9 | Ciao

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Er zog sich ganz langsam wieder aus mir heraus und völlig fertig ließ ich mich seitlich ins Bett fallen, um irgendwie gedanklich zurück in meinen Körper zu finden, der sich von dieser anspruchsvollen Hingabe mehr als nur ausgelaugt fühlte.

"Also dann, Ludovica", hörte ich seine dunkle Stimme hinter mir und zog mir in dem Moment die Augenbinde ab, wodurch ich einen kurzen Moment brauchte, um mich an das Licht hier im Raum zu gewöhnen.

Ich drehte mich in seine Richtung und war völlig perplex, als er wieder vollkommen bekleidet vor dem Bett stand und mich ausdrucklos musterte.

Von einer auf die andere Sekunde kam er mit so weit entfernt vor, dass ich kaum glauben konnte, was eben passiert war.

"Man sieht sich", meinte er leicht grinsend und wollte sich gerade zur Tür wenden, da zog ich mir aber schnell die rote Decke um meinen Körper und hielt ihn an seinem Arm fest, woraufhin er mich mahnend ansah.
"Nicht anfassen", sprach er streng und ich zog fassungslos über seine plötzliche Kälte meine Hand von ihm zurück, um ihm wütend in seine kalten, blauen Augen zu sehen.

"Was ist mit dem Geld?", wollte ich wissen und er lachte flüchtig, um mir einen sanften Kuss auf meine Wangen zu hauchen.

"Ciao."

Und weg war er, als hätte es ihn nie gegeben...

"So ein Mistkerl!", fluchte ich aufgelöst und suchte hektisch nach meinem Slip, um mir diesen schnell wieder überzuziehen. Flüchtig fiel mein Blick auf die Handschelle an meinem Handgelenk und mir fiel auf, dass ich nichtmals wusste, wo er den verdammten Schlüssel hingelegt hatte.

Sauer, wütend und gleichzeitig auch irgendwie total aufgewühlt durchsuchte ich das gesamte Bett, wo ich zu meiner Erleichterung dann auch den kleinen Schlüssel fand, mit dem ich schnell die Handschellen entfernte, um mich dann frustriert meinem zerissenen Kleid zuzuwenden.

"Das kann ich wohl nicht mehr anziehen", hauchte ich überlegend und riss im nächsten Moment den roten Überzug von der Decke, um unten zwei Löcher reinzureißen und ihn mir wie einen Sack überzuziehen.

Ich sah wahrscheinlich absolut lächerlich aus, aber immer noch besser als nur im Slip den Raum zu verlassen.

Schnell huschte ich durch den Flur zu den Treppen, bis ich plötzlich spürte, dass etwas feuchtes meine Beine herablief, was mich sofort erstarren ließ. Erschrocken zog ich das Bettlaken etwas nach vorne, um mit einem Blick auf meine Beine festzustellen, dass ich leicht blutete, was mir in dem Moment einen Schock hervorrief, den ich nicht hatte kommen sehen.

Tränen fingen an sich in meinen grünen Augen zu sammeln und kraftlos ließ ich mich auf der obersten Stufe der Treppe nieder, um weinend mein Gesicht in meine Hände fallen zu lassen.

Jetzt, hier ganz alleine, ohne seine beruhigende Art und ohne die ganze Erregung, fühlte ich mich plötzlich vollkommen beschissen und einsam, gleichzeitig auch ausgenutzt und beschämt und am liebsten wäre ich nie wieder unter Leute gegangen...

Es verging sicher eine Weile, denn während ich weinend dasaß, kamen immer Mal wieder Männer mit Frauen an mir vorbei, die mich allesamt mitleidig musterten und sich trotzdem auf ihren kurzen Fick zu freuen schienen.

"Ludo?", hörte ich dann Ginos Stimme und sah ihn wenige Sekunden später auch durch meine von Tränen verschleierten Augen an.

"Ich hasse dich", schluchzte ich heulend und als er dann auch noch nach meiner Hand greifen wollte, schlug ich wild um mich, doch er hörte einfach nicht auf und zog mich am Arm hoch, sodass er mich fest in seine Arme schließen konnte.

"Ich weiß", flüsterte er und drückte mich fest an seine Brust. "Das geht vorbei."

"Bring mich hier weg", wimmerte ich beschämt und mit meinen Kräften am ende und auch, wenn ich wusste, das Gino ein blödes Arschloch war, genoss ich seine Nähe in diesem Augenblick.

"Wir fahren jetzt", meinte er mitfühlend und hob mich behutsam auf seine Arme, um mit mir vorsichtig die Treppen herunterzulaufen.
Ich schmiegte mein verheultes Gesicht an seine starke Brust und krallte meine Hände in seine Schulter, bis ich die kühle Luft um mich herum bemerkte und mich neugierig umsah.

Wir waren schon auf dem stockdunkelen Parkplatz angekommen und erst, als wir an seinem Wagen ankamen, ließ er mich herunter und öffnete mir die Beifahrertür, damit ich schnell auf dem Sitz Platz nehmen konnte.

"Hör mir zu", meinte er und hockte sich neben die Tür, um mitfühlend zu mir aufzuschauen. "Geschäft ist Geschäft und glaube mir, ich bin kein guter Kerl, aber ich werde dich jetzt mit zu uns nehmen, damit du dich ausruhen kannst, ehe wir dann sehen, wie es mit dir und den Schulden weitergeht. Ist das okay?"

Ich nickte nur immer noch weinend und Gino erhob sich, um die Tür des Wagens zu schließen, ehe er dann auf der Fahrerseite einstieg und den Motor startete. Der Nachthimmel über uns und die Musik laut in meinen Ohren, konzentrierte ich mich nur noch darauf, aufzuhören zu weinen, während meine Gedanken immer wieder zu dem Unbekannten flogen.

Die Gefühle, die er mit seinen Berührungen in mir ausgelöst hatte, waren gleichzeitig wunderschön und doch so schmerzhaft, dass sie sich fest in meinen Verstand einbrannten. Ich wusste nichtmals mehr, ob ich weinte, weil er mich entjungfert hatte, oder weil ich den Gedanken hatte, ihn nie wieder zu sehen und das alles nie wieder empfinden zu können.

Es kam mir alles wie ein Traum vor, der immer mehr zu verschwimmen drohte.

Das war alles neu und zu viel für mich, genau deswegen schloss ich auch meine Augen und versuchte mich weiterhin zu beruhigen, während Gino den Wagen sicher durch die dunklen Straßen lenkte.

"Wir sind da", riss er mich nach einiger Zeit aus meiner Starre und absolut erschöpft fiel mein Blick auf die riesige Villa, die mir immer noch so fremd erschien, obwohl ich schonmal hier war.

Ich sagte nichts und spielte nervös mit meinen Fingern und auch Gino sagte kein Wort mehr. Er stieg aus, lief um den Wagen herum und öffnete mir die Tür, um mir seine Hand zu reichen und mir herauszuhelfen.

"Gino?", versuchte ich seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken und sah ihn fragend an.

"Ja?"

Er schob mich am Rücken zur Haustür, öffnete diese und lief mir voraus anschließend noch die Mamortreppe hoch.

"Bitte bring mich nicht nochmal dahin", meinte ich flehend und bekam von ihm nur einen irritieren Blick.

"Ruh dich aus. Wir reden morgen", meinte er auf meine Bitte hin und öffnete mir die bekannte Zimmertür, durch welche hindurch ich wieder in dem Raum war, in dem ich mich schon heute Mittag befunden hatte.

"Dort hinten die Tür ist das Badezimmer."

Gino schloss die Tür und da stand ich wieder. Vollkommen alleine und nicht im Wissen, wie mein Leben jetzt wohl weitergehen würde...

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Those blue eyes Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt