Kapitel 15

280 28 3
                                    


Kapitel 15

Am Abend war Hermine angenehm erschöpft. Ihr taten die Hände etwas weh von den ungewohnten Handgriffen und Bewegungen und ihr Nacken war steif, weil sie die ganze Zeit auf die Tischplatte hinunter geschaut hatte. Aber Severus hatte es geschafft, seine Auftragsliste komplett abzuarbeiten.

Ihm war erstaunlicherweise keine Erschöpfung anzumerken. Auf halbem Weg die Treppe nach oben fragte er: „Möchtest du einen Tee oder lieber Wasser?"

Hermine wusste im ersten Moment gar nicht, wovon er sprach. Erst verzögert fiel ihr ein, dass sie ihm angeboten hatte, heute Abend noch die nächsten Erinnerung aus dem Käfig zu holen. „Willst du wirklich heute noch weitermachen?"

„Du hast es vorgeschlagen", sagte er und sah sich zu ihr um.

„Da wusste ich noch nicht, wie anstrengend ein kompletter Tag Laborarbeit sein kann."

„Also bist du zu müde?"

„Du nicht?" Sie zog eine Augenbraue in die Stirn.

Severus zuckte angedeutet mit den Schultern. „Müdigkeit macht mir nichts aus."

„Stimmt, deswegen brauchtest du ja auch meine Hilfe", murmelte sie ironisch.

Er kniff die Augen etwas zusammen. „Das Problem ist nicht die Müdigkeit, sondern meine Konzentration."

„Heute erschienst du mir sehr konzentriert."

Er wandte den Blick ab. „Es hilft mir, wenn du da bist. Dann verliere ich mich nicht so leicht in meinen Gedanken."

„Weil es dir unangenehm wäre, wenn ich das bemerken würde?"

Nun sah er sie doch wieder an. „Nein." Seine geschlossenen Lippen bewegten sich, als würden sie Worte formen, die Severus nicht aussprechen wollte. Als er Hermines Blick begegnete, verschränkte er die Arme vor der Brust und sagte: „Du bist wie ein Anker im Hier und Jetzt für mich."

„Oh", sagte sie leise. „Das klingt ... gut irgendwie."

Er verzog das Gesicht und stieg weiter die Stufen hinauf.

Hermine seufzte. „Also willst du heute wirklich noch weitermachen."

„Nur wenn es dir nicht zu viel ist."

Sie dachte einen Moment darüber nach. Sie war zwar körperlich erschöpft, aber ihr Kopf war fit. Wäre sie jetzt nach Hause gegangen, hätte sie vermutlich noch ein paar Stunden gelesen. „Nein", sagte sie deswegen, „ich denke, ich schaffe das. Und ich hätte gern erst ein großes Glas Wasser und danach dann Tee." Sie hatte furchtbaren Durst, die letzten beiden Tränke hatten das Labor in ein tropisches Klima gehüllt. Ihr Shirt klebte an ihrem Rücken.

Also saßen sie ein paar Minuten später wieder vor dem Kaminfeuer in den Sesseln. Severus hatte ihr wie gewünscht ein Glas Wasser hingestellt und einen kräftigen schwarzen Tee gekocht. Für sich selbst hatte er kein Wasser mitgebracht.

Nachdem er seinen Zauberstab wie üblich auf den Kaminsims gelegt und Hermine ihre von der Hitze und Feuchtigkeit im Labor entfesselten Haare gebändigt hatte, machte sie es sich bequem und wandte sich ihm zu. „Darf ich?", fragte sie.

„Ja, du darfst."

Mittlerweile war es eine Sache von Sekunden, in Severus' Geist zu schlüpfen, eine Erinnerung aus dem Käfig zu lassen und wieder zu gehen. Hermine schüttelte kurz den Kopf, als sie wieder durch ihre eigenen Augen sah, und hörte Severus leise stöhnen. „Was ist los?", fragte sie.

Medicus IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt