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Nachdem ich eine Weile völlig alleine und in meinen Gedanken gefangen auf der Kante meines Bettes saß, stand ich tief schnaubend auf und lief herüber zum Fenster, von welchem ich einen direkten Blick auf den Parkplatz vor der Villa hatte. Ich spielte nervös mit meiner Unterlippe, dachte darüber nach, was Dario wohl für ein Mensch war und auch, ob er nicht vielleicht genauso unberechenbar wie Gino war, es nur besser versteckte.

Im Endeffekt machten sie mir alle auf eine gewisse Weise Angst und ich hoffte immer noch darauf, einfach nach Hause gehen zu können. Filippo war zwar auch scheiße, aber er war dumm wie Brot und meistens viel zu betrunken, um mir wirklich gefährlich werden zu können... Zumindest war er dadurch leichter zu händeln als diese Mafia Typen, die ich gerade gespannt dabei beobachtete, wie sie auf den Parkplatz liefen und sich zu streiten schienen.

Gino lehnte an seinem schwarzen Auto, zündete sich dabei eine Zigarette an und schien wirklich wütend auf etwas zu sein, während Dario ihm gegenüberstand und mit ihm zu diskutieren schien. Ich sah sein Gesicht zwar nicht, doch selbst von hier aus konnte ich sehr gut erkennen, dass seine Ausstrahlung um einiges ruhiger und kontrollierter war, als die von Gino, der wild mit den Händen gestikulierte und laut zu fluchen schien.

Angespannt und mit angehaltenem Atem beobachtete ich die beiden weiter, bis es unerwartet an meiner Tür klopfte und ich einen Schritt vom Fenster zurückwich.

"Ja?", sprach ich leise und in dem Moment ging die Tür auf und das schüchterne Dienstmädchen von vorhin kam mit mehreren Kleidern über dem Arm liegend ins Zimmer herein.

Ihre glasigen Augen trafen auf meine und als ich sie fragend musterte, wich sie meinem Blick sofort aus und legte die Kleider ordentlich auf das Bett vor sich.

"Scusa per il disturbo", entschuldigte sie sich kaum hörbar für ihre Störung und stellte sich anschließend mit dem Kopf nach unten neben das Bett.

"Du musst dich nicht entschuldigen", versuchte ich ihr einen Teil ihrer Anspannung zu nehmen und verstand überhaupt nicht, wieso sie so nervös schien. Ich war immerhin eine Hure. Vom Rang her stand ich also wahrscheinlich sogar unter ihr und ich sollte unsicher wirken, nicht sie.

"Capo Vinzenco hat mich angewiesen, ihnen diese Kleider zu bringen. Sie sollen sich bitte zurecht machen und er erwartet sie in einer Stunde in seinem Büro. Ich werde sie abholen."

"Was?", wollte ich verwirrt wissen, doch sie huschte schon schweigend an mir vorbei und aus meinem Zimmer hinaus, ohne mir noch irgendeine Reaktion zu geben. Ich sah noch einen Moment fassungslos zur Tür und wandte mich anschließend an die wirklich teuer aussehenden Kleider. Alle drei waren schwarz und sehr elegant, doch eins stach mir sofort ins Auge. Es war schulterfrei und untenrum sehr viel länger geschnitten als die anderen, was mir auf Anhieb am ehesten zusagte.

Ich nahm es vorsichtig hoch, hielt es an meinen Körper und verschwand damit ins Bad, um mich umzuziehen und meine schwarzen Haare noch etwas mit den Händen zurechtzulegen. Make up hatte ich keines hier und meine weißen Sneaker waren die einzigen Schuhe, die ich besaß, also zog ich diese ebenfalls an und stellte mich am Kleiderschrank vor den Spiegel, um mir stolz entgegen zu schauen.

Lächelnd stellte ich mir vor, wie mein Leben wohl verlaufen wäre, wenn meine Eltern nicht gestorben wären. Wäre ich auch reich? Hätte ich auch solche schönen Kleider besessen? Wäre ich glücklich....

Bei dieser Vorstellung verschwand mein Lächeln und ich musste meine Tränen zurückhalten, denn ich vermisste sie trotz der langen Zeit immer noch so sehr, dass ich mich sicher niemals mehr von diesem Schmerz erholen würde. Dazu die letzte Nacht und mein erstes Mal... Ich wünschte meine Mutter wäre jetzt bei mir, um mich in dieser Zeit zu begleiten und mir zur Seite zu stehen, doch ich war allein...

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