67 | Vorwürfe

29K 990 510
                                    

"Warte bitte!"

Gino wollte an mir vorbei zur Tür, doch ich hielt ihn verzweifelt an dem Ärmel seines dunklen Hemds fest und versuchte ihn mit aller Kraft bei mir zu halten... aber er riss sich einfach los und knallte die Tür lautstark von außen zu, sodass ich alleine und weinend in dem Zimmer zurückblieb, während alles in mir sich aufzulösen schien.

Mein Tränen liefen unaufhörlich über meine Wangen und ich hatte nichtmals mehr die Kraft mich auf den Beinen zu halten, also ließ ich mich an meinem Rücken an der Wand hinter mir herunterrutschen und zog meine Knie nah an meinen Körper, um meine Hände schützend um diese zu legen.

Während ich nur noch verzweifelt vor mich hinschluchzte, gingen mir so viele Fragen durch den Kopf, dass ich kaum noch klar denken konnte.

Wieso erst jetzt? Wieso sprach er das Thema Dario heute an, an dem Tag, wo ich mir über meine Gefühle ihm gegenüber klar wurde? Wenn er es doch schon länger wusste und auch wusste, dass er es nicht ertragen würde, wieso hat er das mit mir nicht schon viel früher beendet?

Ohne mir eine Antwort darauf geben zu können, blieb ich einfach nur sitzen und wartete... Wartete darauf, dass unten die Musik aufhören würde zu spielen... Darauf, dass meine Tränen weniger werden würden und darauf, Gino nochmals um Verzeihung bitten zu können.

Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, in der mein Leben still zu stehen schien, doch irgendwann, nach unzähligen Tränen und dem Gefühl, ich müsste an diesem Schmerz in mir sterben, wurde die Musik unten ausgestellt und ich suchte schnell den Weg auf meine Beine, um mich erschöpft aus dem Zimmer zu schleppen, wo ich sofort sie Treppen aufsuchte und auch diese nach unten nahm.

Mein Kopf schmerzte, mein Herz gab kaum noch einen richtigen Takt vor und meine Hände zitterten... So lief ich den dunklen Gang entlang zu dem großen Raum, doch alle Lichter waren aus und niemand schien mehr hier zu sein.

Ich bekam bei diesem Anblick sofort Panik... Nicht wegen der Dunkelheit, die mich sowieso schon eingenommen hatte, sondern das Gino mich wirklich hier gelassen hatte... mich vergessen hatte... mich nicht mehr wollte...

Mit angehaltener Luft und erneuten Tränen lief ich schnell den Gang zurück und kam im Eingangsbereich an, wo mein Herz schmerzhaft aussetzte, als ich Gino im wenigen Licht des Mondes von draußen erkannte, der am Eingang an der Wand gelehnt stand und auf sein Handy starrte.

"Gino, ich-"

Gerade, als sein gebrochener Blick meinen traf, ging die Tür neben mir schwungvoll auf und aus der Garderobe kam diese Rothaarige heraus, die mich nur flüchtig angrinste und dann an mir vorbei auf Gino zulief.

"Wir können", meinte sie und nachdem Gino mich nicht mal mehr auch nur ansah, legte er ihr seine Hand auf den Rücken und verließ mit ihr gemeinsam den Club, während ich einfach dastand und nicht mehr wusste, wie ich mit diesem Schmerz in mir umgehen sollte...

Ich wollte ihn aufhalten, ihn anschreien, ihn anflehen... doch nichts passierte...

Ich war wie erstarrt. Unfähig mein eigenes Drama aufzuhalten. Vermutlich wusste ich aber auch einfach nur, dass ich nichts anderes verdient hatte. Ich hatte mich selbst verloren in den letzten Wochen und nun wurde mir auch alles andere noch genommen...

Und wieder wartete ich, doch diesmal wusste ich nicht Mal, worauf ich überhaupt noch warten sollte...

Der Mann, für den ich etwas empfand, hat mir gerade klar gemacht, dass er mich nicht mehr wollte...

Der Mann, zu dem ich mich trotz aller Kraft es aufzuhalten hingezogen fühlte, war selbst in einer Situation, aus der er nicht herausfand...

Mein Onkel... Tot...

Those blue eyes Where stories live. Discover now