30 | Annäherung

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Nachdem ich mich länger als gewöhnlich geduscht hatte und auch meine Zähne einschließlich Zunge mehrfach gründlich gesäubert hatte, lief ich nur mit einem Handtuch bekleidet zum Schrank zurück, wo ich frustriert feststellen musste, dass meine Kleidung wohl immer noch nicht fertig gewaschen war.

Angesichts dieser Tatsache schnappte ich mir ein großes schwarzes Shirt von Gino und zog meinen Slip wieder an, um mich dann erschöpft ins Bett fallen zu lassen.

Meine Gedanken wüteten in meinem Verstand wie ein unaufhaltsamer Tornado, sodass ich ein leichtes Dröhnen in meinem Kopf wahrnahm und trotz größter Konzentration nicht wirklich zur Ruhe fand.

Wie auch nach so einem Abend...

Der Hass auf meinen Onkel war grenzenlos und ich war mir sicher, ihn umzubringen, würde ich ihn nochmals sehen. Dazu der Hass auf mich selbst, dass ich es einfach so zugelassen hatte, dass Dario sich mir auf diese intime Weise nähern konnte...

Im großen und ganzen fühlte mich einfach nur noch beschissen und hätte jetzt gerne jemanden an meiner Seite gehabt, der mir helfen würde, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wahrscheinlich war das auch einer der Gründe, wieso ich Dario so verfallen war. Er strahlte genau die Ruhe aus, die ich brauchte. Kontrollierte, was ich selbst nicht schaffte zu kontrollieren und entführte mich immer wieder für kurze Zeit aus dem Chaos meines Lebens.

Doch das war nun vorbei! Ich musste alleine weitermachen und wollte wirklich versuchen, mich auf die Sache mit Gino einzulassen, auch wenn ich Zweifel daran hatte, je wirklich etwas für ihn empfinden zu können.

Doch daran konnte ich sowieso nichts ändern, oder eher gesagt, hatte ich kein Mitspracherecht...

Von den letzten Stunden vollkommen erledigt, zog ich die frische Luft, die durch das gekippte Fenster ins Zimmer wehte, tief in mich ein und drehte mich dann auf den Bauch, denn in dieser Position konnte ich immer am besten schlafen, doch dieses Mal klappte es nicht...

Durch die vielen wirren Gedankengänge, die mich unermüdlich von einer Erkenntnis zur nächsten jagten, erhob ich mich schnell wieder und sah dann angespannt zum Fenster, als ich draußen in der Stille einen Wagen vorfahren hörte.

Sofort sprang ich neugierig aus dem Bett heraus und zog das große T-Shirt bis über meinen Po, um eilig zum Fenster zu tapsen, wo ich auf Zehenspitzen stehend die Umgebung musterte.

Der Porsche stand zwar an Ort und Stelle, doch ich sah Gino nicht, der aber in dem Moment neben mir zur Tür hereinkam und mir damit einen kleinen Schreck einjagte.

Unsere Blicke kreuzten sich flüchtig und erschrocken sah ich plötzlich durch das Licht der kleinen Nachttischlampe, dass seine Kleidung voll mit Blut und Dreck war, was mich große Augen machen ließ, während mein Herz von diesem Anblick auszusetzen schien.

Er sagte nichts, kein Wort. Sah mich nur wie in einer Trance gefangen an, bis er sich ruckartig von mir abwandte, um mit schnellen Schritten im Badezimmer zu verschwinden, nachdem er seine Autoschlüssel noch auf den Nachttisch geschmissen hatte.

Ich blieb wie angewurzelt stehen und setzte gedanklich Puzzleteil für Puzzleteil zusammen, um dann zu der Erkenntnis zu kommen, dass er den widerlichen Typen sicher mit Nunzio in irgendeinem Wald vergraben hatte.

Ob ich das jetzt gut finden sollte, wusste ich nicht, doch was ich wusste, war, dass dieser Mann wegen mir sein Leben geben musste und Gino deswegen nun Blut an seinen Händen hatte.

Mein schlechtes Gewissen wuchs immer weiter und ich versuchte angestrengt mich dagegen zu wehren, in diesem Moment zu Gino zu wollen, doch irgendwas trieb mich an und so setzte ich vorsichtig einen Fuß vor den anderen, um erst vor der Badezimmertür wieder zum Stehenbleiben zu kommen.

Wie benommen hon ich meine Hand hoch, ballte sie zu einer leichten Faust und wollte klopfen, doch als ich das Wasser der Dusche laufen hörte, ließ ich meine Hand langsam wieder sinken und starrte die Tür ungläubig an.

Was sollte das jetzt von mir?! Wieso wollte ich jetzt seine Nähe?! Das kam mir so unlogisch vor, wo ich ihm doch vor kurzem noch die Schuld für alles gab und er mir Dinge an meinen Kopf geworfen hatte, die mir immer noch weh taten.

Ich war über mich selbst verwundert und so durcheinander, dass ich mich auf die Kante des Bettes setzen musste, um nicht einfach überfordert umzukippen. Mir war zu viel in zu kurzer Zeit passiert und ich kam mir mittlerweile vor, als könnte ich nie wieder aus diesem Strudel meiner Gefühle entfliehen. Als wäre dieses erdrückende Gefühl nun ein Teil von mir, mit dem ich leben musste...

Hin und hergerissen zwischen Kopf und Herz, zwischen Kontrolle und Impulsivität. Dazu das starke Bedürfnis nach menschlicher Nähe, die Dario mir nicht geben konnte... die mir eigentlich noch nie jemand geben konnte, außer meiner Mutter, die schon so lange fort war...

Als die Badezimmertür kurze Zeit später aufging, schaute ich sofort gedankenverloren hoch zu Gino, der nur ein Handtuch um die Hüften trug, während er sich die Haare mit einem anderen hellen Handtuch trocknete und mich dabei ununterbrochen musterte, bis ich aufstand und er in seiner Bewegung innehielt.

Vielleicht war es einfach das Richtige, nicht alles um mich herum kontrollieren zu wollen! Vielleicht musste ich mich auf etwas einlassen, wovor ich Angst hatte und wer wusste schon, ob es mich nicht vielleicht sogar glücklich machen konnte?

Voller Zuversicht und trotzdem noch unsicher, lief ich die wenigen Schritte, die uns noch trennten, auf ihn zu, während er mich schweigend dabei beobachtete und das Wasser aus seinen Haaren noch ein wenig auf seine Schultern tropfte. Als ich dann nah vor ihm zum Stehen kam, suchte ich seinen Blick, sah ihm tief in seine dunklen Augen und legte ihm dabei meine Hand vorsichtig genau auf die Stelle, unter der ich sein Herz klopfen spüren konnte.

Es tat gut, ihn zu berühren, seine leicht nasse und trotzdem warme Haut spüren zu können und als seine Augen plötzlich flüchtig zu meinen Lippen heruntersahen, stellte ich mich vorsichtig auf meine Zehenspitzen, während ich meine andere Hand auf seine erwärmte Wange legte.

Ich genoss das Gefühl seiner Wärme, auch wenn der Dreitagebart etwas an meiner Hand kitzelte und genoss es noch mehr, als er mir plötzlich tief in meine Augen sah und das Handtuch fallen ließ, um meine Tailie zu umfassen und mich näher an seinen jetzt entblößten Körper heranzuziehen.

"Mi scusi", entschuldigte er sich flüsternd in die Stille und fügte noch ein leises, kaum hörbares »meine kleine Ente« hinzu, wovon sich ein verlegenes Lächeln auf meine Lippen legte, ehe ich sie sanft auf seine drückte, was er sofort erwiderte.

Der Geruch seines herben Duschgels wehte mir in den Verstand und mit geschlossenen Augen fing ich begierig auf Nähe an, zärtlich mit meiner Zunge an seiner zu spielen, was ihn meine Hüfte noch fester umfassen ließ, sodass wir eng umschlungen dastanden und ich neugierig anfing, mit meinen Händen seine muskulöse Brust zu erkunden. Ich wollte jeden Zentimeter seines Körper kennenlernen und wusste selbst nicht, wieso es plötzlich so war.

Als wäre ich in einem Rausch gefangen, den ich mir selbst nicht erklären konnte. Es ging alles so schnell, dass mein Verstand nicht mehr mit meinen Empfindungen mithalten konnte, sonst hätte er mich vermutlich aufgehalten...

Ohne viel Kraft aufbringen zu müssen, hob Gino mich mit einem Griff um meinen Po auf seine Hüfte, drehte sich mit mir herum und lief mit mir zum Bett, während wir unseren Kuss intensivierten und er immer wieder leicht an meinen Lippen saugte, was mir ein ganz leichtes Kribbeln im Magen auslöste, welches mir sofort Hoffnung darauf gab, dass es mit der Zeit wirklich was werden könnte.

Er setzte sich mit mir auf seinem nackten Schoß aufs Bett, löste sich von meinen Lippen, um meine Wange entlang zu küssen und mich fester zu umfassen, während ich seine Härte bereits unter mir spüren konnte und leicht Panik bekam.

Dieses Mal würde mich niemand kontrollieren... Dieses Mal würde ich selbst entscheiden müssen, was ich wollte und was nicht.

"Willst du?", fragte er unsicher, als hätte er meine Gedanken gelesen und verteilte dabei sanfte Küsse auf meinem Hals, was mich unter angehaltenem Atem flüchtig meine Augen schließen ließ, bis er leicht an meinen Haaren zog und unsere erregten Blicke sich wieder trafen....

Abwartend sah er mich an und ich fragte mich...

Wollte ich?

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Those blue eyes Where stories live. Discover now