43 | Polizist

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Gino zog mich mit sich zu seinem dunklen BMW und hielt mir noch zuvorkommend die Tür auf, um mich kurz in meinem Kleid zu mustern, dass eigentlich nicht Mal meins war.

"Alles okay?", erkundigte er sich und holte dabei ein Taschentuch heraus, dass er mir plötzlich reichte. Ich verstand erst nicht, wieso er das tat, da ich nicht weinte oder so, bis ich begriff, dass Giovanna mir ins Gesicht gespuckt hatte.

Wie peinlich!

Mit roten Wangen nahm ich das Taschentuch eilig entgegen und fuhr mir mit diesem über mein Gesicht, um Gino dann nochmals flüchtig zu mustern.

"Ja, alles okay. Danke."

Ich ließ mich auf den erwärmten Ledersitz fallen und während Gino die Tür schloss, sah ich nochmals wehmütig zur Haustür herüber. Im Grunde hatte ich niemandem etwas getan und doch, waren irgendwie alle gegen mich. Von Dario hatte ich nicht mehr erwartet, da er sowieso selbst in einer beschissenen Situation gefangen schien, doch wenigstens Enzo hätte dieses Biest ruhig stellen müssen...

Doch ausgerechnet er war es ...

Ich richtete meinen Blick auf Gino, der gerade den Motor startete und sich eine Sonnenbrille anzog. Als wäre es meine Pflicht, mich ihm irgendwie dankbar zu zeigen, legte ich wie ferngesteuert meine Hand auf seine, mit der er in dem Moment den ersten Gang einlegte.

"Willst du gar nicht wissen, wieso Giovanna so ausgerastet ist?", wollte ich von ihm wissen, doch er schüttelte kaum merklich den Kopf, verschränkte seine Hand mit meiner und fuhr dabei aus der Einfahrt hinaus.

"Menschen wie sie brauchen keine Gründe. Sie ist einfach krankhaft eifersüchtig auf alles und jeden", erklärte er und sah flüchtig zu mir herüber. "Außerdem habe ich anderes im Kopf, piccola anatra. Ich hab immer noch keine Ahnung, welcher Bastard auf dich geschossen hat."

Er drückte meine Hand kurz etwas zu fest, wodurch ich nur zu gut spürte, wie viel Hass er darauf empfand und sofort legte ich meine andere Hand auch noch schützend auf seine, um mit meinen Fingern beruhigend über seine Haut zu fahren. Mir war überhaupt nicht klar, wieso ich plötzlich das Bedürfnis hatte, dass es ihm gut gehen würde, aber ich erklärte es mir damit, dass er in diesem Augenblick der Einzige zu sein schien, der sich um mich sorgte.

Wie ironisch, wenn man bedenkt, dass er mich anfangs beleidigt hatte und sogar verkaufen wollte...

Den Rest der Fahrt schwiegen wir und mit geschlossenen Augen genoss ich das Gefühl der Sonne auf meiner Haut, während ich versuchte gedanklich vollkommen abzuschalten, was mir aber nicht ganz gelang.

Innerlich war ich jedenfalls Enzo über eine Sache dankbar. Dankbar darüber, dass er mich zwang, mich von Dario fernzuhalten. Jetzt hatte ich keine Wahl mehr, zumindest fühlte es sich so an und Mal wieder hatte jemand anders die Kontrolle über mich und meine Entscheidungen übernommen. Es schien mein Schicksal zu sein, nicht selbst über mein Leben zu bestimmen und auch wenn es gut tat, fühlte es sich trotzdem nicht richtig an.

Shit Happens!

Als der Wagen plötzlich zum Stehen kam, blinzelte ich mehrere Male und erkannte dann den Club, der im Hellen sehr viel friedlicher wirkte als bei dunkler Nacht.

Gino entzog mir seine Hand, stieg aus und ich tat es ihm gleich, um ihm anschließend zum Eingang zu folgen. Es wunderte mich, dass die Tür einfach offen war, doch drinnen in der kühlen, wenn auch nach Qualm riechenden Luft, bemerkte ich schnell wieso.

Mehrere Putzfrauen kümmerten sich um den Boden über den wir liefen und im großen Raum angekommen, sah ich noch einige Frauen, die Gläser polierten und die Theke wischten.

Those blue eyes Where stories live. Discover now