Kapitel 1.08 - Der Panther

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Kapitel 1.08 – Der Panther 

 Es war noch dunkel, als Severus aufwachte. Granger hatte nicht zu viel versprochen; er hatte nur einige Stunden geschlafen, fühlte sich aber erholt. Er zog sich an und ging in die Küche, um etwas zu essen. Die Stille lag wie Watte auf seinen Ohren. Es war kurz nach drei Uhr morgens, Granger schlief oder hielt sich zumindest in ihrem Zimmer auf. Beinahe fühlte es sich an, als wäre er allein hier. 

 Als er mit zwei Scheiben Toast und einer Tasse Kaffee am Tisch saß, wanderten seine Gedanken zurück zu den Erinnerungen. Lucius' Worte hallten in seinen Ohren: „Du hast dir einfach ein neues Schlammblut gesucht." Er rümpfte die Nase. 

 Er hegte für Granger nicht die gleichen Gefühle, wie er sie für Lily empfunden hatte. Aber es lag doch etwas Wahres in diesem Satz. Mal ganz abgesehen von der Abstammung gab es noch mehr Parallelen zwischen Lily und Granger. Sie waren beide intelligente und willensstarke Gryffindors. Sie hatten sich beide für einen Partner entschieden, der ihnen in keinerlei Hinsicht das Wasser reichen konnte. Er hatte mit beiden eine mehr oder weniger freundschaftliche Beziehung gehabt. Und verloren. Sie konnten beide nicht leiden, was für ein Mensch er war. 

 Es gab nur einen Punkt, in dem Lucius sich geirrt hatte: Nichts daran war einfach

 Severus kaute hohl auf seinem Toast. Lucius hatte noch mehrmals versucht, ihn mit fiktiven Erinnerungen zu quälen, aber Severus hatte das nicht mehr zugelassen. Er war jedes Mal gegangen. Zurück ins Labor, zurück zu Meister Dendron. Als er nach dem letzten Mal wieder im Keller aufgewacht war, hatte sein Rücken in Fetzen gelegen und Lucius hatte sich eine ganze Weile nicht mehr bei ihm blicken lassen. 

 Severus riss sich blinzelnd aus seinen Gedanken. Er hatte ein paar Stunden Zeit für sich. Er würde sie im Labor verbringen, bevor er sich den nächsten Erinnerungen stellen musste.

- - -

 Severus merkte erst, dass er nicht mehr allein war, als die Ketten sich strafften und seinen wunden Körper in die Höhe zerrten. Die Eisenmanschetten gruben sich noch tiefer in seine aufgescheuerten Handgelenke, sie rissen ihm beinahe die Haut von den Händen. Schwankend quälte er sich auf die Füße, während er versuchte, im Geist fort zu bleiben, aber es gelang ihm nicht. 

 Der Schmerz überwältigte ihn, als er wieder vollkommen bei sich war. Ihm wurde schwarz vor Augen, er stöhnte. Er schmeckte Magensäure auf seiner Zunge. Sein Herz hämmerte in seinem Kopf, als wollte es ihn aufreißen. Nur langsam klärte sich sein Blick. 

 Er blinzelte. Blonde Haare. Etwas in ihm brach zusammen. Dann fiel ihm auf, dass diese blonden Haare kürzer waren als Lucius'. Draco. 

 Er stand vor ihm, die Stirn gerunzelt. „Wo sind Sie, wenn Sie nicht ... hier sind?", fragte er nachdenklich. Anscheinend hatte er ihn schon länger beobachtet. 

 Severus versuchte zu schlucken. Sein Mund war so trocken, dass ihm die Zunge am Gaumen klebte. Draco kam zu ihm, eine Flasche Wasser in der Hand. Er hielt ihm den Flaschenhals an den Mund und ließ ihn trinken. Wasser tropfte auf den Boden, lief an Severus' Mund und seiner Brust hinunter. Er verschluckte sich, hustete. „Was willst du hier?", fragte er seinen ehemaligen Schüler heiser. 

 „Freuen Sie sich nicht, mich zu sehen, Sir?" 

 Severus schwieg. Nein, er freute sich nicht. Entweder war Draco hier, um ihn genauso zu foltern wie alle anderen auch, oder er würde versuchen, ihm zu helfen und dabei sein Leben riskieren. In beiden Fällen würde er etwas tun, vor dem Severus sich geschworen hatte, ihn zu beschützen.

 „Ja, das dachte ich mir", murmelte Draco in diesem Moment. Er deutete mit seinem Zauberstab auf die leere Wasserflasche in seiner Hand und verwandelte sie in einen Metallstab, der rot zu glühen begann. Severus schluckte. „Ich freue mich auch nicht, Sie hier zu sehen." Sehr leise.

Advocatus DiaboliWhere stories live. Discover now