33 | Fahrschule

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Mein Herz schlug so dermaßen schnell, dass ich unbewusst aufhörte zu atmen und mich erst wieder einigermaßen entspannen konnte, als ich Nicolo erschrocken in seine geweiteten Augen sah.

"Ich wollte dich nicht erschrecken", meinte er entschuldigend auf meinen wahrscheinlich völlig irren Blick und sofort schüttelte ich lächelnd den Kopf.

"Hast du nicht", log ich und kicherte unbeholfen, um dann ganz in Ruhe seine Aufmachung zu betrachten. Er hatte wie immer einen Jogginganzug an, dieses Mal in weiß und hellblau gehalten und fuhr sich mit dem Blick auf sein Handy kurz durch seine dunklen Haare, bis er sich wieder mir zuwandte.

"Also, wir sollten in einer Stunde los", erklärte er lässig und ich nickte ihm zustimmend zu, um ihm dann schweigend den Gang entlang zu folgen.

Fahrschule... Wenn ich so darüber nachdachte, wäre es gar nicht schlecht selbst fahren zu können, aber dadurch, dass ich in der Schule schon mehr schlechte als gute Erfahrungen gemacht hatte, nahm mir diese Erinnerung irgendwie die Lust daran...

Frustriert verdrehte ich meine Augen, um anschließend die Treppen herunterzutapsen, wo ich im Eingangsbereich angekommen Gino, Dario und Enzo auf italienisch diskutieren hörte.

Alle drei schauten plötzlich in meine Richtung und als sie dann auch noch abrupt aufhörten zu sprechen, wich ich ihren Blicken verlegen aus und folgte schnellen Schrittes Nicolo ins Wohnzimmer.

"Was ist mit denen?", wollte ich unsicher wissen und drehte mich nochmals herum, doch die drei waren bereits nach draußen verschwunden.

Ob sie wohl über mich redeten ....

"Kein Plan. Interessiert mich auch nicht wirklich", gab Nicolo mir schulterzuckend zurück und es wurde mir immer unbegreiflicher, dass er Dario und Ginos Bruder sein sollte. Er war so ... Naja, normal eben. Nicht die geringste Ausstrahlung eines Mafiosis ging von ihm aus...

"Mich auch nicht", flüsterte ich eher zu mir selbst und ließ mich dabei auf einem der Stühle am Esstisch nieder, wo ich wenigstens Brötchen und allerlei Aufschnitt vorfand, was mich dann doch etwas von meinem Grübeln über Alles ablenkte.

Ich bediente mich einfach selbst, goss mir nebenbei noch einen Kaffe ein und nahm mir die Zeitung, die auf dem Platz vor Enzos Stuhl lag, um gedankenverloren in ihr herumzublättern.

Palermo schien von außen betrachtet und für die Touristen sicher friedlich, doch als ich bei den vielen Todesanzeigen ankam, wurde mir plötzlich ganz anders.

Viele Mädchennamen und kaum eine war älter als ich... Ich war mir sicher, dass sie nicht eines natürlichen Todes gestorben sind.

Mit einem flauen Gefühl im Magen faltete ich die Zeitung wieder zu und legte sie Order zurück, um den Rest meines Kaffes damit zu genießen, aus der Fensterfront vor mir zu schauen, bis ich Hände auf meinen Schultern spürte und leicht zusammenzuckte.

"Wenn ihr jetzt los wollt, dann kann Dario euch fahren", ließ Enzo mich wissen und entfernte seine Hände anschließend wieder von meinen Schultern, um sich auf seinem Platz am Kopfende niederzulassen.

Mein Blick fiel unsicher zu ihm und als er mich abwartend auf eine Antwort ansah, wich ich ihm aus sah herüber zur Couch, wo Nicolo saß und nur uninteressiert mit seinen Schultern zuckte.

Ich wollte nicht mit Dario in einem Auto sitzen. Es war mir schon unangenehm genug, überhaupt in dieser beschissenen Situation zu sein und mit ihm unter einem Dach zu leben. Dazu hatte er mich sozusagen beim Sex mit einem anderen gesehen ... mit meinem Verlobten... So langsam kam ich mir wirklich schäbig vor, beiden in kürzester Zeit meinen Körper gegeben zu haben, doch ich wusste ja, dass ich bei Dario, wie auch bei Gino, keine andere Wahl hatte, was es aber auch nicht besser machte...

Those blue eyes Where stories live. Discover now