Kapitel 24

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Kapitel 24

„Warum bist du so gut gelaunt?", fragte Severus, kaum dass er ihr die Tür geöffnet hatte, und rümpfte die Nase.

Hermine zuckte mit den Schultern. „Es ist einfach ein guter Tag. Darf ich trotzdem reinkommen oder soll ich es morgen noch mal mit schlechterer Laune versuchen?"

Er verdrehte die Augen und trat zur Seite. Sein miesepetriger Gesichtsausdruck änderte sich jedoch nicht und als sie sich vor den Kamin zurückgezogen hatten, verschränkte er die Arme vor der Brust.

„Woher kommt deine schlechte Laune?", fragte Hermine deswegen.

„Schlechte Nächte", entgegnete Severus einsilbig. Er sah sie nicht an, sondern starrte in den Kamin.

„Albträume?" Er nickte. „Tut mir leid."

Severus schnaubte leise und nun wandte er ihr doch den Kopf zu. „Mehr nicht? Kein weiser Rat von deiner Seite? Keine Technik? Kein Trick, um besser damit umzugehen?"

Hermine tat einen tiefen Atemzug. „Es gibt Techniken. Aber sie wirken am besten bei immer wiederkehrenden Träumen und sie erfordern eine gewisse Vorstellungskraft. Oder die Fähigkeit, schon während des Träumens zu wissen, dass man träumt, und den Traum dann zu verändern. Das kann man zwar lernen, aber nicht von heute auf morgen."

Wieder rümpfte er die Nase. „Es sind selten die gleichen Träume."

„Ja, dachte ich mir. Dein Geist ist gerade überlastet. Er hat viel zu verarbeiten. Mir hat es nach dem Krieg geholfen, über die Träume zu reden. Sie wurden mit der Zeit weniger."

„Ich möchte nicht darüber reden", entgegnete Severus knapp.

Sie nickte langsam. „Vielleicht hilft es dir, sie aufzuschreiben."

Severus brummte, sein Blick verlor sich im Feuer.

Hermine gab ihm ein paar Minuten. Sie neigte den Kopf zur Seite und betrachtete ihn. Seine Wangenknochen, die scharf hervortraten. Die kurzen schwarzen Haare und der Bartschatten auf seinem Kinn. Ihr fiel das erste Mal seit ihrer Schulzeit wieder bewusst auf, wie unproportional groß seine Nase war, ihn im Profil zu sehen, betonte das noch. Das weiße Hemd saß locker; er hatte immer noch nicht wieder das Gewicht erreicht, das er vor seinem Krankenhausaufenthalt gehabt hatte. Und er war blass. Noch mehr als sonst. Die unruhigen Nächte hatten ihre Spuren hinterlassen. Er sah aus, als würde er sich nur durch pure Willenskraft zusammenhalten.

„Was möchtest du heute machen, Severus?"

Er blinzelte, als hätte er völlig vergessen, dass sie überhaupt da war. Seine Kiefermuskulatur trat hervor, als er die Zähne aufeinander biss. „Du sagtest, ich müsste mich vorbereiten."

„Ja."

„Ich nehme an, du willst wieder darüber reden?"

„Hast du eine andere Idee?"

Er stieß scharf die Luft durch die Nase. „Ich würde lieber darüber trinken."

Hermine schürzte die Lippen. „Solange du es nicht übertreibst, können wir beides tun."

Seine Augenbraue zuckte. Er sah sie an, zwei, drei Sekunden lang. Dann stand er auf, ging zu seinem Schreibtisch und kam mit einer Flasche Feuerwhisky wieder zurück. Aus dem unteren Teil der Vitrine holte er zwei Gläser und goss ihnen ein. Während Hermine nur einen kleinen Schluck trank, leerte Severus sein Glas in einem Zug und goss sich gleich wieder nach. Als er Anstalten machte, auch dieses Glas sofort auszutrinken, sagte Hermine: „Wenn du es nicht übertreibst!"

Medicus IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt