Kapitel 67

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"Es ist so schön, dass wir alle mal wieder beisammen sitzen, das habe ich vermisst", sagte Mum. Ich hatte sie schon lange nicht mehr so lächeln sehen.

"Ich auch", antwortete ich. "Aber wenn nicht an Weihnachten, wann sonst?"

Denn das ist, wo - oder vielmehr wann - wir waren. Der Nachmittag des ersten Weihnachtsfeiertages, und alle Tygrises, mitsamt Franciscas festem Freund Henry, waren um den Tisch zum gemeinsamen Mittagessen versammelt. Oder in Marleys Fall zum am Knochen kauen.

"Ganz genau", stimmte Francisca laut zu. "St. Mungo's kann mich mal; an Weihnachten müssen wir nicht arbeiten, wir haben endlich unseren Frieden und feiern genauso wie wir sollten."

"Äähm... Für den Moment, ich habe nämlich doch Nachtdienst."

"MUM!" Riefen Francisca und ich unisono und starrten sie ungläubig an.

"Was hätte ich denn tun sollen!?", sagte Mum um sich zu verteidigen, mit einem Blick der eindeutig sagte 'Ihr wisst, dass ich nicht einfach nicht zur Arbeit gehen kann, Leute könnten sterben'.
"Niemand will heute arbeiten, aber irgendjemand muss es ja machen, besonders mit den zunehmenden Todesser-Angriffen. Und das Fest wird bis dahin vorbei sein, also verpasse ich nichts."

"Außer Freizeit", grummelte Francisca, offensichtlich immer noch ziemlich sauer auf ihren Boss.
Aber wir wussten alle, dass es nichts bringen würde, sich zu beschweren, also müssten wir das Thema fallen lassen.

"Das Ganze beiseite", Henry legte beruhigend einen Arm auf den Unterarm seiner Freundin und sah meine Mutter an, "Es ist wirklich lecker, Marenka."

Ich nickte, ganz schnell dabei, vom vorherigen Thema abzulenken. "Vielen Dank fürs Kochen."

Es schien so als wären die Kochkünste meiner Mutter seit ich ausgezogen war nur noch besser geworden. Sie fühlte sich viel freier, zu experimentieren und Neues auszuprobieren, jetzt wo kein meckernder Mann mehr in seiner Ecke saß und stumm alles verurteilte, was wir taten und sagten.

Ich hatte kein Problem damit zu sagen, dass das das beste Weihnachten war, das wir je gehabt hatten.

Henry war eine sehr viel nettere männliche Anwesenheit als mein Dad.

Furchtbar, dies zu sagen, aber ich glaube sein Tod war womöglich das Beste, das uns je passiert war.

Es war ein sehr schöner und friedlicher Tag. Weil wir uns gegenseitig die Geschenke schon vor dem Mittagessen gegeben hatten, gingen wir später auf einen langen und erfrischenden Spaziergang durch den Schnee (Mum hatte herzhaft gelacht als sie gesehen hatte, dass Francisca ihr eine alte Gryffindor Wollmütze geschenkt hatte, also setzte sie sie sofort auf und ließ auf diesem Spaziergang ihre Kindheit wiederaufleben), spielten einige schöne Gesellschaftsspiele (Muggel- und Zauberer-) und genießten einfach voll und ganz den Tag.

Doch als Mum später am Abend für die Arbeit weg musste, kam der gemeinsame Tag leider zum Ende.

"Tschüss Mum, ich hab dich so, so, so lieb, pass auf dich auf." Ich drückte sie mit all meiner Kraft an mich. Alleine lebend vermisste ich sie immer fürchterlich arg. Ich besuchte sie sehr oft (Vorteil von Apparation: Obwohl wir ziemlich weit weg von einander wohnten konnten wir uns innerhalb von wenigen Sekunden treffen), aber das war nicht das Gleiche wie zusammen zu leben, so wie es gewesen war, als ich ein kleines Kind gewesen war.

"Ich habe dich auch lieb, mein Schatz. So sehr, vergiss das nie." Sie küsste mir auf die Wange. "Pass auch auf dich auf, ja?"

Ich nickte, während sich gleichzeitig ein Kloß in meinem Hals bildete. Ich hatte ihr immer noch nicht vom Orden des Phönix erzählt. Ich wollte nicht, dass sie sich Sorgen machte, fühlte mich sogleich aber furchtbar dafür, dass ich ihr nichts erzählte. "Ja."

Dann machte Mum damit weiter, Francisca und Henry zum Abschied zu umarmen, ehe wir alle aus dem Garten und damit aus der Apparations-Bann-Grenze traten. Mit einem Knall disapparierte Mum und ich drehte mich zu Francisca, um sie zu umarmen.

"Viel Spaß auf eurer Reise, genieß die Zeit", sagte ich als ich sie losließ.

"Danke." Sie grinste. "Ich werde dich auf dem Laufenden halten, und genieße du deine Freizeit. Wir sehen uns an Silvester."

Ich nickte. "Tschüss, ich hab dich lieb."
"Ich hab dich auch lieb, du nerviges Miststück." Sie versuchte meine Haare zu zerzausen, aber es war in französischen Zöpfen, also hatte das keinen Effekt und ich streckte ihr die Zunge raus. Sie erwiderte die Geste.

Henry schnaubte, was uns aus unserem stillen Gefecht riss. "Auf Wiedersehen, Freya", grinste er.

Ich gewann schnell meine Haltung zurück und winkte ihm zu, als wäre ich nun wieder eine sehr erwachsene Person. "Jep. Tschüss."

Und mit drei Knalls disapparierten wir nach Hause und weg von einander.

Als ich in meiner Wohnung angekommen und meine Schuhe und Jacke ausgezogen hatte, nahm ich die Tasche von meiner Schulter und durchwühlte sie, um die Geschenke herauszuholen. Aufgrund des unaufspürbarern Ausdehnungszaubers war das schwieriger als es klang, aber dann fand ich endlich das, wonach ich gesucht hatte.

Ich begrüßte Asklepios, der genau in dem Moment ins Wohnzimmer flatterte, als ich durch die Tür lief, und deutete ihm, mir zu folgen.

Dann ließ ich mich aufs Sofa plumpsen, schaltete den Fernseher ein um die Stille zu vertreiben, und konzentrierte mich auf eines von Marlenes Geschenken, mit Asklepios auf der rechten Armstütze des Sofas sitzend. Ich öffnete das leere, elegant aussehende Buch. Es flehte mich praktisch an, die leeren Seiten zu füllen.

Ich erinnerte mich an die Worte, die Marlene auf die Karte geschrieben hatte. Das hier ist dafür, deine Genialität mit dem Rest der Welt zu teilen.

Mit einem kleinen Lächeln im Gesicht  beschwor ich also eine Schreibfeder und Tinte hervor, zusammen mit all den Zetteln und Notizen, die ich die letzten zwei Jahre über geschrieben hatte.

Und das war, wie ich den Abend vom ersten Weihnachtsfeiertag 1979 verbrachte.

Unter einer Decke zusammengekuschelt, mit Heißer Schokolade in den Händen, meinem Buch auf dem Schoß und dem Fernseher im Hintergrund begann ich, an meinem neusten Schatz zu arbeiten.


'Nützliche Zauber um das Leben zu erleichtern - Erfunden von Freya Tygris'









Love You In My Mind// Sirius Black FF (Deutsch) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt