Kapitel 3.05 - Berührungen

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Kapitel 3.05 – Berührungen 

 Severus hatte Hermine angewiesen, den Schrumpftrank mit den Mengenangaben zuzubereiten, die die Mathematik ergeben hatte. Er konnte selbst kaum dabei zuschauen, wie sehr der Trank dadurch entstellt wurde, deswegen hatte er parallel begonnen, den Trank nach dem richtigen Rezept zu brauen. So konnte sie am leichtesten die Unterschiede erkennen und kombinieren, weswegen welche Zutatenmenge angepasst wurde. Zwar verschwendeten sie auch so einige Zutaten, aber weitaus weniger, als wenn er sie komplette Versuchsreihen mit ihren eigenen Entwicklungen machen ließ. Dafür war später noch Zeit. Später, wenn sie hier nicht mehr eingesperrt waren und ihre Zutaten selbst besorgen konnten. 

 Sie arbeiteten still miteinander, er auf der einen Seite des Labortisches, sie ihm gegenüber. Und ihm rutschten andauernd diese elenden Haare ins Gesicht! Seitdem ihm gestern Nachmittag bewusst geworden war, wie lang sie in den letzten Monaten geworden waren, gingen sie ihm auf die Nerven. Als hätten sie nur durch diese Erkenntnis nochmal zehn Zentimeter Länge hinzugewonnen. 

 Aber Hermine hatte gesagt, dass sie es mochte. Er rümpfte die Nase und schnitt die Gänseblümchenwurzeln ein bisschen aggressiver als vorher in feine Stückchen. 

 Nach einer halben Stunde war er aber so gereizt deswegen, dass es aus ihm herausplatzte: „Diese Haare! Warum gefällt dir das? Ich werde einen verdammten Zopf bei der Arbeit tragen müssen!" 

 Wie Lucius. 

 Dieser Gedanke durchzuckte ihn wie ein Blitz. Severus erstarrte mitten in der Bewegung, dann hob er langsam den Blick und begegnete Hermines. Sie dachte das gleiche, er konnte es am Ausdruck in ihren Augen sehen. Sie dachte auch auch Lucius-verdammt-nochmal-Malfoy. 

 „Ich werde sie abschneiden", sagte er hohl. 

 Sie nickte eifrig. „Ja, bitte."

- - -

 Später an diesem Tag saß Severus mit kürzeren Haaren wieder falsch herum auf einem der Stühle vom Esstisch. Ohne Hemd, damit Hermine seine Narben behandeln konnte. „Sie sehen schon viel besser aus", sagte sie. „Jedenfalls die, die ich gestern behandeln konnte." 

 Er zog eine Augenbraue hoch. „Ist das ein Vorwurf?" 

 „Niemals", murmelte sie ironisch. 

 „Du hättest dir einen besseren Zeitpunkt für dieses Gespräch suchen sollen, wenn du so viel Wert auf die Behandlung der Narben legst", sagte er ölig. 

 „Hätte es denn einen besseren Zeitpunkt gegeben?" 

 „Jeden, in dem ich ein verdammtes Hemd getragen hätte!" Er warf ihr einen Blick über die Schulter zu; sie errötete.  

„Touché. Aber ich ... hatte Angst, dir dabei in die Augen zu sehen." 

 „Sagte die Gryffindor", schnarrte Severus. 

 „Nur weil ich eine Gryffindor bin, bin ich noch lange kein Masochist." 

 Daraufhin wandte Severus sich zu ihr um. Die eine Hand in die Luft erhoben, in der anderen den Salbentiegel, sah sie ihn einfach nur an. Ehrlich und ohne Hintergedanken. Ihm lag ein sehr sarkastischer Kommentar auf der Zunge, aber als er sie so sah, schluckte er ihn runter. „Der Zeitpunkt war gut", sagte er stattdessen. Er war doch selbst froh gewesen, ihr nicht in die Augen schauen zu müssen. 

 Hermine lächelte. „Darf ich denn heute alle Narben behandeln?" 

 Er drehte die Augen zur Decke und sich selbst wieder auf dem Stuhl herum. „Bitteschön!" 

Advocatus DiaboliWhere stories live. Discover now