Christmas Eve

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Serlina

Während Eric und ich uns aus unseren Jacken schälen, werden wir vom herzhaften Svineribbe und süßen Julekaker Geruch empfangen. Die Kerzen müssen alle noch angezündet und dann erstrahlt das gesamte Haus in Weihnachtsstimmung. Der Weihnachtsbaum ist voll von rot-weißen Julehjerter. Die geflochtene Weihnachtsherzen haben Eric und ich in der Vorweihnachtszeit gebastelt, wenn wir nicht Plätzchen gebacken oder diese gegessen haben. Dad und Espen holen sich ihr Weihnachtsbier und bringen aus der Küche Julebrus für Eric mit. Auch ich habe als Kind die süße Limonade an Heiligabend immer getrunken und liebe sie noch jetzt.

In der Kirche wollte die Zeit einfach nicht vergehen, sie hat sich gezogen wie ein zäher Kaugummi. Eric hat sich an mich gekuschelt, dennoch hat etwas gefehlt. Er hat gefehlt. Obwohl wir telefonieren, ist es ohne ihn unerträglich. Nicht nur für mich, sondern auch Eric leidet. Es tut mir jedes Mal weh, wenn er nach ihm fragt. Der enttäuscht traurige Ausdruck in seinen blauen Augen werde ich nie vergessen können. Genauso wenig wie seinen Albtraum. Immer noch habe ich seine vergeblichen Rufe im Ohr. Er sollte bei seinem Vater sein dürfen. Der Mann, der seit der ersten Sekunde für ihn da war.

Als es an der Tür klingelt, wünsche ich es wäre Frederik. Obwohl ich weiß, es wird auch an Weihnachten keine Ausnahme gemacht, hoffe ich sehnlichst, er stünde vor der Tür. Für Eric wäre es das tollste Geschenk der Welt. Endlich wieder seinen Dad in die Arme schließen.

"Begeisterung sieht anders aus. Bin ich dieses Jahr nicht eingeladen?", scherzt Maggie, die festlich gekleidet in einem roten Kleid auf der Türschwelle meiner Eltern steht.

Das Weihnachtsfest ihrer Familie findet wie bei so vielen andere Amerikaner erst am 25. Dezember statt, weswegen sie uns schon immer ein Tag vorher Gesellschaft geleistet hat. Wir kennen uns schon so lange, sie gehört zur Familie, deshalb darf sie an so einem besonderen Tag nicht fehlen.

Nachdem sie überprüft hat, dass Eric uns nicht beobachtet, drückt sie mir eine große Tüte voller Geschenke in die Hand.

"God jul!", wünscht sie uns frohe Weihnachten auf Norwegisch mit einem starken amerikanischen Akzent, während sie sich an mir vorbei in das Haus zwängt. Winzige Brocken der Muttersprache meiner Mom hat sie im Laufe der Zeit von mir und meiner Familie gelernt. Besonders meine Mutter bringt jedem, der daran interessiert ist, Norwegisch bei.

Unauffällig platziere ich Maggies Geschenke neben den anderen unter den Weihnachtsbaum. Von Eric ist nichts zu sehen, denn dieser ist in die Küche verschwunden und schaut meiner Mutter beim Kochen zu. Wobei ich eher vermute, dass er schon von allem etwas naschen wollte. Und so wie ich meine Mutter kenne, kann sie seinem Hundeblick nichts abschlagen. Vor allem seit er zu Frederik keinen Kontakt haben darf, umsorgt sie ihn sehr. Da hat sie noch etwas gemeinsam mit Lene. Frederiks Mutter ruft öfter an als sonst jemand und sie und ihr Mann kommen mehrmals die Woche vorbei, um nach Eric zu sehen.

Ich lasse mich auf das weiche Leder des Sofas fallen, um mich danach gleich wieder zu erheben. Einen kleine blonden Hinterkopf entdecke ich vor einem der Fenster neben der Tür. Der Mittelgroße Lorbeerbaum unserer Nachbarn wirft seinen Schatten so weit, dass Eric die Abendsonne nicht mehr trifft. Nur das Licht der Kerzen und das Funkeln der Weihnachtskugeln lassen sein helles Haar aufleuchten. Er hofft, dass sein Dad durch die Tür laufen wird. Dabei hatten wir versucht es ihm zu erklären. An dem Tag im Jahr, an dem alle Menschen bei ihren Familien sind, darf er nicht bei einem wichtigen Teil von seiner sein. Bei der beständigsten Personen in seinem Leben. Frederik, seine Eltern und Flynn werden in Lenes und Mads' Haus feiern, aber bis auf Frederik könnten sie später noch dazu stoßen. Es lächerlich, dass wir überhaupt getrennt werden.

Ich bin mir nicht sicher, wann sich meine Furcht, die beiden zu verlieren, in Wut verwandelt hat. Auf Markus und Harriet, auf den Richter und alle anderen, die mit dem Prozess zusammenhängen. In solchen Momenten wäre ich gerne ein Löwe, würde mein Junges vor allem und jedem beschützen. Aber kann ich das wirklich? Was, wenn ich Eric genauso leicht verliere wie Alva? Der Schmerz und der Verlust werden nie weniger. Manche Menschen sagen, die Zeit verheilt alle Wunden, aber manche sind vielleicht zu tief und Narben bleiben. Spurlos wird nichts an einem vorbeigehen.

Die alten Dielen knarren, als ich mich neben ihn auf den Holzboden setze. Er blickt noch immer wachsam durch die Glasscheibe. Es wirkt so, als hätte er Angst zu blinzeln, dass er seinen Dad nicht verpasst. Ein dumpfes Klopfen ist zu hören und Eric schreckt auf und schaut zu mir. Seine blauen Augen richten sich auf meine geballte Faust, die sich am liebsten durch die Dielen bohren möchte. Erst jetzt durchfährt mich der Schmerz und ich verziehe das Gesicht.

"Kann ich meine Weihnachtsliste noch ändern?", fragt er mich, als er sich neben mich unter das Fenster setzt. Sein Blick weiterhin festgefahren nach draußen.

Als Erwachsener hat man meist keine Weihnachtswunschliste mehr, besonders nicht für Julenissen, den Weihnachtsmann oder das Christkind. Wenn ich heute eine machen müsste, würden da keine materiellen Dinge stehen, so wie früher als Kind vielleicht. Ich würde mir wünschen, dass meine Familie und meine Freunde glücklich und gesund sind. Dass wir die Verhandlungen hinter uns haben und endlich wieder alle zusammen leben dürfen. Ich würde mir ein Wiedersehen mit Alva ersehnen. Nie habe ich mir wirklich Gedanken über das Heiraten gemacht. Ich war nie eines dieser Mädchen, die von einer Märchenhochzeit in einem Prinzessinnenkleid geträumt hat. Eine lebenslange Partnerschaft mit Vertrauen und so viel Liebe, um sie auch unseren Kindern zu schenken zu können, hatte für mich nie etwas mit einem Versprechen vor einem Standesbeamten oder Priester. Beides Fremde Menschen, die einen nicht wirklich kennen. Jetzt finde ich die Vorstellung von einer kleinen Hochzeit am Strand sehr verlockend.

"Ich wünsche mir das Gleiche wie du, vielleicht funktioniert ein doppelter Wunsch besser als ein Einzelner."

Dabei wendet er sein zartes Gesicht zu mir, seine Augen werden ganz groß und dann nickt er ganz wild, keine Sekunde später drückt sich an mich. Viel zu oft in der letzten Zeit sind wir am Boden, spüren die Kälte unter uns. Die Schwere, die uns nach unten drückt. Nur gemeinsam können wir wieder aufstehen und weiterkämpfen.

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🎉 Vielen lieben Dank für die 25 k ❤ Es freut mich unglaublich, dass euch die Story so gut gefällt. Dankeschön an alle Leser und Leserinnen. Vielen Dank an alle, die so fleißig Voten 💕. Ich freue mich immer sehr über jede(n) Leser*in, jedes Vote und jeden Kommentar.

PS: Hoffentlich gefällt euch das Weihnachtskapitel trotz der falschen Jahreszeit :) Dieses ist vornehmlich durch mein Hygge Adventskalender entstanden, der mir die Weihnachtszeit 2021 verschönert hat.

PrincessMapleLeaf ❤

Cupid Eric - COUPLED BY A CHILDWhere stories live. Discover now