Kapitel 1.04 - ... aber das Fleisch ist schwach

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Kapitel 1.04 – ... aber das Fleisch ist schwach 

 Severus geriet nur eine Millisekunde lang aus dem Takt, als er die Tür zu seinem Labor öffnete und Lucius Malfoy entdeckte. „Was willst du hier, Lucius?", fragte er und wandte sich seinem Schreibtisch zu, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen. 

 „Ich kam zufällig vorbei", entgegnete Lucius gedehnt. „Was ist das für ein Trank?" 

 Severus warf ihm einen kurzen Blick zu. Nicht, dass das nötig gewesen wäre; er wusste genau, welcher Trank in diesem Kessel war. Es war die bisher vielversprechendste Variante der Magie neutralisierenden Essenz, an der er seit einer Weile mit Granger arbeitete. „Veritaserum", sagte Severus ohne zu zögern. 

 „Tatsächlich? Ich dachte immer, das wäre durchsichtig ..." 

 Severus verdrehte die Augen. „Deswegen beauftragt der Dunkle Lord mich mit der Herstellung des Serums und nicht dich." Er fuhr damit fort, die Aufsätze der vierten Klasse zusammenzuräumen, die Lucius sich während seiner Abwesenheit eindeutig näher angesehen hatte. „Soweit ich weiß, bist du noch nie zufällig in Hogwarts vorbeigekommen", sagte er dabei, „Das letzte Mal, als es dich nach Hogwarts getrieben hat, musstest du dich persönlich davon überzeugen, dass das Erpressen von Ministerialbeamten nicht immer von Erfolg gekrönt ist."

 Lucius schnalzte mit der Zunge. „Erpressung ist so ein hartes Wort, Severus." 

 „Wie würdest du es nennen?" 

 Er sah ihn lange an, kniff die Augen ein bisschen zusammen. „Lassen wir das." 

 Severus nickte. „Natürlich. Wie geht es Draco?" 

 „Gut. Warum fragst du?" 

 „Da du offensichtlich hergekommen bist, um etwas zu plaudern, hielt ich es für angemessen, mich nach ihm zu erkundigen. Wie kommt er mit dem Auftrag voran, den der Dunkle Lord ihm gegeben hat?" 

 Severus konnte sehen, wie Lucius den Faden verlor. „Du weißt davon?" 

 „Ja, ich weiß davon", entgegnete Severus, ohne seinen Gegenüber aus dem Auge zu lassen. Lucius hegte schon seit einer Weile Zweifel an Severus' Loyalität dem Dunklen Lord gegenüber. Zweifellos war er auf der Suche nach Beweisen hergekommen und wenn er mehr von der Trankzubereitung verstünde, hätte er den Beweis, der direkt vor seiner Nase stand, auch als solchen erkannt. Es war pures Glück, dass der Trank gerade tatsächlich so sehr dem Veritaserum in einem frühen Zubereitungsstadium ähnelte, dass Lucius nicht mal nach eingehender Recherche den Unterschied bemerken dürfte. „Wie ich gehört habe, tut er sich schwer damit", kehrte Severus zum Thema zurück. „Vielleicht solltest du deine Zeit lieber damit verbringen, ihm unter die Arme zu greifen, anstatt ... zufällig hier vorbeizukommen. Der Dunkle Lord ist nicht gut auf euch zu sprechen derzeit ..." 

 Lucius durchmaß das Labor mit zwei großen Schritten und drängte Severus gegen die Kerkerwand, den Unterarm gegen seine Kehle gepresst. „Soll das eine Drohung sein?", fragte er scharf. Seine Augen waren eine Nuance dunkler als sonst. 

 Severus lachte kehlig. „Nein, Lucius, das war Small Talk." Seine Stimme klang gepresst und er musste sich unterbrechen, um Luft zu holen, ehe er fortfuhr: „Eine Drohung ist es, wenn ich dich daran erinnere, dass der Dunkle Lord sich regelmäßig in meinem Geist umschaut, und darüber sinniere, was er wohl zu dieser Erinnerung sagen wird." 

 Lucius' Augen weiteten sich, dann trat er einen Schritt zurück. 

 Severus rieb sich den Hals. „Liegt dir sonst noch etwas auf dem Herzen?" 

Advocatus DiaboliWhere stories live. Discover now