Kapitel 39

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Kapitel 39

„Wir werden heute nicht mit dem Erinnerungsstrang weitermachen", sagte Hermine am Abend.

Sie hatten den ganzen Tag im Labor gearbeitet und etwas über die Hälfte der Tränke fertig gestellt, die auf Severus' Liste standen. Phasenweise hatte er drei verschiedene Tränke parallel gebraut, es war zutiefst beeindruckend gewesen, ihn dabei zu beobachten. Und danach hatte er sich noch eine halbe Stunde lang um den Trank gekümmert, den er für Billie entwickelte, während sie mit schmerzendem Rücken auf einen Hocker gesunken war. Sie war einfach erschöpft. Zutaten im Akkord kleinzuschneiden, zu zerstoßen, zerhacken oder destillieren war anders, als eine Schicht im St.-Mungos. Vor allem anders anstrengend. Es beanspruchte Muskeln, die sie sonst nur selten gebrauchte.

Aber das war nicht der Grund für ihre Entscheidung und Severus schien das zu wissen. „Das dachte ich mir", sagte er mit dunkler Stimme.

„Oh, gut. Dann können wir uns die Diskussion ja sparen."

Er zog eine Augenbraue in die Stirn.

Hermine lächelte flüchtig, dann senkte sie den Blick auf ihre Hände. „Also ... Was macht dich so wütend?"

„Wie kommst du darauf, dass ich wütend bin?", fragte er spitz.

„Du hast mir erzählt, dass die Prügeleien in deiner Schulzeit den Zweck hatten, Wut abzubauen. Ich nehme an, daran hat sich nichts geändert?"

Er biss die Zähne aufeinander, wandte den Blick ab. „Nein", grollte er.

„Erzähl mir von der Wut."

Severus rümpfte die Nase. „Reden ..."

„Wir können uns auch prügeln", entgegnete Hermine ironisch und hob schmunzelnd die Fäuste hoch.

Er verdrehte die Augen, aber seine Mundwinkel zuckten. „Du könntest nicht mal einen Flubberwurm k.o. schlagen."

„Nein, heute bestimmt nicht mehr", gab sie zu und unterdrückte ein Gähnen. „Aber unterschätz mich nicht! Draco Malfoy hat das getan und es bereut."

Ein Schatten huschte über Severus' Gesicht. Er blickte ins Feuer. „Alles macht mich im Moment wütend", sagte er schließlich. „Ich stehe damit auf und ich gehe damit schlafen. Ich träume davon, mich gegen meinen Vater zu wehren, gegen Albus, gegen Lucius, aber ..." Er brach ab und fuhr sich mit der Hand über den Mund.

„Aber alle sind tot", beendete Hermine den Satz.

Er nickte ruckartig.

„Also wehrst du dich gegen andere. Mit wem prügelst du dich eigentlich?"

„Mit einer magischen Illusion." Er senkte den Blick.

„Gut", sagte sie und war ehrlich erleichtert. Wenigstens zog er niemand Unbeteiligtes mit rein.

Severus schnaufte leise und schüttelte den Kopf.

Sie legte den Kopf schief. „Was?", fragte sie.

„Nichts."

Hermine runzelte die Stirn, beschloss aber, nicht weiter zu bohren. „Hilft es dir?", fragte sie stattdessen.

„Kurz", murmelte er.

„Und lohnt es sich dafür?"

Er nickte düster. „Ich bin nur noch damit beschäftigt, diese Wut zu kontrollieren. Da sind selbst fünf Minuten ein Geschenk."

Medicus IIIWhere stories live. Discover now