15 | Nervosität

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Mit erhitzten Wangen und angehaltem Atem wartete ich angespannt darauf, ob Dario über meinen Ausrutscher ausrasten würde, doch es passierte nichts dergleichen.

Im Gegenteil.

Er nahm sich eine der Servietten, rieb sich ganz in Ruhe damit den Rest des Rotweins aus seinem Gesicht und sah mich ohne Ausdruck an, während ich wieder bemerkte, dass er auf seine Uhr tippte. Diesesmal genau drei Mal.

Hatte er einen Tick oder wollte er mir damit etwas mitteilen? So langsam machte dieses bewusste tippen mich wirklich nervös.

"Das Thema Kinder scheint dich sehr aus der Fassung zu bringen", schlussfolgerte Enzo meine Reaktion und ich löste meinen Blick nur widerwillig von Dario, um meinen zukünftigen Schwiegervater ins Visier zu nehmen.

"Ich habe noch nicht wirklich darüber nachgedacht, ob ich überhaupt welche haben will", gab ich schüchtern zu und sah flüchtig neben mich zu Gino, der aber nur Augen für sein Handy hatte und von unserem Gespräch wohl kaum etwas mitbekam.

"Solltest du jetzt aber", gab Enzo mir trocken zurück und ich war heilfroh, als ich zwei Angestellte mit dem Essen auf Platten in ihren Händen hinter ihm entdeckte und das Thema dadurch unterging. Als würde ich mir jetzt Gedanken über meinen Nachwuchs machen...

Sie stellten die Platten genau in der Mitte des langen Tisches ab und ich begutachtete das wohlriechende Rindfleisch und das wirklich knackig aussehende Gemüse.

Enzo nahm sich als erstes von allem etwas auf den Teller, ehe dann Gino dran war und auch meinen Teller füllte.

"Danke", flüsterte ich ihm zu, doch mehr als ein flüchtiges Lächeln hatte er für mich nicht übrig, was mir auch mehr als genug war.

Das restliche Beisammensein lief relativ ruhig ab. Enzo sprach mit Giovanna über die bevorstehende Hochzeit, Nicolo spielte neben mir auf seinem Handy herum und Gino und Dario schienen mit ihren Gedanken beschäftigt, genau wie ich.

"Ludo?", riss Enzo mich irgenwann aus meiner Starre, in der ich nur schweigsam auf meinen bereits leeren Teller starrte. "Schreib bitte auf welche Größe du hast und was du alles an Kleidung brauchst. Ich werde ein Dienstmädchen losschicken."

"Ich würde mir meine Klamotten aber lieber selbst aussuchen", gab ich ihm zurück und spürte plötzlich, wie mich jemand unter dem Tisch leicht anstupste.

Mein Blick fiel auf Dario, der kaum merklich den Kopf schüttelte und sofort wieder herunter auf seinen Teller sah. Ich wusste nicht wieso, aber ich nahm seinen stillen Befehl wahr und wandte mich erneut an Enzo.

"Oder ich schreibe dir einfach meine Größe auf, das wird schon gehen", lächelte ich halbherzig und wandte mich Nunzio zu, der neben Dario saß und mit hochgezogener Augenbraue zwischen mir und seinem Cousin hin und hersah. Vermutlich hatte er gemerkt, dass Dario den Kopf geschüttelt hatte, doch selbst wenn, sagte er nichts dazu und stand als erster von uns von dem Tisch auf.

"Ich muss leider noch einiges erledigen. Wir sehen uns morgen", verabschiedete er sich höflich und nachdem er in den Flur verschwunden war, standen auch die anderen alle auf. Alle, bis auf mich und Dario.

Ich sah noch neugierig dabei zu, wie Nicolo es sich wieder auf der Couch bequem machte und Enzo mit den anderen beiden in die Küche verschwand, bis mein Blick auf Dario traf und er mich regelrecht fixierte.

"Hör auf damit", bat ich leise, woraufhin er seine Stirn runzelte und sich etwas vorbeugte. Obwohl sich immer noch ein Tisch zwischen uns befand, konnte ich sein Parfum fast schon schmecken, was mich unbewusst tief einatmen ließ.

"Mit was soll ich denn aufhören?", fragte er herausfordernd und ich spürte dabei plötzlich seine Hand unter dem Tisch, die sich langsam über mein Knie bis zu meinem Oberschenkel hocharbeitete und mir damit eine angenehme Gänsehaut bereitete.

"Damit, mich nervös zu machen", teilte ich ihm stotternd mit und unterdrückte ein aufschreien, als er seinen Griff um meinen Oberschenkel ohne Vorwarnung verstärkte und mir damit leichte Schmerzen zufügte.

Ja, es tat weh, aber verdammt, es erregte mich auch auf eine für mich nicht verständliche Weise, was mich augenblicklich erröten ließ.

"Gino wird gleich arbeiten gehen und Giovanna geht mit ihren Freundinnen aus. Ich erwarte dich in deinem Zimmer und zwar nur in diesem Kleid", flüsterte er mir über den Tisch zu und ich schaute ihn fassungslos mit offenem Mund an, ehe ich eine Hand an meiner Schulter spürte und mich dadurch fast zu Tode erschreckte.

"Mein Gott", hauchte ich panisch und fasste mir flüchtig an mein schnell pochendes Herz, ehe ich mich Gino zuwandte, der mir an der Hand auf die Füße half und sich danach genau vor mich stellte.

"Ich muss los", erklärte er mit seinem kalten Blick und nachdem ich nickte und mich schon meiner Ruhe vor ihm erfreute, beugte er sich plötzlich zu mir herunter und drückte mir seine Lippen fordernd auf meine, wovon ich völlig überrascht meine Augen schloss und es widerwillig über mich ergehen ließ.
Erst, als er sich wieder von mir löste und mich noch kurz ansah, kam ich wieder zu Atem und sah ihm noch hinterher, wie er zur Tür herauslief und mich vollkommen perplex zurückließ.

Ich zwang mich nicht zu Dario zu sehen und lief stattdessen zu der Kochinsel, um mich für heute von Enzo zu verabschieden. Es hatte rein gar nichts mit Darios Ansage zu tun. Ich hatte einfach nur wirklich das Bedürfnis mich in meinem Zimmer zu verkriechen und auf das alles hier erstmal klarzukommen.

Schnell tapste ich in den Flur und die Marmortreppen nach oben, um erst in meinem Zimmer angekommen wieder Halt zu machen. Sofort rannte ich ins Badezimmer und stellte eiskaltes Wasser an, um es mir ins Gesicht zu spritzen.

"Das muss alles ein Traum sein", versuchte ich mir selbst die Realität schön zu reden und beruhigte mich erst, als das kalte Wasser meine aufgeheizte Haut etwas abkühlte. Doch wirkliche Entspannung fand ich trotzdem nicht. Wie auch, in meiner Situation...

Ich stellte das Wasser wieder aus, lief zurück in mein Zimmer und ließ mich mit tausend Gedanken in meinem Kopf aufs Bett fallen.

Alles drehte sich und das Chaos in meinem Leben schien endlos, doch ich hatte nichtmals die Möglichkeit mir weitere Gedanken zu machen, da wurde die Tür auch schon geöffnet und ich schnappte erschrocken nach Luft, während ich meinen Oberkörper erhob und mich aufsetzte.

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Those blue eyes حيث تعيش القصص. اكتشف الآن