Kapitel 7

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Kapitel 7 

 Im Gegensatz zu Hermine sah Ginny diesen zweiundzwanzig Tagen mit großer Begeisterung entgegen. „Wir könnten Ausflüge mit den Kindern machen", schlug sie mit strahlenden Augen vor. „Harry muss arbeiten und zu Hause tanzen sie mir nur auf der Nase herum." 

 „Ja, klar, gerne", entgegnete Hermine und versuchte, wenigstens ein bisschen Begeisterung in ihre Stimme zu legen. 

 „Wenn sie erst mal beschäftigt sind, können wir uns ein ruhiges Plätzchen suchen und reden. Wann haben wir das das letzte Mal gemacht? Ich hab dir viel zu erzählen. Und ich hab so viele Fragen an dich!" 

 Hermine spürte ihre kaum vorhandene Begeisterung weiter schwinden. „Nicht du auch noch", seufzte sie. 

 „Wie, ich auch noch?", fragte Ginny mit gerunzelter Stirn. 

 „Ach nichts", winkte Hermine ab. „Mein ... Projekt ist gut gelaufen und jetzt wollen alle alles darüber erfahren. Ich hab gestern so viele Fragen beantwortet ..." 

 „Klingt nach einem großen Erfolg." 

 „Ja, schon. Aber ich bin es leid, immer wieder das Gleiche zu erzählen. Vielleicht sollte ich einfach ein Pergament mit den häufigsten gestellten Fragen samt meinen Antworten durch das St.-Mungos schicken." 

 Ginny grinste. „Wäre eine Überlegung wert." 

 Hermine hingegen stöhnte. „Nein, nicht wirklich. Die Fragen, die ich bisher beantwortet habe, kratzen schon mächtig an meiner Schweigepflicht. Aber das scheint gerade jeder zu vergessen. Fehlt nur noch, dass der Tagesprophet mich um ein Interview bittet ..." 

 „Wenn jemand vom Tagesprophet von deinem Projekt erfährt, habt ihr mit der Schweigepflicht ein echtes Problem im St.-Mungos. Und das wird deinen Kollegen auch wieder einfallen. Das geht vorbei, Mine." 

 „Hoffentlich bald, sonst kann ich für nichts garantieren." 

 Ginny kicherte. „Ich will morgen mit den Kindern Mum und Dad besuchen. Wenn du möchtest, kannst du mitkommen. Sie stellen zwar auch Fragen, aber andere." Sie wackelte mit den Augenbrauen. 

 Hermine schnaubte. Aber es klang tatsächlich verlockend, sich mal für ein paar Stunden von Snape und vor allem von seinen Erinnerungen abzulenken. „Das klingt gut", sagte sie deswegen. Und besser als alles, was Ginny sonst an Ausflügen hätte vorschlagen können. 

- - -

 In den darauf folgenden Tagen besuchte Hermine also Arthur und Molly, verbrachte einen Tag mit ihrem Vater, traf sich mit Luna und ihrem Mann Rolf, weil diese gerade zufällig auch mal wieder in England weilten und nicht in einem Dorf hinter dem Amazonas links, und sogar Harry und Ron schafften es für einen Abend, sich von ihren Verpflichtungen im Ministerium und bei Weasley's Zauberhafte Zauberscherze loszueisen. 

 Wenn sie nicht gerade unterwegs war, las sie sich durch den Stapel Bücher, der schon seit Jahren immer weiter wuchs anstatt zu schrumpfen, putzte sich einmal quer durch ihre Wohnung und schlief so viel, dass sie in der vierten Nacht hellwach an die Decke starrte. 

 „Ich hasse Urlaub", sagte sie in die Stille ihrer Wohnung hinein. 

 Nach dem sechsten Tag klangen die fünfzig eitrigen Ausschläge, die Heiler Matthews ihr angedroht hatte, gar nicht mehr so schrecklich, und das Einzige, das sie davon abhielt, am Tag danach im St.-Mungos zu betteln, dass sie wieder arbeiten kommen durfte, war eine Eule. 

 Der Uhu stand im Dienst der magischen Zentralpost, er trug einen entsprechenden Ring am Bein. Hermine nutzte die Eulen der Zentralpost selbst gern, wenn sie Briefe schrieb, ein eigenes Haustier vertrug sich einfach nicht mit ihrem Arbeitspensum. Der Uhu streckte ihr nun jedenfalls das Bein entgegen und nahm Hermine den Eulenkeks aus der Hand, nachdem sie das Pergament losgebunden hatte. Er flog jedoch nicht wieder los. Offensichtlich wartete er darauf, dass Hermine gleich eine Antwort verfasste. 

Medicus IIIWhere stories live. Discover now