Kapitel 1.02 - Rekonvaleszenz

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Kapitel 1.02 – Rekonvaleszenz 

 Es konnte nicht viel Zeit vergangen sein, als Granger ihn weckte. Brutal. Ein singender Hauself wäre rücksichtsvoller gewesen als das, was sie mit ihrem Zauberstab veranstaltete. Und es tat seinem pochenden Kopf nicht gut. „Man sollte Ihnen das Ding wegnehmen", nuschelte er. Hustete und rümpfte die Nase. In seiner Brust brodelte es noch immer. 

 Aber er war nicht mehr im Flur auf dem Boden. Er lag in einem Bett. Blinzelte. Und das Zimmer, in dem dieses Bett stand, war abgedunkelt, also hatte sie vielleicht doch ein bisschen Mitgefühl für seinen lädierten Zustand. 

 „Schön, dass Sie wieder unter den Zurechnungsfähigen weilen", erwiderte Granger in diesem Moment. Sie saß ihm gegenüber an einem kleinen Tisch, ein Bein über das andere geschlagen, beobachtete ihn. 

 Severus setzte sich auf. Beziehungsweise versuchte er es, bis sein Körper ihn daran erinnerte, in was für einem miserablen Zustand er sich befand. Er konnte noch nicht mal einen Schrei unterdrücken, ehe er auf die Matratze zurücksank. Das Zimmer drehte sich um ihn. 

 Granger sah ihn gleichmütig an. „Sie sollten liegen bleiben, Sir." 

„Tatsächlich?", fragte er hohl. 

 „Ich habe bisher nur die Brüche und Hautverletzungen heilen können ... weitestgehend jedenfalls, einiges braucht noch Zeit. Und für den Rest brauche ich Sie bei Bewusstsein." 

 „Das haben Sie ja nun erreicht", grollte er und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Es fühlte sich tatsächlich wieder an wie sein Gesicht und nicht mehr wie der unförmige Klumpen, den Mulciber, Rookwood und ein paar halbe Kinder, die er nicht kannte, daraus gemacht hatten. An anderen Stellen seines Körpers war die Heilung nicht ganz so erfolgreich gewesen, auch wenn die Schmerzen, die er jetzt hatte, kein Vergleich mehr waren zu vorher. „Was werden Sie jetzt tun?", wandte er sich wieder Granger zu. 

 „Ich werde erst mal gar nichts tun. Sie sind dran. Als erstes werden Sie den Trank nehmen, der ganz links auf Ihrem Nachtschrank steht." 

 Severus reckte den Kopf und kniff die Augen zusammen, bis er scharf sehen konnte. Drei Phiolen standen auf besagtem Nachtschrank. In der Dunkelheit des Zimmers konnte er keine Farben unterscheiden, also streckte er eine zitternde Hand danach aus, zog den Korken aus dem Flaschenhals und roch daran. „Blutbildungstrank", murmelte er. 

 „Bravo, Ihre Fähigkeiten existieren noch." 

 Severus' Augenbrauen zuckten, aber er sah sie nicht an. Was war bloß mit ihr passiert in den letzten zwei Jahren? Er würde das rausfinden. Später. Jetzt setzte er erst mal die gläserne Flasche an den Mund und trank sie in einem Zug aus. Der Trank schmeckte metallisch, leicht salzig, und seine Wirkung trat schnell ein. Der Schwindel legte sich, die Kopfschmerzen ließen etwas nach, sein Puls flatterte nicht mehr so sehr. 

 „Und nun?", fragte er. 

 „Der nächste Trank in der Reihe." 

 Er stellte die leere Phiole weg und griff nach der nächsten. Auch diese entkorkte er, um den Trank einer Geruchsprobe zu unterziehen. Er knurrte. „Sie waren etwas großzügig mit dem Pfeffer, Miss Granger." 

 Sie zuckte mit den Schultern. „Das bleibt vermutlich die einzige Gelegenheit, bei der ich Sie jemals mit dampfenden Ohren sehen werde, Sir. Ich will das genießen." 

 Nun wandte er ihr doch den Kopf zu. Ein mitleidloses Lächeln lag auf ihren blassen Lippen. Er sah wieder weg und leerte auch die Phiole mit dem Aufpäppeltrank. Die Kopfschmerzen verschwanden endgültig, er konnte leichter atmen und fühlte sich nicht mehr so überhitzt. Dafür schoss besagter Dampf aus seinen Ohren. „Zufrieden?", fragte er. 

Advocatus DiaboliWhere stories live. Discover now