinen Mund und wandte sich mit einem verkniffenen Gesichtsausdruck ab. Ohne ein weiteres Wort ging er durch das Wohnzimmer und verließ es durch die Türe in den Flur.

Im nächsten Moment war ich aufgesprungen und drängte mich durch die Gruppe, die das Drama still verfolgt hatte.
"Nolan, warte!", rief ich und eilte ihm hinterher, Xavier mir dicht auf den Fersen. Ich sah ihn gerade noch durch die Eingangstüre verschwinden und schlüpfte, so schnell ich betrunken konnte, in meine Schuhe, um ihn zu folgen. Dabei zog ich mir nicht einmal meinen Mantel an, weil ich Angst hatte, dass wenn ich mir noch mehr Zeit lassen würde, dass ich ihn aus den Augen verlor.

Ich rannte die Treppen so schnell wie nie runter und warf mich gegen die Eingangstüre. In der Sekunde, als mich die winterliche Kälte wie ein Schlag traf und mich nüchtern werden ließ, verfluchte ich mich, dass ich mir einen Rock und keine Jeans angezogen hatte.
Trotzdem rannte ich hinaus und sah mich keuchend um.
Links von mir bildete ich mir ein Schemen ein, das über den Rasen trottete und sprintete wieder los.
"Nolan!"
Die Gestalt blieb zu meiner Erleichterung stehen und drehte sich langsam zu mir um. Ich lief zu ihm und blieb kurz vor ihm stehen, stemmte meine Hände auf die Knie und holte erstmal tief Luft. Meine Welt drehte sich gerade ein bisschen und ich wartete, bis ich wieder normal sehen konnte, bevor ich mich aufrichtete und ihm unverwandt in die Augen blickte.

Keiner von uns beiden sagte ein Wort. 
Wir standen einfach voreinander, beide die Hände vor Anspannung zu Fäusten geballt und sahen uns an. Es war das erste Mal seit Wochen, dass wir uns so offensichtlich gegenüberstanden, ohne uns zu ignorieren.
Mein Herz hämmerte laut und beständig gegen meinen Brustkorb und ich war mir sicher, dass er es hören konnte, doch er ließ seinen Blick keine einzige Sekunde von meinen Augen ab. Ich schnappte nach Luft bei dem hellen Splittergrau seiner Iris, das ich viel zu lange nicht mehr gesehen hatte. Manchmal hatte ich davon geträumt, hatte mich versucht daran zu erinnern, welches Grau auf seine Augenfarbe zutraf, um sie nicht zu vergessen. Die Tatsache war, dass ich sie gedanklich nicht mal ansatzweise getroffen hatte. Doch darüber brauchte ich mir nun keine Gedanken mehr zu machen, denn das intensive Grau seiner Augen traf mich nun mit voller Wucht und erweckte die Sehnsucht in mir, die ich seit Wochen unterdrückt hatte.

Protect HerWhere stories live. Discover now