Kapitel 11.4

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~Seth

Der letzte Angriff war ein voller Erfolg gewesen. Wir hatten die Gefangenen befreit und das ganz ohne Verluste. Jedenfalls auf unserer Seite-  allerdings waren sie auch bei den anderen gering geblieben.
Gerade lief ich gemeinsam mit Kain durch den Gang. Wir wollten mit den Befreiten sprechen. Als Kain eine Tür aufstieß, hinter der die Kantine zum Vorschein kam, fiel mein Blick auf Ray und Ace, die bereits Platz genommen hatten. Ansonsten war der riesige Saal leer, nur eine Katze saß zu Rays Füßen und ließ sich von ihm streicheln. Kain folgte meinem Blick. ,,Das ist Gruftikumpel. Halt dich besser von ihr fern. Sie sieht super niedlich und fluffig aus, aber sie wird dir die Pulsadern aufschlitzen, wenn du nicht hinsiehst."

Gruftikumpel. Das klang sehr nach Ray. Ich musterte die Katze. Sie war in der Tat sehr flauschig und schwarz, sie sah harmlos aus, aber Kain schien zu wissen, wovon er sprach.  ,,Gut zu wissen."
Als wir den Raum betraten, fiel mir auf, dass Ray schon wieder eine neue Haarfarbe hatte- dunkelrot. Erinnerte mich irgendwie an Cat. Mir fuhr ein Schauer über den Rücken und ich schob den Gedanken an sie schnell zur Seite. Ray sah auf und blickte in unsere Richtung. ,,Hi."

,,Hey", erwiderte Kain. ,,Rot hattest du schon lange nicht mehr. Besser als lila, wenn du mich fragst", bemerkte er trocken.

,,Steht mir total, nicht? Hab ich mir gestern zur Feier unserer erfolgreichen Aktion gefärbt, die Farbe der Rebellion", erzählte er stolz. ,,Wollt ihr auch?"

Kain rollte nur mit den Augen, während ich den Kopf schüttelte. Ace, der sich bisher schweigsam verhalten hatte, erhob sich von seinem Stuhl und kam auf mich zu. ,,Den Erfolg von der Aktion gestern haben wir nicht zuletzt dir zu verdanken." Irritiert blickte ich auf die Hand, die er mir daraufhin entgegen streckte. ,,Ich habe dir nicht vertraut, aber jetzt weiß ich, dass du einer von uns bist. Willkommen in unserer Familie."

Ich griff seine Hand und drückte sie kurz. ,,Danke."

Er nickte mir zu. Ich zog meine Hand zurück und ließ daraufhin meine Fingerknochen knacken. Eigenartige Aktion. Währenddessen merkte ich, wie ich Ausschau nach Lysanna hielt, aber sie war nicht hier. Als könnte er Gedanken lesen, räusperte sich Ray. ,,Lysanna bringt die Gefangenen her, sie sollte gleich da sein." Er neigte den Kopf zur Seite und grinste mich an. ,,Sicher, dass du keine roten Haare möchtest?"

,,Ganz sicher."

Er setzte seinen besten Hundeblick auf. ,,Ein ganz kleines, rotes Strähnchen?"

Ich verdrehte die Augen. ,,Nein, zur Hölle."

Ray grinste noch immer. ,,Ich bring dich schon noch dazu."

In diesem Moment wurde die Tür geöffnet und Lysanna schob sich gemeinsam mit zehn anderen Leuten in den Raum. Sie sahen besser aus als gestern, dennoch waren sie blass und unter ihren Augen zeichneten sich dunkle Schatten ab. Ich wollte nicht wissen, wie lange einige von ihnen bereits in den Zellen gesessen hatten. In den meisten Fällen waren es leichte Vergehen- eine Beziehung zu einem Menschen, ein zu häufiges Verstoßen gegen die Regeln. Menschen durften nicht von unserer Existenz erfahren, so hatten es die Götter vor langer Zeit entschieden. Wer in diesem System aus der Reihe tanzte, wurde aus dem Verkehr gezogen, da niemand das Risiko eingehen wollte.
Mein Blick glitt über die Gefangenen. Die meisten waren in meinem Alter, teilweise sogar jünger. Jedem von ihnen hätte der Tod oder die Elimination gedroht.

Lysanna stellte sich neben mich und sah mich an, ebenso wie Kain, Ray und Ace. Erwarteten sie, dass ich die Ansprache hielt? Großartig. Ich räusperte mich. ,,Ich werde nicht lange um den heißen Brei herum reden. Wir haben euch befreit, weil wir das System des Rats nicht gutheißen und es steht euch frei, zu gehen und ein neues Leben anzufangen. Aber wenn ihr bleibt, bieten wir euch Rache." Ich ließ meinen Blick über die Leute gleiten. ,,Schließt euch uns an und lasst sie bezahlen, für alles, was sie euch angetan haben."

Nummer 13 - Todessohn IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt