35 | Nicolos Freunde

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Nicolos warme Hand in meiner fühlte sich so komisch und falsch an, dass ich ihm meine am liebsten in dem Moment wieder entrissen hätte, doch ich bemerkte schnell, aus welchen Gründen er die drei anlog. Zumindest dachte ich anfangs, es würde an seinem Ruf liegen.

"Deine Freundin? Wer's glaubt!", kam es provokant und belustigt von Guiseppe, der mich bei seinen Worten mit zusammengekniffenen Augen betrachtete. "Du musst für ihn nicht lügen, Süße. Wir wissen alle nur zu gut, dass Nico auf ewig eine Jungfrau bleiben wird, im Gegensatz zu mir. Diese Woche waren es schon drei Chickas", sprach er überheblich und gab Angelo danach ein Highfive, während er sich mit seinem offenen rosa Hemdchen feierte, als wäre er Hugh Hefner persönlich...

Wieso hing Nicolo überhaupt mit solchen Idioten herum? Das hatte er doch gar nicht nötig...

Guiseppe und Angelo lachten plötzlich dämlich los, nur Luca schien dieses Thema auch irgendwie unangenehm zu sein, denn er spielte nervös mit dem Deckel seiner Colaflasche und schaute dabei auf die Wiese neben uns. Es machte mich zunehmend wütender, wie sie sich darüber amüsierten, andere nach ihrem Sexleben zu beurteilen und das sie es auch noch als lustig empfanden, wenn man keines hatte. Anscheinend fickten sie sich durch halb Palermo und fühlten sich deswegen, als wären sie etwas besseres. Halbgötter die auf einer Strickdecke im Park chillten. Typisch...

"Ihr kommt ja sicher viel herum, aber bei mir zählt eben Qualität statt Quantität", gab ich diesem arroganten Guiseppe anschließend zurück, dem auch gleich darauf sein Lachen verging.

"Willst du mir jetzt ernsthaft vorwerfen, ich würde nur Hässliche ficken?"

"Ich werfe dir gar nichts vor", erklärte ich ihm mit einem Grinsen auf den Lippen und es tat wirklich unglaublich gut, mich mit jemandem streiten zu können, der mit mir auf Augenhöhe war. Zumindest, was das Alter anging. Von geistiger Reife besaß er anscheinend nicht viel mehr als eine Tiefkühlerbse. Gino und Dario waren so viel reifer und dominanter, bei ihnen traute ich mich nicht zu provozieren, wollte ich auch gar nicht, aber er kam mir genau richtig, um meinen gesamten, angesammelten Frust herauszulassen. "Aber anscheinend bist du der Meinung, man müsste viele Frauen flachlegen, um cool zu sein. Da stellt sich mir die Frage, ob du irgendwas mit deiner Angeberei kompensieren musst, oder ob du einfach nichts anderes hast, womit du angeben könntest."

Luca lachte leise und auch Nicolo grinste mich von der Seite schief an, während Guiseppe wohl konzertiert darüber nachdachte, was er darauf jetzt sagen sollte.

"Hat's dir die Sprache verschlagen, Gigolo?", wollte ich siegessicher wissen und er schüttelte daraufhin lächelnd seinen Kopf, was mich dann doch etwas verunsicherte.

"Du bist akzeptiert", meinte er völlig unerwartet und hob seine Hand dabei, in die ich wohl einklatschen sollte, doch ich sah stattdessen irritiert zu Nicolo herüber.

"Wir fucken uns öfter ab. Ist normal", gab er mir zu verstehen und obwohl ich eigentlich gar keinen Bock hatte, gab ich diesem Guiseppe ein Highfive, um danach den Dreien dabei zuzuhören, wie sie über irgendwelche Lehrer ihrer Schule sprachen.

Erst, nachdem wir sicher eine halbe Stunde dasaßen, ich die Menschen im Park beobachtete und das Wetter genoss, fiel mir wieder auf, dass meine Hand immer noch in Nicolos lag.

Wenn er es nicht getan hatte, um nicht länger als Jungfrau dazustehen, wieso dann?

Nachdenklich starrte ich auf die weißen Bierdosen vor mir und löste meine Hand geschickt aus seiner, um mir ein Bier zu nehmen und es zu öffnen, was aber sofort dazu führte, dass Nicolo es mir mit einem mahnenden Blick wieder abnahm. Ich schaute ihn fragend an und so, wie er jetzt aussah und mich anschaute, erkannte ich doch etwas von Dario und Gino in den Tiefen seiner Iriden.

"Was soll das?", flüsterte ich leise und sah kurz zu den anderen, die sich aber laut darüber unterhielten, wer als nächstes Zigaretten besorgt und uns somit nicht beachteten.

"Du weißt schon, mit wem du verlobt bist?", gab er mir ebenso leise zurück und hob dabei fragend eine seiner Augenbrauen, was mich zum Grübeln brachte. Gino erlaubte mir doch auch in seinem Club Rotwein zu trinken, wieso sollte ich also kein Bier trinken dürfen? Als würde er es überhaupt merken.

"Ich glaube, dass die Tatsache, dass du mich als deine Freundin ausgibst, ihn wesentlich mehr stören würde, als diese eine Dose Bier."

Mit einem ernsten Blick in seine Augen, nahm ich mir erneut die Dose aus seiner Hand und setzte diese auch zum Trinken an, um sofort angewidert mein Gesicht zu verziehen.

Warmes Bier! Wie ekelhaft....

"Die Tatsache, dass ich damit nur die zwei Aufreißer davon abhalten wollte, dich ohne Rücksicht abzufüllen und sich schamlos an dich heranzumachen, wird ihn aber sicher erfreuen."

Irritiert runzelte ich meine Stirn, schaute dabei flüchtig zu Guiseppe und Angelo und wollte Nicolo gerade fragen, ob das sein Ernst war, da sah ich aber plötzlich hinter Angelo weiter weg am Parkrand Dario, der sicher auf der Suche nach uns und darüber alles andere als erfreut war.

"Oh Shit!", rief ich panisch aus und warf ohne darüber nachzudenken die Dose zur Seite, wo ich plötzlich Luca laut aufschreien hörte. Mit Herzrasen, das mich fast in Ohnmacht fallenließ, sah ich erschrocken zu ihm und musste entsetzt feststellen, dass ich ihm die Dose mitten ins Gesicht gefeuert und dabei seine Nase getroffen hatte.

"Ai, dio Mio", flüsterte ich mit großen Augen und starrte dabei auf das viele Blut, welches unaufhörlich aus seiner Nase lief und vergaß in diesem Moment sogar Dario vor lauter Schuldgefühlen. "Luca, es tut mir sooo leid!"

Ich stand eilig von der Decke auf, bekam von Guiseppe ein Taschentuch gereicht und ließ mich neben Luca auf die Knie fallen, um ihm eine Hand stützend auf den Rücken und die andere mit dem Taschentuch auf seine Nase zu legen.

"Das Dickerchen ist eben nicht zu verfehlen", lachte Angelo auf einmal los und selbst Nicolo lachte mit, doch als er plötzlich neben sich blickte, starb seine belustige Mine, während mit ein kalter Schauer über den Rücken zog und ich förmlich spüren konnte, wer hinter mir stand.

Ich hielt Luca fest, während jedes Härchens meines Körpers sich aufrichtete und ich neben mir in der Wiese einen großen Schatten neben meinem sah.

Und schon kniete ich erneut vor Dario, nur diesesmal mit dem Rücken zu ihm und ich wusste alleine schon, weil wir die Fahrschule geschwänzt hatten und hier Bier mit drei ihm fremden Typen tranken, dass es nicht gut für mich ausgehen würde.

Ich hörte schon in Gedanken dieses eine Geräusch und schluckte fest, während meine Atmung sich aufgrund meiner Vorstellungen beschleunigten...

Tipp....
Tipp....
Tipp....

Ich würde ihm eine neue Uhr schulden...

Those blue eyes Where stories live. Discover now