Kapitel 28

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Kapitel 28

Als Hermine am Nachmittag die Station betrat, lief sie beinahe in Patrick hinein. „'Tschuldigung", murmelte sie und wollte an ihm vorbeigehen, als er sie aufhielt.

„Ist alles okay? Du siehst schrecklich aus."

„Dankeschön", sagte sie, vielleicht eine Spur zu sarkastisch. Als er überrascht die Augenbrauen hochzog, fügte sie hinzu: „Es geht mir gut, nur meine Allergie. Ich muss endlich diesen Heuschnupfen-Trank nehmen ..."

Wirklich überzeugt schien er nicht, aber er fragte nicht weiter nach. Nickte nur und Hermine ging ins Dienstzimmer, um sich umzuziehen.

Dort angekommen sank sie zerschlagen auf einen Stuhl und versuchte ihre Tränen mit ein paar ruhigen Atemzügen unter Kontrolle zu bekommen. Severus hatte ihr zwar die versprochenen Tränke gegeben, tatsächlich auch etwas von seinem Trank, aber die letzte Nacht und der Vormittag steckten ihr in den Knochen. Selbst wenn die Erinnerung sie nicht bedrängte, musste sie klarkommen mit dem Nachhall der Folter, die sie vorhin wieder durchlebt hatte.

Sie hatte mit Severus ausgemacht, dass sie morgen nach der Arbeit zu ihm kommen würde. Es wäre ihr lieber gewesen, bis zu ihrem nächsten Dreitagesintervall zu warten, aber die wenige Zeit, die davon übrig geblieben war, brauchte sie, um sich auf die Begegnung mit Ron vorzubereiten. Von allen ungünstigen Zeitpunkten der letzten Monate hatte ihre Erinnerung sich den absolut ungünstigsten ausgesucht, um sie wieder heimzusuchen.

Hermine atmete tief durch und wischte sich über die immer noch geröteten und empfindlichen Augen. Dann zog sie sich um.

„Irgendwas Wichtiges?", fragte sie wenige Minuten später Trisha, als diese ihr die Akten der stationären Patienten entgegen schob. Es waren nur drei.

„Nein, nichts besonderes. Higgins, Maura sitzt nur die vorgeschriebene Wartezeit nach der Behandlung eines Alraunen-Schadens ab. Trebbins, Archibald hat versehentlich einen unbeschrifteten Trank genommen; wir wissen noch nicht genau, welcher es war, wahrscheinlich war er falsch zubereitet. Wir probieren uns gerade durch sämtliche Gegengifte, um sein chronisches Lachen zu beenden. Wenn du eine Aufmunterung brauchst, geh zu ihm." Trisha grinste, Hermine lächelte immerhin müde. „Und dann ist da nur noch Rawlins, William."

Hermine stutzte. „Er ist immer noch hier?"

„Ja." Trisha seufzte. „Er tut sich schwer mit dem Entzug. Hat immer noch vor, sich neues Euphorie-Elixier zu besorgen, sobald wir ihn entlassen. Das oder ein Gift, er schwankt da von Stunde zu Stunde. Vielleicht sollten wir ihn und Mr Trebbins mal zusammensetzen ..."

Hermine überflog die Eintragungen in seiner Akte. „Wartet gerade jemand?"

„Nein, es ist ruhig."

„Gut, dann geh ich mal zu ihm." Sie klappte die Akte zu und wandte sich vom Tresen ab. Kurz darauf klopfte sie an die Tür des Zimmers 4, bekam jedoch keine Antwort. Sie ging hinein und fand sich in orangenem Halbdunkel wieder. Billie hatte die Gardinen an den Fenstern zugezogen. Das Licht, das vom Gang her in sein Zimmer fiel, entlockte ihm ein Murren.

Hermine schob die Tür hinter sich ins Schloss, dann ging sie zum Fenster, zog die Gardinen zu den Seiten und öffnete es weit. Billie zog sich die Decke über den Kopf. „Gehen Sie weg."

Sie zog sich scharrend einen Stuhl an sein Bett und setzte sich. „Ich gehe, wenn wir miteinander geredet haben."

Die Bettdecke zitterte. „Ich will nicht reden."

„Ich weiß." Sie wischte sich über die Stirn. „Reden ist ... manchmal einfach das Letzte. Aber es ist leichter als die Worte zu tanzen, also sollten wir vielleicht für unseren Mund dankbar sein."

Medicus IIIWhere stories live. Discover now