personal nightmare II

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Serlina

Nach meiner anstrengenden Nachtschicht genieße ich einen langen Schlaf. Eric muss ich erst abends von Melissa abholen. Bis dahin darf ich mich erholen.

Die Arbeit als Oberärztin ist viel aufwendiger und stressiger als gedacht. Ich trage jetzt viel mehr Verantwortung und ich bin mir unsicher, ob ich dem gerecht werde. Dr. Hopper war ein grandioser Oberarzt, hoffentlich werde ich irgendwann so gut wie er.

In Hoodie und Jogginghose laufe ich los zu Melissa. Der weiche Stoff schützt mich vor dem langsam kühler werdenden Wetter.

Noch bevor ich Melissas Straße erreiche, sehe ich die Rauchschwaden aus genau dieser Richtung. In meinem Kopf herrscht Chaos. Mein Körper handelt instinktiv. Meine Beine rennen immer schneller. Obwohl ich unglaubliche Angst vor Feuer habe, sprinte ich immer weiter auf eins zu.

Melissas Haus ist eingetaucht in Rauch. Ich muss hinein. Mein Körper handelt automatisch. Zuerst wähle ich den Notruf. Auch wenn die Feuerwehr es nicht rechtzeitig schaffen wird. Dann ziehe ich mir meinen Hoodie über Mund und Nase, trete die Tür ein und werde von unerträglicher Wärme und Rauch empfangen.

Trotz Pullover brennen mein Hals und meine Augen schon nach kurzer Zeit. Das Feuer kommt aus der Küche. Durch den Qualm kann ich nichts erkennen und laufe orientierungslos durch das Haus. Ich muss ihn finden. Wahllos öffne ich die erste Tür, ein leeres Zimmer. Wenn das so weiter geht, werde ich ihn nie finden.

Mein Körper wird immer schwächer, doch ich gebe die Hoffnung nicht auf. Ich lasse mich von meinem Bauchgefühl leiten. Die Sicht wurde mir schon vor zu langer Zeit geraubt. Vor einer anderen Tür breche ich fast zusammen. Ich darf jetzt nicht einschlafen. Mit letzter Kraft öffne ich die Tür. Die Klinke ist heiß.

Da liegt er. Eingekuschelt in eine Decke. Erleichtert nehme ich ihn in meine Arme und schütze seine Atemwege vor dem Rauch. Das Feuer scheint sich weiter ausgebreitet zu haben, die Hitze ist so unerträglich. Das Fenster ist die einzige Möglichkeit, dem zu entkommen.

Das Erste, was ich bemerke, als ich endlich wieder sehen kann und meine Lungen sich mit frischer Luft füllen, sind die riesigen roten Einsatzwagen der Feuerwehr. Neben ihnen steht ein Rettungswagen, auf den ich zu renne. Sie müssen Eric untersuchen.

Mein Bruder steht in seiner Arbeitskleidung neben dem roten Fahrzeug. Ohne Worte nimmt er mir Eric ab und lässt ihn von seinem Kollegen untersuchen. Das Adrenalin rauscht noch immer durch meinen Körper. Ansonsten wäre ich jetzt schon längst auf dem kleinen Vorgarten zusammengebrochen.

Es ist, als wäre ich nicht in meinem Körper, als Espen die notwendige Untersuchung durchgeht. Er ist langsamer als sonst. Trotz seiner Routine fällt ihm immer wieder etwas aus der Hand. Meinetwegen.

Nur am Rande bekomme ich mit, wie die Feuerwehrfrauen Melissa mit einer Trage aus dem Haus bringen. Ein zweiter Rettungswagen fährt direkt los, nachdem sie eingeladen wurde.

Ein leises Husten erregt meine Aufmerksamkeit. Ich hätte meinen Blick nicht von Eric abwenden sollen.

„Wie geht es ihm?", muss ich von dem Rettungssanitäter wissen.

Eric muss gesund sein. Wir dürfen ihn nicht verlieren.

Obwohl mich die Worte leichte Rauchvergiftung erleichtern sollten, ist dem nicht so. Er war in Gefahr. Wenn ich zu spät angekommen wäre ...

Tränen spülen den Ruß auf meinem Gesicht hinunter.

„Wir fahren euch ins Clearwater. Setz dich einfach zu Eric", höre ich die mitfühlende Stimme meines Bruders.

Mit seinen müden blauen Augen sieht Eric mich an. Er ist erschöpft. Eine Sauerstoffmaske ist über seinem Gesicht gespannt, trotz dessen erkenne ich ein leichtes Lächeln auf seinen kleinen Mund. An was er wohl denkt?

Ich sollte Frederik anrufen, er muss es wissen. Ich durchsuche meine Hosentaschen nach meinem Handy, finde es jedoch nicht. Hatte ich es zu Hause vergessen oder habe ich es in Maggies Heim fallen lassen?

Wie es ihr wohl geht? Ich konnte nicht nach ihr suchen. Hoffentlich konnte die Feuerwehr sie noch rechtzeitig retten, bevor sie Schäden davon trägt.

Es ist merkwürdig, als Patient im Clearwater eingeliefert zu werden. Eric und mir wurden zwei Betten nebeneinander in der Notaufnahme zugewiesen. Es ist nicht so überfüllt wie sonst, weshalb das Personal nicht von einem Patienten zum nächsten rennen muss.

Krankenschwestern, Ärztinnen, Krankenpfleger und Ärzte erkundigen sich nach uns. Einige von ihnen kenne ich gut. Andere Gesichter kommen mir nur bekannt vor. So oft bin ich nicht in der Notaufnahme.

Da wir zu Beobachtung über Nacht hierbleiben müssen, bekommen wir ein freies Zimmer zugewiesen. Auf der Kinderstation. Da werde ich bestimmt mit Fragen gelöchert. Da wäre mir die Notaufnahme doch lieber.

„Denkst du Dad kommt auch bald? Er soll sich keine Sorgen machen. Dann sieht sein Gesicht immer aus wie eine verschrumpelte Traube."

Dass Eric das besorgte Gesicht seines Vaters mit einer Rosine vergleicht, lässt mich auflachen. Gefolgt von lautem Husten. Ich unterdrücke den Schmerz meines Halses und muntere Eric auf. Dieser Junge ist so stark.

„Du hast doch Angst vor Feuer, wieso bist trotzdem rein gerannt?", fragt mich Eric neugierig.

Vor einigen Monaten hätte ich mir das nie vorstellen können. Die Angst war schon zu groß, als ich Erics Feuerwehrzimmer gesehen hatte. Oder auch als der Einsatzwagen von Espens Station an Erics Geburtstag aufgetaucht ist. Da kamen immer wieder die Gefühle hoch von Dads Unfall. Doch heute war es anders.

„Die Angst, dich zu verlieren, war viel stärker als die Furcht vor dem Feuer. Mein Körper hat von selbst gehandelt. Ich musste dich in Sicherheit bringen, alles andere war bedeutungslos", versuche ich ihm sowie mir zu erklären.

Jetzt ist mir erst bewusst geworden, dass Eric auch an meiner ersten Stelle steht. Vor allem anderen.

Glänzende Tränen laufen Erics geröteten Wangen hinunter.

„Darf ich dich Mom nennen?", will Eric schniefend von mir wissen.

Und damit bringt er auch mich zum Weinen. Nie habe ich gedacht, dass aus so einem graunevollen Tag etwas so Wundervolles entstehen kann.

„Das würde mich sehr glücklich machen, Løve."

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Cupid Eric - COUPLED BY A CHILDWhere stories live. Discover now