black and white

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Frederik

Zusammen mit Eric sitze ich am Esstisch und stopfe mir schweigend mein Porridge in den Mund. Ich zähle im Gegensatz zu den Hipstern und Gesundheitsfanatikern nicht zu den Menschen, die diesen Haferbreimist gerne essen. Den Geschmack machen weder die Früchte noch die Nüsse wieder wett.

Serlina ist schon früh zum Krankenhaus aufgebrochen, was bedeutet Eric und ich sind heute lange allein. Obwohl es jahrelang genau so war, nur er und ich, ist es ungewohnt. Eric ist noch immer so redselig wie seit ihrem Kennenlernen, aber sie fehlt. Das Frühstück ohne sie fühlt sich nicht richtig an.

„Dad! Können wir auch ein Haustier kaufen. Es muss auch nicht etwas Großes sein. Kein Pony, nur eine Katze oder ein Hund. Oder eine Schildkröte oder ein Hase? Am liebsten diese weißen Hunde mit den dunklen Flecken aus dem Film. Den mit der bösen Frau mit den komischen Haaren. Oder so eine Katze wie Harris?", kommt es quengelnd von Eric.

Seit er Harris Haustier kennengelernt hat, fragt er pausenlos auch nach einem. Eigentlich spricht nichts dagegen, aber ich habe momentan schon genug um die Ohren, da kann ich nicht auch noch einen Welpen stubenrein machen oder mich um eine Katze kümmern. Denn Eric will das Tier streicheln und ihm Leckerlis geben, das richtige Füttern, Gassi gehen, Tierarztbesuche und Sonstiges bleibt dann an uns hängen. Wäre Chris Hund kein Assistenzhund, könnte er mit Sky spielen. Dann bräuchten wir nicht einen eigenen Hund.

Wortlos ignoriere ich seine erneute Bitte. Wenn ich Nein sage, versucht er zu diskutieren und dann knicke ich vielleicht ein. Das Thema sollte ich erst mit Serlina besprechen, wo sie nun auch hier wohnt.

Da wir alle zu beschäftigt sind für einen großen Umzug, zieht sich dieser in die Länge. Ein Unternehmen damit zu beauftragen wäre schneller, aber für die Vorbereitung haben wir auch keine Zeit. Lediglich ein, zwei Koffer voller Kleidung und Dinge für den alltäglichen Gebrauch haben es in unser Haus geschafft.

Um ehrlich zu sein, war ich sehr neugierig auf ihr Shampoo. Der Apfelgeruch ihrer dunklen Haare ist zu himmlisch. Eigentlich hatte ich vor mir eine geringe Menge davon zu stibitzen und für meine Auswärtsspiele mitzunehmen. Leider musste ich feststellen, dass es keine Flüssigkeit ist, von der ich unbemerkt etwas wegnehmen konnte. Fast alle ihrer Kosmetika und Duschartikel sind feste Produkte. Und natürlich steht zu meinem Leid kein Hersteller auf diesen. Vermutlich wird irgendwann die hellgrüne Seife ihren Weg in meine Sporttasche finden. Damit ich ihren Duft jeder Zeit riechen kann, auch wenn uns Meilen voneinander trennen.

„Dad? Melissa hat nach dir gerufen. Wegen einem Brief", informiert mich Eric lautstark.

Den hatte ich ganz vergessen. Das Schreiben von Lawrence and Kruger, einer Anwaltskanzlei aus Bosten. Ich hatte ihn nie geöffnet und irgendwann lag er nicht mehr an seinem Platz. Normalerweise bin ich bei Post vor allem bei wichtiger, nicht so nachlässig. Für gewöhnlich ist mein Leben auch nicht so stürmisch.

Im nächsten Moment flattert der Brief neben mein Porridge auf den Tisch. Am liebsten würde ich es weiter aufschieben. Ich habe keinen blassen Schimmer, was die Anwälte von mir wollen. Und bei Boston habe ich ein ganz übles Gefühl.

Meine Hände wische ich an meiner Jogginghose ab, bevor ich vorsichtig den Umschlag öffne und das Briefpapier heraushole. Ängstlich öffne ich das weiße Schreiben. Anwälte wollen nur selten etwas Gutes, vor allem dann nicht, wenn man sie nicht selbst beauftragt hat.

Es kann nur etwas Privates sein, denn Berufliches wird von Angestellten der Otters geregelt. Da muss man sich als Spieler nicht kümmern.

Noch ein letzter Blick werfe ich auf Eric, der mich aufmerksam beobachtet, danach fokkusiete ich mich wieder auf den Brief.

Schwarze Tinte auf weißem Papier, das professionell aussehende Logo der Kanzlei und Wörter, die meine Welt zum Einstürzen bringen.

Harriet Reed will mir meinen Sohn wegnehmen. Dabei kennt sie weder mich noch ihn. Wut steigt in mir auf. Am liebsten würde ich das Blatt zerreißen. In winzige Einzelteile vernichten. Niemand darf mir meinen Sohn wegnehmen!

Nur den Nachnamen kenne ich zu gut. Kann es ein Zufall sein? Reed in Kombination mit Boston. Sie müssen verwandt sein. Olivia Reed, Erics leibliche Mutter. Wobei sie außer seiner Geburt nichts dazu beigetragen hat. Sie war nie Teil seines Lebens und jetzt will mir irgendeine Verwandte von ihr mein Kind rauben.

Ich verliere mich in der Wut, der Furcht, dem Hass auf diese Frau. Wie kann man einem Vater, der das alleinige Sorgerecht hat, das Kind entziehen wollen? Wie grausam muss man sein?

Kaum hat sich alles wieder beruhigt gehabt, bricht diese Neuigkeit wie ein Tsunami über mich hinüber.

Ich steööe mich nicht gut darin an, meine Gefühle zu verbergen, weshalb  Eric besorgt auf meinen Schoß klettert. Er kuschelt sich an mich und drückt mich ganz fest. Vermutlich mache ich ihm Angst und er macht sich Sorgen. Bin ich wirklich so ein schlechter Vater? Während der Saison bin ich ständig unterwegs, da bleibt viel zu wenig Zeit für mein Liebling. Für die wichtigste Person in meinem Leben. Ich würde alles aufgeben, um ihn bei mir zu haben.

Abwesend streiche ich ihm durch sein weiches Haar. Mein Shirt hat er mit Erdnussbutter vollgeschmiert, die noch vorher an seinen Mundwinkeln geklebt hatte. Ich sauge seinen Geruch in mich auf und versuche mir jedes Detail einzuprägen. Er riecht nach PB&J und Ozean von seinem Piratenduschgel. Mit seinen dünnen Armen klammert er sich an mich.

Mir ist nicht mehr bewusst, wie lange wir auf diesem Stuhl so dasitzen. Irgendwann wird mir ein Handy an mein Ohr gedrückt. Nur redet keiner. Niemand meldet sich. Ich bin unsicher, wer auf der anderen Seite der Leitung ist. Flynn, meine Mom oder doch Serlina?

„Du ermutigst ihn, bist für ihn da und liebst ihn. Sein Wohlergehen, sein Glück und seine Sicherheit seht bei dir immer an erster Stelle. Das kann jeder sehen und das werden sie auch erkennen. Flynn und ich sind gleich da. Du verlierst gerade den Boden unter deinen Füßen, aber wir werden dich auffangen. Immer", kommt es durch den Lautsprecher gehaucht.

Auch sie verliert den Halt. Erst seit Kurzem sind wir eine Familie und schon jetzt werden wir auseinandergerissen.

Ich weiß nicht was Flynn für mich tun kann, aber ich werde Serlina in meine Arme schließen und sie nie wieder loslassen. Genauso wenig wie Eric.

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Cupid Eric - COUPLED BY A CHILDWhere stories live. Discover now