Kapitel 51

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Etwas, das ich komplett verpeilt hatte, war, dass ich keinen Partner haben würde, wenn Marlene den Rest der Woche frei hatte.

Das realisierte ich erst jetzt, wo ich im Klassenraum saß und neben mir ein leerer Stuhl stand.

Doch noch bevor ich in Panik ausbrechen konnte, musste ich meine Aufmerksamkeit nach vorne richten, wo Moody gerade hereingestürmt gekommen war. "Morgen, Azubis."

"Morgen, Sir", grüßten wir alle unisono zurück.

Er ließ seine ungleichen Augen über die Klasse wandern. "Heute werden wir in Vierergruppen duellieren, zwei auf jeder Seite. Ihr seid alle gut genug darin, als Duo zu duellieren, aber ein Kampf in Gruppen sieht ganz anders aus. Ihr müsst auch einander decken, nicht nur euch selbst. Verstanden?"

Wie sonst auch sagte niemand etwas.
"Nun gut." Moody nickte. "Die gewöhnlichen Partner gesellen sich jetzt einfach zu einem anderen Team dazu. Vergesst nicht, je mehr wortlose Hexe ihr reinkriegt, desto besser."

Ich hob meinen Arm, und Moody hob in einer fragenden Geste seine Augenbrauen in meine Richtung. Ich schluckte. "Marlene ist nicht hier, also habe ich keinen Partner."

Moody nickte erneut. Nach einem intensiven Blick zu mir sah er zum Rest der Klasse. "Das ist kein Problem, Tygris. Du kannst in einer Fünfergruppe mitmachen, ihr kämpft dann drei gegen zwei. Du bist auf der kleineren Seite."

Ich wollte protestieren, denn wieso ich??, aber ich wusste es besser. Wenn Moody sich etwas vorgenommen hatte, musste man es machen.
Also seufzte ich und sah mich um, auf der Suche nach einem Team, dem ich beitreten könnte.
Ich sprach hier sonst nur mit Marlene, also fühlte ich mich ziemlich verloren, bis eine Stimme meinen Namen rief.
"Freya, wenn du willst, kannst du bei uns mitmachen?"

Es überraschte mich, dass Lina das anbot. Ich hatte gedacht, ich hätte etwas getan, dass unsere Freundschaft zerstört hatte - schließlich sprach sie kaum noch mit mir. Jetzt, wo sie anbot, mich in ihrem Team aufzunehmen, flammte Aufregung in mir auf. Vielleicht wollte sie wieder meine Freundin sein!

Also strahlte ich sie an und machte mich schnell auf den Weg zu ihr und ihrem Partner, Jack Gales.
"Danke", seufzte ich erleichtert.
Lina schenkte mir eines ihrer hübschen Lächler. "Natürlich."

Wir taten uns mit einer Gruppe von zwei anderen Mädchen zusammen, Sara und Alicia, und dann begann das Duell. Die Mädchen und Jack formten ein Team, und Lina und ich waren das andere.
Da Lina eine sehr talentierte Hexe war, schafften wir es, unseren Mann zu stehen, obwohl es drei gegen zwei waren.
Ich schaffte es sogar, Jacks Zauberstab zu erobern, sodass er aus dem Kampf draußen war und wir gewannen.

Wir kämpften diese Duelle ziemlich oft, wobei wir immer unterschiedliche Flüche und Aufstellungen ausprobierten. Einmal, als Lina und ich parallel nebeneinander kämpften, prallte ein Elektroschock-Fluch in so einem schlechten Winkel von Linas Schutzschild ab, dass ich davon getroffen wurde. Aber weil es ja nur ein kleiner statischer Schock gewesen war, war es keine große Sache und ich wank es ab.

Dann wechselten wir die Teams und ich kämpfte zusammen mit Alicia.
Das funktionierte auch ziemlich gut, und ich wurde nicht von einem abgeprallten Fluch erwischt, selbst als wir nebeneinander kämpften.

Nach ungefähr einer Stunde signalisierte ein Knallfrosch aus Moodys Zauberstab das Ende der Übung. Da das seine übliche Methode war, um unsere Duelle zu stoppen, weil er etwas sagen wollte, senkte ich meinen Zauberstab und drehte mich um, um Moody anzusehen.

Ein Fehler, wie sich herausstellte, als ein sehr später Schockzauber meine Rippen traf und ich zu Boden gestoßen wurde.

Und verflixt tat dieser Zauber weh.

"SMITH!", bellte Moody Lina förmlich an, die sich sofort aufrechter hinstellte.

"Es tut mir so Leid, Sir, und Freya, ich habe das Signal nicht gehört!"

"Hmm", war alles, was Moody sagte.

Ich blinzelte Lina nur an. Das hatte mich völlig unerwartet getroffen. Und irgendwie sah der schuldbewusste Gesichtsausdruck, den sie nun trug, falsch aus.

Moodys Knallfrösche waren berühmt dafür, dass sie unfassbar laut waren und ein grelles Licht mit ihnen aus der Spitze seines Zauberstabs schoss, wann immer er sie heraufbeschwörte. Es war unmöglich, sie zu verpassen.

Die Erkenntnis fühlte sich an wie ein Faustschlag in den Magen und ich blinzelte rapide, um die Tränen in meinen Augen im Zaum zu halten.
Lina hatte mich absichtlich geschockt.
Sie hatte mir nur angeboten, ihrem Team beizutreten, damit sie mich bei den Duellen erwischen könnte.
Scheinbar hatte sie mich da nicht gut genug erwischt, also hatte sie es nochmal versucht, als ich keinen Grund gehabt hatte, es zu erwarten.

Alicia half mir wieder auf die Füße, doch ich vermied jeglichen Blickkontakt, besonders Linas. Ich wollte niemanden hier wissen lassen, wie sensibel ich war.
Ich rieb mir weiterhin die schmerzende Seite, aber das war nicht der Grund dafür, dass meine Augen brannten.
"Entschuldigt mich bitte", krächzte ich und floh schnell aus dem Klassenzimmer. Gerade noch rechtzeitig, weil ich diese blöden Tränen nicht länger zurückhalten konnte.

Was habe ich ihr je getan??

Ich nahm an, dass ich das nie wissen würde.

Zu meinem Glück waren die Toiletten nicht allzu weit von mir weg, also schloss ich mich dort ein, setzte mich auf den geschlossenen Klodeckel, verzauberte mich selbst mit silencio und weinte.
In diesem Moment halfen mir nicht einmal die Aufmunterungs-Zauber.

Und ich konnte kaum glauben, dass ich das dachte, aber ich wünschte, Marlene wäre hier. Erstmal weil ich mich dann gar nicht erst mit Lina zusammengetan hätte, aber auch weil ich wusste, dass sie mir hier her gefolgt wäre, um mich aufzumuntern.

Wenn ich daran zurückdachte, wie sie Jack einmal in die Eier getreten hatte, so konnte ich mir auch vorstellen, dass sie Lina vielleicht sogar eine reingehauen hätte oder so.
Ich bewunderte Marlene wirklich für ihr Selbstbewusstsein und ihren Mut.
Ich wünschte mir auf so vielen Ebenen, sie zu sein; es war unglaublich.

Ich wollte genauso hübsch, schlau, mutig und selbstbewusst sein, wie sie. Besonders mit ihr verglichen war ich so ein Weichei. Ich konnte nicht einmal für mich selbst einstehen.
Kein Wunder, dass Sirius sich in sie verliebt hatte.

Hör auf, Freya, du machst es nur noch schlimmer!!

Ich zwang mich dazu, mich zusammenzureißen. Ich wusste, dass ich mich nicht für immer auf der Toilette verstecken konnte, also rappelte ich mich auf, nahm silencio von mir, verließ die kleine Kabine und spritzte mein Gesicht mit etwas kaltem Wasser ab.

Um mich zu beruhigen, atmete ich tief ein und aus, während ich mich im Spiegel vor mir betrachtete.
Die geröteten und feuchten Augen mit den gewöhnlichen dunklen Augenringen, die einen so starken Kontrast zu meiner bleichen Haut darstellten. Traurige, verblichene Sommersprossen. Die matte, dunkle und leblose graublaue Farbe meiner Iris. Die zitternden Hände und die kleinen Schluchzer, die meinen Körper zum Beben brachten.
Ich sah das kleine, zwölfjährige Mädchen; die einsame Ausgeschlossene ohne irgendwelche Freunde, mit dem einzigen Wunsch, von anderen Leuten gemocht zu werden.
Es war, als wäre ich in der Zeit gereist.

"Du schaffst das", sagte ich mir selbst mit zitternder Stimme.

Dann setzte ich mein perfektes falsches Lächeln auf und kehrte zum Rest der Auszubildenden zurück.




















Love You In My Mind// Sirius Black FF (Deutsch) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt