Kapitel 2.07 - Mitgefühl und Moral

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Kapitel 2.07 – Mitgefühl und Moral 

 Dass Severus für den Ausgleich der Einhorntränen seine Magie opfern musste, stellte ihn vor Schwierigkeiten, mit denen er nicht gerechnet hatte. Der Trank musste mit einem Zauberspruch vollendet werden. Da er zu dem Zeitpunkt keine Magie mehr würde wirken können, musste das Hermine tun – oder Adia. 

 Außerdem würde er danach nicht mehr in der Lage sein, sich Adia auf magischem Wege vom Hals zu halten. Mit all der Magie, die sich in ihr durch Hermines verdrängte Gefühle anstaute, war das eine unheilvolle Mischung. 

 Er hatte darüber nachgedacht, ob er nicht einfach Hermines überschüssige Magie nutzen konnte, um die Einhorntränen auszugleichen. Es hätte sich angeboten. Aber die Einhorntränen kamen mit einer Reinheit daher, die ein Gegenstück suchte. Hermine war nicht unrein. Sie hatte nie jemanden umgebracht, gefoltert oder einen der Unverzeihlichen Flüche gewirkt. Trotz allem, was der Krieg ihr genommen und angetan hatte, hatte sie ihre magische Reinheit bewahrt. Sogar Adia hatte sie so erschaffen, dass sie nichts daran ändern würde. 

 Seine Magie hingegen ... Severus schnaubte und wischte sich über das Gesicht. Er hatte getötet, gefoltert und mehr Unverzeihliche Flüche gewirkt, als er zählen konnte. Seine Magie war definitiv unrein und bestens dafür geeignet, als Gegenstück für die Einhorntränen zu wirken. Es musste seine Magie sein. 

 Er hatte den letzten Abend dafür genutzt, um sich Hermines Erinnerung an die Zubereitung des Vicissitudo Virtus noch mehrmals anzuschauen und einen Arbeitsplan aufzustellen. Sie hatte als erstes das Sekret der Drosera hinzugefügt, also würde er mit dem Sekret der Aloe Vera-Pflanze beginnen. Danach hatte sie den Trank eine Stunde lang ruhen lassen, er würde das kopieren.

 Anschließend hatte sie das gemahlene Ebenholz hinzugefügt und vorsichtig unter den Trank gehoben – das würde er mit dem gebleichten Bergahorn ausgleichen. Auch danach hatte sie den Trank ruhen lassen, aber nur eine halbe Stunde. Er fragte sich, warum sie das getan hatte. In keinem der Bücher, die sich mit dem Vicissitudo Virtus befassten, war von Ruhephasen zwischen der Zugabe der individuellen Zutaten die Rede gewesen. Aber Ruhephasen hatten zweifelsohne eine Wirkung auf den Trank und Severus musste sie beibehalten. 

 Als drittes hatte sie die Mischung aus Drachenblut und Ronald Weasleys Blut tropfenweise in den Trank fallen lassen. Severus hatte darüber nachgedacht, ob er Weasleys Blut mit seinem eigenen ausgleichen konnte, aber Hermine hatte Weasleys Blut genommen, weil er ein reinblütiger Zauberer gewesen war. Sie hatte eine reinblütige Persönlichkeit gebraucht (oder zumindest eine, die sich als reinblütig empfand und dementsprechend agierte), um sich bei Lucius einschleichen zu können. Er brauchte daher das Blut eines muggelstämmigen Magiers, um es auszugleichen. Entweder er bat Albus um eine entsprechende Blutprobe – oder er brauchte auch dafür Hermine. Ihr eigenes Blut zu verwenden, war sicherlich wirksamer als das eines beliebigen muggelstämmigen Magiers. Sie war mit Weasley verheiratet gewesen, sie war in mehrerlei Hinsicht sein Gegenstück. Möglicherweise konnte er die Gewinnung der Blutprobe mit dem Vollenden des Trankes kombinieren; er vertraute Adia nicht weiter, als er sie sehen konnte, und er würde sich hüten, ihr einen Zauberstab in die Hand zu geben. 

 Das Drachenblut würde er mit dem Blut der Spatzen ausgleichen. Schon beim Gedanken an die Gewinnung dieser Zutat trat ihm der Schweiß auf die Stirn. Die Spatzen durften dabei nicht sterben, er würde höllisch aufpassen müssen. Er schob den Gedanken erst mal beiseite. 

 Als letztes hatte sie die Einhorntränen in den Trank gegeben. Erst drei Tropfen, dann noch drei weitere, als ob sie hatte sicher gehen wollen, dass ihr Einfluss stark genug sein würde, um Adia von der dunklen Seite der Magie fern zu halten. 

 Severus würde seine Magie auch auf Tränen übertragen. Auf seine eigenen, denn wie bei den Einhorntränen musste auch in diesem Fall beides vom selben Geschöpf stammen. 

Advocatus DiaboliWhere stories live. Discover now