Kapitel 3.02 - Magie

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Kapitel 3.02 – Magie 

 Nachdem Severus die Bestellung für einen neuen Zauberstab in die Speisekammer gelegt hatte, hatte er sich mit dem Buch Das magische Potential in die Küche gesetzt und blätterte ungeduldig durch die Seiten. 

 „Was tust du da?" Hermine sah ihm mit gerunzelter Stirn dabei zu, wie er mit dem Zeigefinger über die Seiten glitt, während er sie querlas, und nahm sich einen Apfel. 

 „Ich suche nach Antworten." 

 „Ich dachte, in dem Buch steht nichts dazu." 

 „Nein", murmelte er gedankenverloren und las einen der Absätze aufmerksamer durch. Nichts. Er rümpfte die Nase und blätterte um. 

 „Warum behandelst du es dann, als hätte es dich angelogen?", fragte sie und biss geräuschvoll in den Apfel. 

 Severus warf ihr einen schnellen Blick zu. „Möglicherweise hat es mich angelogen." Sie sah ihn irritiert an. „Kannst du dir vorstellen, dass es in der gesamten Geschichte der Zauberei noch nie jemanden gegeben hat, der seine Magie geopfert hat? Es gibt sogar einen Zauberspruch dafür!"

 Hermine runzelte die Stirn. „Das ist schon merkwürdig", gab sie zu. 

 „Trotzdem steht in diesem Buch nichts über die Regeneration des magischen Potentials." Er wandte sich wieder dem Text zu. 

 Hermine schwieg. Sie aß nur ihren Apfel. 

 Nach ein paar Minuten stellten sich Severus' Nackenhaare auf, jedes Mal wenn sie in das feste Fruchtfleisch biss. Er wünschte, sie würde ihn allein lassen. Nicht nur wegen des Apfels, sondern auch wegen der Erinnerungen, die sie vorhin gesehen hatte. Er versuchte, nicht darüber nachzudenken, aber er fühlte sich entblößt. 

 Und er konnte ihr nicht mal Vorwürfe deswegen machen. Er hatte sich letztes Jahr deutlich mehr Erinnerungen angesehen, ohne ihre Erlaubnis dafür zu haben. Es war nur fair, dass sie jetzt auch welche von seinen Erinnerungen gesehen hatte, oder? 

 Trotzdem knackte er mit den Fingerknöcheln, während er es auszuhalten versuchte, dass sie neben ihm stand. Wenigstens hatte sie jetzt endlich den Apfel fertig gegessen und warf den Rest in den Mülleimer. Er atmete unmerklich auf. 

 „Vielleicht hat noch niemand bemerkt, dass das magische Potential sich neu gebildet hat. Du hättest es auch nicht gemerkt, wenn du nicht in diese heikle Situation geraten wärst." 

 Er hob den Blick und sah sie nachdenklich an. „Möglicherweise", gab er zu. Er hatte in den ersten Wochen, nachdem er seine Magie geopfert hatte, noch hin und wieder versucht zu zaubern. Hermine hatte ihm dafür ihren Zauberstab geliehen. Aber nachdem auch nach zwei Monaten noch nichts passiert war, hatte er es aufgegeben. Die ständige Enttäuschung war es nicht wert gewesen. Er hatte sich arrangiert mit der Muggelart zu leben. Hatten das wirklich alle getan, die mal in seiner Lage gewesen waren? „Aber wie wahrscheinlich ist es, dass es wirklich niemandem aufgefallen ist?", fragte er, als er am Ende seiner Überlegungen angekommen war.

 Hermine zuckte mit den Schultern. „Wie viele haben überhaupt mal ihre Magie geopfert? Vielleicht wurde der Zauberspruch auch zur Bestrafung genutzt und die Betroffenen sind, wenn sie merkten, dass die Magie zurückkehrte, lieber untergetaucht, anstatt irgendwem davon zu erzählen. Denn wenn ich an den durchschnittlichen magisch begabten Menschen denke, dann würden die allermeisten lieber ihre linke Hand opfern als ihre Magie." 

 Er zog die Augenbrauen hoch. 

 Hermine schnaubte leise. „Ist dir nie aufgefallen, wie wenig die Leute in der magischen Gemeinschaft ohne Magie tun? Denk mal an das Trimagische Turnier. Fred und George wollten unbedingt ihre Namen in den Kelch werfen, aber keiner von beiden ist auf die Idee gekommen, einfach einen älteren Schüler zu bitten, es für sie zu tun. Sie haben verbissen nach einer magischen Möglichkeit gesucht, sich älter zu machen." 

Advocatus DiaboliWhere stories live. Discover now