Kapitel 3.04 - Eine Chance

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Kapitel 3.04 – Eine Chance 

 So wie die anständigen britischen Bürger, die sie waren, saßen sie sich kurz darauf bei einer Tasse Tee gegenüber. Im Zweifelsfall trink Tee. Severus runzelte die Stirn, während er in seine Tasse hinab starrte. Der Wasserdampf leckte heiß über sein Gesicht. 

 Er war ihr eine Antwort schuldig geblieben. Eine Entscheidung. Sie wollte eine Chance. Er schnaubte leise, woraufhin sie ihn erschrocken ansah. Er winkte ab. Für sie war es nur eine Chance. Aber sie würde im Zweifelsfall auch nicht diejenige sein, die ... 

 Er rümpfte die Nase. Eine Chance. 

 In Gefühlsangelegenheiten nach Sicherheiten und Garantien zu suchen, war absurd. Jede geschiedene Ehe, jedes gebrochene Versprechen zeugte davon. Severus wusste das. Deswegen hatte er sich nach Lily geschworen, niemals wieder jemanden zu lieben. Er war nicht der Typ Mensch, der einfach wieder aufhörte zu lieben. Wenn, dann war es für immer. Auch Lily würde er für immer lieben und er wollte nicht noch mehr davon in seinem Leben haben. Nie wieder. Das war es nicht wert. 

 Oder? 

 Er hob vorsichtig den Blick. Hermine starrte genauso in ihre Tasse wie er. Ihre Haare, diese unbändigen braunen Locken, umrahmten ihr Gesicht wie eine Löwenmähne. Auch sie sah blass aus gerade. Und traurig. Etwas zog sich in Severus' Brust zusammen und er sah wieder weg.

 „Warum ich?", fragte er nach einer Ewigkeit des Schweigens. 

 Hermine riss den Kopf hoch und sah ihn mit großen Augen an. Ein paar Sekunden lang war sie das Reh im Scheinwerferlicht. Ihr Kopf war leer, er konnte es sehen. Das war nicht die Wirkung, die er auf sie haben sollte. Severus griff sich an die Nasenwurzel. 

 Das schien sie aus ihrer Starre zu reißen. Sie räusperte sich. „Ich ... hab dir schon immer starke Gefühle entgegen gebracht." 

 Er zog eine Augenbraue hoch. 

 „Am Anfang Wut", fuhr sie unbeirrt fort. „Ich fand es abscheulich, wie du mit uns im Unterricht umgegangen bist. Später dann Neugier. Ich fragte mich, warum Professor Dumbledore so unerschütterlich in dich vertraute. Dann Bewunderung ..." Ihre Stimme verlor sich. 

 Er atmete scharf aus. „Und jetzt Liebe?" Es klang verächtlicher, als er es meinte. 

 Sie sah ihn an. Offen und verletzlich und nickte. Er konnte es kaum aushalten, diese Aufrichtigkeit in ihrem Gesicht zu sehen. Sie war so jung ... Und er ... Er senkte den Blick. 

 „Was ist mit Weasley?", grollte er. 

 „Was soll mit ihm sein?", fragte sie mit belegter Stimme und griff sich mit einer Hand an den anderen Ellbogen. 

 „Würdest du mich auch lieben, wenn er noch leben würde?" Wow, das war ... selbst für seine Verhältnisse unter der Gürtellinie. Ein Muskel unter seinem Auge zuckte. 

 Hermine holte tief Luft. „Nein." 

 Er presste die Lippen aufeinander und nickte. 

 „Aber Ron ist tot." Sie wischte sich schnell unter dem Auge entlang. „Sind meine Gefühle für dich deswegen jetzt weniger wert?" 

 Großartig. Er hatte sie zum Weinen gebracht. Da saß diese Frau und trug ihr Herz auf der Zunge und er hatte nichts besseres zu tun, als ... das. Severus schloss die Augen. „Es tut mir leid", murmelte er kaum hörbar. 

 Hermine schwieg. Die Uhr tickte leise, der Tee wurde kalt. „Du hast recht, wenn du dem Haus die Schuld dafür gibst", sagte sie nach einer Weile leise. 

Advocatus DiaboliWhere stories live. Discover now