Kapitel 29

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Kapitel 29

Nachdem ihre Tränen versiegt waren, war Hermine kurz ins Bad gegangen. Das kalte Wasser auf ihren Händen tat gut, sie kühlte damit auch ihre gereizten Augen. Als sie sich im Spiegel sah, erschrak sie vor sich selbst. Patrick hatte recht, sie sah grässlich aus. Auch ohne die Folgen des Weinens war sie blass und hatte dunkle Ringe unter den Augen. Ihre Haare sahen aus wie ein Vogelnest. Sie zupfte an ein paar Strähnen, aber es hatte keinen Zweck.

Severus stand an seinem Schreibtisch, als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte. Er sortierte einige Pergamente und sah erst auf, als Hermine schon fast neben ihm stand. „Ich brauche deine Hilfe für einen meiner Patienten", fiel ihr dabei wieder ein.

Er zog die Augenbrauen hoch und legte die Pergamente weg.

„Ich möchte ihn mit einem Muggelmedikament behandeln und wollte dich fragen, ob es möglich ist, die Tabletten der Muggel in einen Trank umzuwandeln."

„Das sollte kein Problem sein. Du musst mir nur erklären, wie das Medikament wirkt, damit ich den Trägertrank entsprechend zubereiten kann."

„Natürlich. Ist es auch möglich, den Wirkeintritt zu beschleunigen? Diese Art Medikamente brauchen eigentlich ein paar Wochen, bevor man weiß, ob sie wie gewünscht helfen."

„Das kann ich dir sagen, wenn ich weiß, wie das Medikament wirkt."

Hermine überlegte und kaute auf ihrer Unterlippe. „Bist du morgen Abend hier? Dann bring ich dir die Tabletten vorbei und wir können alles weitere besprechen."

„Ab sechs bin ich hier, ja." Er sah sie prüfend an. „Möchtest du dich noch weiter mit der Erinnerung beschäftigen oder möchtest du für heute aufhören?"

Hermines Blick flog zu den Sesseln. Ihr lief ein Schauder über den Rücken beim Gedanken daran, wieder in den Wald zurückzukehren. Aber sie hatte nur noch fünf Tage, bis sie Ron begegnen würde. An dreien davon musste sie arbeiten. Sie schluckte. „Du hast noch Zeit, ja?", fragte sie Severus.

Er sah sie an und Hermine konnte die sarkastische Antwort, die ihm auf der Zunge lag, fast sehen. Aber dann entschied er sich anders und sagte: „Ja, hab ich."

Ein Teil von ihr bedauerte diese Antwort; ein Nein hätte ihr einen guten Grund gegeben, den Rückzug anzutreten, nach dem sie sich sehnte. Nun nickte sie niedergeschlagen und kehrte zu ihrem Sessel zurück.

„Ich hab mich letztens gefragt ..." Sie stockte kurz. „Ich hab mich gefragt, warum dieser Fluch, mit dem Voldemort mich belegt hat, nicht seine Wirkung verlor, als er starb. Der Imperius löst sich auf, wenn der Verursacher stirbt. Und Harry hat erzählt, dass auch die Ganzkörperklammer, mit der Professor Dumbledore ihn belegt hatte, sich aufgelöst hat, als er starb. Selbst Malfoys Käfig in deinem Kopf ist verschwunden. Warum dieser Fluch nicht?"

„Ob ein Fluch sich auflöst, hängt vor allem damit zusammen, wie sehr er vom Willen des Verursachers steuerbar ist. Der Imperius ist selbsterklärend, aber man kann auch eine Ganzkörperklammer in ihrer Intensität variieren. Lucius' Käfig in meinem Kopf und auch deiner gehorchen komplett eurem Willen. Du kannst ihn modifizieren, so wie du es möchtest, auch nachdem du ihn erschaffen hast. Der Fluch, mit dem Voldemort dich belegt hatte, funktioniert anders. Er ist auf einer Stufe mit einer Verwandlung – einmal gewirkt, muss man ihn rückgängig machen."

„Wofür man wissen muss, was für ein Fluch es überhaupt ist."

„Exakt." Severus runzelte die Stirn.

„Ich hatte das komplett verdrängt", murmelte Hermine gedankenverloren. Dann begegnete sie seinem Blick. „Diesen Fluch, meine ich. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass Voldemort mich verflucht hatte."

Medicus IIIWhere stories live. Discover now