Kapitel 1.10 - Die Göttin der Weisheit

451 32 7
                                    

Kapitel 1.10 – Die Göttin der Weisheit 

 Severus sah von seinem Trank auf, als Granger das Labor betrat. Sie erstarrte auf der Treppe und der Grund dafür war offensichtlich – sie trug nur ihren Schlafanzug und sah etwas derangiert aus. Sie schien zu überlegen, ob sie nicht einfach wieder gehen konnte. 

 Severus nahm ihr diese Entscheidung ab: „Guten Morgen, Miss Granger." 

 „Guten Morgen", murmelte sie, schloss kurz die Augen und wischte sich durch die Haare, wobei sie ein Gähnen zu verbergen versuchte. „Wie lange sind Sie schon wach?" Sie kam die restlichen Stufen in den Keller hinunter. Ihre nackten Füße machten schmatzende Geräusche auf den Fliesen. 

 Severus warf einen Blick auf die Uhr. „Etwa vier Stunden." Er heizte das Feuer unter dem Kessel noch einmal an. Nachdem er gestern gleich mit dem Therapietrank weitergemacht und sich einige Stunden lang von Avery und Mulciber hatte foltern lassen, hatte er heute eine Auszeit gebraucht und war ins Labor geflüchtet. „Was treibt Sie so früh hierher?" 

 Granger löste blinzelnd ihre Blicke von den Flammen. „Konnte nicht mehr schlafen. Außerdem hab ich ein Experiment laufen, bei dem bald die nächste Zutat hinzugefügt werden muss." Ein weiteres Mal wischte sie sich die Haare aus dem Gesicht. Sie sah sehr müde aus, dafür dass sie angeblich nicht mehr schlafen konnte. 

 „Wenn ich störe, tut es mir leid. Ich habe nicht damit gerechnet, dass Sie so früh hier arbeiten wollen. Unglücklicherweise kann ich meinen Trank momentan nicht alleine lassen." Nun, er könnte vielleicht schon, aber es lief gerade so gut, dass er es nur ungern täte. 

 Sie winkte ab. „Kein Problem. Ich hab noch eine halbe Stunde und außerdem ist es nur eine Kleinigkeit. Ich lass Sie erst mal in Ruhe weiterarbeiten und gehe duschen. Sonst müssen Sie mich nachher wieder vor einem Bären retten." 

 Severus schmunzelte, während Granger bereits zur Treppe ging. „Was haben Sie damals eigentlich mit dieser Eiswüste bezweckt?" 

 Sie stöhnte leise und Severus sah interessiert zu ihr hinüber. Ihre Wangen glühten. „Ich wollte einen Trank schockgefrieren, gewissermaßen ..." Sie runzelte die Stirn. „Ich arbeite an einem Trank gegen Brandverletzungen und dachte, dass es vielleicht einen günstigen Einfluss haben könnte, den Trank nicht von alleine abkühlen zu lassen, sondern es sehr schnell zu tun. Irgendwie ... sind da die Pferde mit mir durchgegangen." 

 Er sah sie nachdenklich an. „Der Gedanke ist gar nicht schlecht. Haben Sie es seitdem noch einmal versucht?" 

 Sie schüttelte den Kopf. „Der Schnee hat meine Notizen ruiniert. Ich wusste nicht mehr, was genau ich dem Trank beigemischt hatte. Bisher arbeite ich noch daran, ihn zu rekonstruieren."

 „Tut mir leid, das zu hören." 

 „Ja, es ist eine müßige Arbeit. Aber ich habe ja selber Schuld. Ich hätte schon lange auf Kugelschreiber umsteigen sollen." Sie verzog das Gesicht.  

„Wenn Sie wollen, helfe ich Ihnen." 

 „Danke für das Angebot, aber ich glaube, ich hab bald alles wieder beisammen. Aber wenn es Ihnen nichts ausmacht, könnten Sie beim nächsten Versuch den Trank runterkühlen. Ich kann auf den Bären verzichten." 

 Wieder spürte er sich schmunzeln. „Das sollte kein Problem sein", erwiderte er und schaufelte dabei eine große Menge gewöhnlichen Quarzsandes in seinen Trank. 

 „Dann schon mal Danke im Voraus! Aber jetzt werde ich duschen gehen. Was halten Sie danach von einem Frühstück?" 

 „Klingt gut." 

Advocatus DiaboliWhere stories live. Discover now