Kapitel 46

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Kapitel 46

„Mach das Ding ab, Hermine." Severus deutete unwirsch auf die Kanüle in seinem Arm und drückte das Fußteil seines Sessels runter, bis er wieder aufrecht sitzen konnte. Prompt wurde ihm schwindelig und er kniff die Augen zusammen.

„Nein", sagte Hermine, unbeeindruckt von seinem Befinden.

Er sah sie wütend an. „Dann mach ich es selbst." Und streckte schon die Hand nach dem Zugang aus, der in seiner Vene lag.

„Nein", wiederholte sie in dem gleichen Ton.

Er schnaubte. „Wie willst du mich davon abhalten?"

„Gar nicht." Sie sah ihn selbstgefällig nicken. „Aber wenn du dir die Kanüle selbst ziehst, dann gehe ich und komme nicht wieder." Obwohl ihr das Herz bis zum Hals schlug, sah sie ihm fest in die Augen und je mehr ihm bewusst wurde, dass das keine leere Drohung war, desto mehr verblasste sein Grinsen. Seine Kiefer mahlten, er ließ die Hand sinken und wandte den Blick ab.

Hermine legte seufzend den Spiegel und das Wattestäbchen weg. „Severus, ich verstehe, dass das alles gerade schwer für dich ist. Ich verstehe auch, dass dein Umgang mit solchen Dingen ein anderer ist als meiner. Aber ich werde es nicht mehr hinnehmen, dass du dich selbst verletzt oder vernachlässigst und das vor mir verschweigst, bis ich dich so oder in ähnlich desolaten Zuständen finde. Ich bin hier, um dir zu helfen, nicht um dir dabei zuzusehen, wie du dich umbringst."

„Ich bringe mich nicht um", sagte er dumpf.

„Sondern?"

„Das war keine Absicht!" Er rümpfte die Nase.

„Dann hast du versehentlich tagelang nichts gegessen und viel zu wenig getrunken?" Sie zog eine Augenbraue in die Stirn.

Er schnaufte. „Ich habe wenig gegessen! Weil mir vom Schmerztrank der Appetit vergeht ... Aber ich habe getrunken! Das hier kommt vom Entwässerungstrank."

„Ach, das hast du versucht zu brauen?"

„Ja." Er verzog das Gesicht.

„Der Trank ist explodiert."

„Dachte ich mir." Er warf einen Blick auf ihre mit weißen Punkten übersäten Arme.

Sie folgte seinem Blick. „Hast du eine Idee, warum die Brandblasen grünlich schimmern?"

Er runzelte die Stirn. „Nein. Aber um ehrlich zu sein kann ich mich auch nicht mehr genau an die letzten Arbeitsschritte erinnern. Möglicherweise hab ich einen Fehler gemacht."

Hermine neigte den Kopf zur Seite, während ihr Blick über sein Gesicht glitt. Er war immer noch blass und schwitzte ein bisschen, seine Wangenknochen zeichneten sich scharf unter der Haut ab, ein dunkler Bartschatten lag auf seinem Kinn. Ihn so zu sehen, so erschöpft und ausgezehrt, wurde mit jedem Mal schwerer. „Ja, hast du", sagte sie leise.

Er erwiderte ihren Blick. Schluckte schwer. „Es tut mir leid." Er meinte offensichtlich nicht den Trank.

Sie sah hinab auf ihre Hände. „Ich hab auch einen Fehler gemacht. Hätte den Kessel sichern müssen, bevor ich zu dir gehe ..."

„Hättest du", sagte er lakonisch.

Sie nickte langsam, strich sich eine Haarsträhne hinter die Ohren und sah ihn mit gerunzelter Stirn an. „Warum sagst du mir nicht, dass diese Erinnerungen dir immer noch Kopfschmerzen bereiten?"

„Wozu?", fragte er mit dunkler Stimme. „Du hättest mir auch nur sagen können, dass ich es aushalten oder einen Schmerztrank nehmen muss."

„Kennst du mich wirklich so schlecht?", fragte sie schmunzelnd.

Medicus IIIWhere stories live. Discover now