Kapitel 31

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Kapitel 31

Das Wetter war warm, die Stimmung ausgelassen, das Essen reichlich und gut (Hermine hätte ihre rechte Hand darauf verwettet, dass Molly dafür gesorgt hatte). Aber – und dessen war Hermine sich sicher, ohne gezählt zu haben – es waren definitiv mehr als achtundzwanzig Gäste hier. Sie schnaubte leise und schüttelte den Kopf. Ließ den Blick über die Grüppchen und den geschmückten Garten wandern, nahm die Stimmung in sich auf und lächelte. Es war gut, genau so wie Ginny es organisiert hatte. Es waren alle da, die ihr wichtig waren und niemand ließ sie vergessen, dass das ihr Abend war. Jeder hatte sie beglückwünscht, jeder wollte mit ihr tanzen. Die Kinder tobten ausgelassen durch den Garten und jagten ein paar Gnome (manchmal auch umgekehrt) und Hermine versuchte, sich anstecken zu lassen von der Freude, die in der Luft lag.

Erfolglos. Seitdem Ron sie zur Begrüßung umarmt und ihr zu ihrem Abschluss gratuliert hatte, gab es diesen Teil in ihr, der angespannt war. Etwas in ihr wartete auf einen Angriff.

Sie versuchte, es zu ignorieren. Sie versuchte, froh darüber zu sein, dass es nur das war und keine Flashbacks. Aber der Abend lief trotzdem an ihr vorbei wie eine Abfolge von Schnappschüssen. Der Kontext ging verloren in dem Bedürfnis, Ron immer im Auge zu behalten. Immerhin bemerkte er es nicht. Sie musste sich einfach zusammenzureißen und bei sich zu bleiben. Es war doch auch absolut absurd! Es waren so viele Leute hier, selbst wenn Ron sie angreifen wollte, würde er nicht weit kommen. Es war absurd und irrational und absolut unbeherrschbar, denn ihr Blick lag schon wieder auf seinem Rücken.

Charlie unterbrach ihren Blickkontakt, als er mit einer weiteren Portion vom Buffet zurückkehrte und wieder sein Fleisch mit dem Zauberstab in mundgerechte Stücke zerteilte. Hermine zwang sich, ihm ihre Aufmerksamkeit zu schenken und musterte die dick bandagierten Hand, mit der er angereist war. „Hab noch Glück gehabt", erzählte er ihr zwischen zwei Bissen Kartoffelgratin. „Hätte ich zwei Schritte weiter links gestanden, hätte es mein Gesicht erwischt." Seine Augen glühten vor Begeisterung, während Hermine ein Schauer über den Rücken lief. (Ron lachte.)

„Und? Denkst du schon über die nächste Ausbildung nach?", fragte Bill sie quer über den Tisch hinweg und beinahe hätte Hermine erzählt, dass Severus sie das Gleiche gefragt hatte.

Sie schluckte ihre Antwort und schüttelte lächelnd den Kopf. „Jetzt ist genug."

Auf der anderen Seite des Tisches saß ihr Vater, der von Arthur in ein Gespräch verwickelt worden war. (Ron breitete die Arme aus, als sein Sohn ihm entgegenlief und wirbelte ihn herum.) Hermine spitzte die Ohren und hörte ihn sagen: „Ich weiß wirklich nicht, wie Windkraftanlagen funktionieren, Arthur. Aber ich kann mal schauen, ob ich ein Buch dazu für dich finde." Er hob den Blick, begegnete ihrem und sie schenkte ihm ein Lächeln. Sie wusste, dass Feiern in magischer Gesellschaft ihm einiges abverlangten; sie rissen ihn selbst nach all den Jahren noch heraus aus seiner Komfortzone und Hermine war ihm dankbar dafür, dass er trotzdem da war.

Patrick, Annabeth und Miriam saßen am anderen Ende des Tisches und unterhielten sich angeregt. (Ron setzte sich zwei Stühle weiter neben Katie, seinen Sohn über die Schulter geworfen.) Patricks Frau Marissa beugte ihr Ohr gerade Fleur entgegen, die sie etwas gefragt hatte. Sie nickte heftig und entgegnete etwas, das sie beide zum Lachen brachte. (Ron nahm sein Glas und trank etwas.)

Hermine schloss die Augen und holte tief Luft. Sie musste sich entspannen. Die Erinnerung war doch ruhig. Sie wusste, dass Ron ihr nichts tun wollte. Das alles war längst vergangen, sie musste ... das einfach loslassen.

Als Patrick sie vorhin begrüßt hatte, hatte er ihr erzählt, dass Billie heute entlassen worden war. Der Trank schlug an, es ging ihm besser. „Er meinte, es wäre wieder okay zu existieren. Das ist doch immerhin ein Anfang", berichtete Patrick. Dem konnte Hermine nur zustimmen. In zwei Wochen hatte Patrick ihn nochmal zur Kontrolle einbestellt, dann würde sich zeigen, ob der Trank tatsächlich hielt, was er im Moment versprach.

Medicus IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt