inside out

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Serlina

"Verdammt, was macht sie hier? Ich will sie nicht sehen. Warum sollte es von Bedeutung sein, was sie sagt. Ich bin die Person, die jeden Tag an Erics Seite verbracht hat, nicht sie."

Frederik fuchtelt aufgebracht mit seinen Händen herum, während er im Flur des Gerichts auf und abläuft. Was in ihm vorgeht, kann ich mir nur ansatzweise vorstellen. Es ist alles meine Schuld. Ich bin der Grund, wieso er sich jetzt so fühlt. Ein grauenhafter Vorschlag, wieso habe ich nicht meinen Mund gehalten. Ich habe mich in etwas eingemischt, was ich nicht hätte tun sollen. Aber ich war verzweifelt. Ich habe es für Eric getan. Für ihn würde ich alles machen. Mit jedem Atemzug schließe ich ihn näher in mein Herz. Ich musste unsere Familie schützen, um jeden Preis.

"Es tut mir leid", spreche ich zaghaft aus.

Meine Stimme zittert vor Nervosität. Mein Atem stockt, als ich in seinen Gesichtsausdruck voller Schmerz und Wut blicke. Allein wegen mir.

"Du wusstest davon und hast es mir verschwiegen? Seit wann?"

Noch nie hat er in so einem Ton mit mir geredet. Seine tiefe Stimme trieft nur so vor Verachtung. Er ist unendlich verletzt.

Ich könnte Lügen, alles auf Riley schieben und das Retten, was noch zu retten übrig ist. Aber so bin ich nicht. Ehrlichkeit ist mir wichtig und es ist das Fundament einer Beziehung.

"Es war mein Vorschlag.", noch bevor ich meine Gründe für diesen Weg erklären konnte, funkelt er mich mit seinen blauen Augen zornig an.

"Das kann nicht dein Ernst sein, wie konntest du mir so in den Rücken fallen. Ich dachte, wir würden uns so nahe stehen. Uns alles erzählen können. Aber da habe ich mich wohl geirrt."

Jedes seiner Worte fühlt sich an wie ein Glassplitter, der sich in mein Herz bohrt. Ein glänzendes Fragment einer Größe, das darin einfach verschwindet, aber bei jedem Schlag schmerzt.

Als er weiter redet, ist es, als würde ich ertrinken. Die Luft wird mir abgeschnürt und das Wasser erdrückt mich. Lässt mich nicht mehr auftauchen. Ich sinke immer und immer tiefer.

"Genau in diesem Moment hasse ich dich. Und wenn ich Eric wegen dieser Aktion verliere, dann sind wir fertig.", mit diesen Worten dreht er sich um und geht.

Ich starre ihm hinterher. Sehe seinen Rücken in dem dunkelblauen Anzug, wie er zwischen den anderen Leuten verschwindet. Blicke noch immer in die Richtung, wo er gerade noch vor mir stand. Kann nicht fassen, was eben geschehen ist. Vergesse zu atmen. Mein Kopf ist leer. Da bin nur noch ich und das Pochen meines verwundeten Herzens.

Geistes abwesend laufe ich aus dem Gericht und durch die Straßen der Stadt. Ampeln, Straßenschilder und Autos ziehen einfach an mir vorbei. Wie ein Zombie bewege ich mich auf dem Fußgängerweg durch San Francisco. Erst bei lautem Kindergeschrei bleibe ich stehen und atme tief durch.

"Ich bin viel besser im Schaukeln als du Harris. Du schaukelst wie ein Baby", erklingt eine helle vertraute Stimme.

Als ich mich zu der Stimme drehe, muss ich erst einige Male blinzeln. Sehe ich da auch wirklich richtig?

Das Quietschen zweier Schaukeln ist zu hören und die schimpfende Antwort von Harris. Erics Freund Harris sitzt neben Caddy und versucht kräftig Schwung mit seinen Füßen zu holen, um so hoch zu fliegen wie das Mädchen.

Ich muss Eric vom Kindergarten abholen und hierhin haben mich meine Füße getragen. Meine Beine und mein Kopf kennen den Weg bereits so gut, dass ich ihn auch ohne funktionierenden Verstand oder geschlossenen Augen finden könnte.

Als ich durch die bunte Eingangstür des Gebäudes trete, werde ich von einem leicht gestressten Luca begrüßt. Ich winke ihm kurz zu und gehe dann in den kleinen Garten. Zwei Schaukeln, eine Rutsche und ein kleiner Kletterturm stehen auf der Wiese verteilt. In einem Sandkasten bauen ein paar der Kinder eine Burg. Alle sehen super niedlich aus in ihren Jacken und eingepackt in Mütze und Handschuhe.

Auch Eric trägt seine rote Mütze mit rundlichen Ohren und einen dünnen Schal um den Hals. Ich selbst trage bei diesen Temperaturen keine Winterkleidung, aber die Kleinen sind deutlich sensibler für die Kälte. Wenn sie dann noch stundenlang draußen spielen, dann sollten sie warm angezogen sein.

Als das Abholen von der Kita noch neu für uns beide war, ist er immer freudig auf mich zu gerannt, sobald er mich gesehen hat. Jetzt begrüßt er mich nur noch mit einem erfreuten Lächeln und sagt, er möchte erst noch etwas weiter mit den anderen spielen. An jedem anderen Tag würde ich mich zu Luca oder einer der Erzieherinnen setzen, mich bei einem Kaffee mit ihnen unterhalten, aber nicht heute.

Heute will ich ihn nur in meinen Arm nehmen. Zusammen mit ihm nach Hause gehen und auf dem Sofa zusammen einen seiner Kinderfilme sehen. Eine Story mit Happy End könnte ich jetzt gut gebrauchen.

Als ich auf seine Frage nicht wie sonst reagiere, mustert er mich kritisch. Ich erkenne Besorgnis in seinen Augen, die so sehr seinem Vater ähneln. Dann verabschiedet er sich von seinen Freunden, rennt zu seinem Rucksack und wir laufen mit seiner kleinen Hand in meiner los.

"Gibt es Probleme mit Daddy?", fragt er mich ängstlich, als wir vor einer roten Ampel stehen.

Ist es so offensichtlich? Selbst für so einen jungen Menschen. Oder bin ich einfach nur schlecht darin, meine Gefühle zu verstecken.

"Es ist alles in Ordnung. Es ist nur etwas passiert, von dem dein Dad nichts wusste. Und ihm hat es nicht gefallen. Aber du wirst sicher bald wieder bei ihm sein."

Das muss er. Frederik und Eric gehören zusammen.

"Wir.", erwidert er mit einer stark überzeugten Stimme.

Das wünsche ich mir auch, wenn es nicht schon zu spät dafür ist. Dieser Streit lässt sich nicht einfach wieder vergessen. Er wird für immer in seinem Kopf bleiben. Genauso wie seine Worte in meinem.

Angekommen in meiner Wohnung zieht sich Eric blitzschnell um und wirft sich dann auf mein Sofa. Kuschelt sich unter eine weiche hellgrüne Decke und schaltet den Fernseher an. Ich mache uns Kakao mit mini Marshmallows und dann lasse ich mich neben ihn fallen. Das warme Getränk in meinen Händen und die schokoladige Flüssigkeit in meinem Mund entspannen mich. Eric lehnt seinen Kopf an mich an, während wir Alles steht Kopf schauen. Trotz der Lautstärke des Films vermischen sich die bunten Farben der Figuren vor meinen Augen, welche mir nur wenige Sekunden später erschöpft zufallen.

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Cupid Eric - COUPLED BY A CHILDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt