Kapitel 115

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"So, mein Freund. Jetzt zu dir."
"Nenn' mich nicht Freund!"
"Du hörst jetzt auf damit, verstanden?"
"Und was wenn nicht?"
N drückte ihn gegen einen Baum.
"Dann kann ich nicht für deine Unversehrtheit garantieren."
"Du bist doch krank!"
"Nein. Ich beschütze lediglich Touko. Wenn sie sagt, sie möchte nichts von dir, dann hast du das zu akzeptieren."
"Das hat sie aber nicht. Es läuft bei euch anscheinend nicht so gut, was? Sonst würde sie gar nicht darauf eingehen."
"Das kann ich ja wohl immer noch am Besten bewerten."
"Scheinbar ja nicht. Du gibst ihr anscheinend nicht genug. Natürlich nicht."
N hielt ihn an der Kehle fest und drückte ihn gegen den Stamm. In seinen Augen funkelte der Hass.
"Und ob."
"Lass mich los!"
"Du hast dir das alles selbst zuzuschreiben! Lass deine schmutzigen Finger von meiner Freundin und hör auf, sie zu bedrängen!"
"Erstens, ich bedränge sie nicht. Zweitens, alles was ich mache, passiert nicht gegen ihren Willen. Und drittens, die schmutzigen Finger hast du! Ich habe noch nie irgendwas Verbotenes getan, im Gegensatz zu dir. Mit dir lebt sie gefährlich und das kann ich nicht zulassen!"
"Mir ist durchaus bewusst, dass ich Fehler gemacht habe! Ich würde ihr niemals-..."
"Ich werde ihr Herz erobern und sie von dir retten! Sie hat etwas besseres verdient, als einen kriminellen Niem-..."
"Träum' weiter." Er knirschte wütend mit den Zähnen.
"Lass mich los, du kleine Ratte!"
"Was machst du, wenn ich dir die Luft ganz abdrücke?!"
"Ah-... H-hör auf!"
"Du wirst Touko jetzt in Ruhe lassen. Verstanden?!"
"J-ja!"
Er ließ ihn los und baute sich auf. "Gut."
Ryo sah ihn gehässig an, ballte die Hand zur Faust und schlug N, der sich benommen schüttelte. Von seiner Lippe tropfte Blut.

Einige Augenblicke verstrichen. Der Wind wehte durch die hohen Baumkronen, die leise rauschten.
"Ach? So willst du das also regeln? Gerne doch!"
"KOMM DOCH! Du bist doch sowieso ein Held großer Reden! Na los! Ich hatte sieben Jahre lang Kickboxen, was kannst du, hm? Richtig. Nichts! Du bist ein Niemand." provozierte er.
N knurrte.

"Hört auf!" Touko rannte zwischen sie und hielt beide Jungen zurück. "Hört auf... bitte..."
"T-touko...?"
"N, du hast viel mehr Kraft als er!"
Ryo nutzte den Moment, in dem er abgelenkt war und griff erneut an. Der junge Trainer stellte sich schützend vor sie. N hielt seinen Arm fest und drehte ihn unsanft auf den Rücken, bis der aschblonde Junge aufschrie.
"AH! DU KLEINE RATTE!"
"Sehr mutig, jemanden anzugreifen, der dir den Rücken zugewand hat. Du bist echt armselig. Vor allem hättest du sie fast getroffen."
"Gar nicht wahr! AH! MAN, VERDAMMT! JETZT LASS MICH ENDLICH LOS! DU BRICHST MIR DEN ARM!"
Touko sah sich panisch um. "Jungs!"
Plötzlich stieß N ihn zu Boden und ging.
Seine Lippe blutete stark.

"Ach du liebes Arceus... was ist denn passiert?!" Lilia sah ihn erschrocken an. Allerdings reagierte er nicht und lief in Richtung des Flusses.
"ICH HOFFE, DU GEHST DICH ERTRÄNKEN, DU RATTE!"
"Ryo! Bist du irgendwie komplett bescheuert?!"
"Touko, dein ach so toller, krimineller Freund hätte mich eben beinahe getötet! Er hätte mir die Luftröhre fast eingedrückt!"
"Er hat so schon Probleme mit sich und seiner Vergangenheit! Bring' ihn doch nicht noch auf solche Gedanken! Du spinnst doch!" Sie stieß ihn, den Tränen nahe, von sich und rannte N hinterher.
Akito sah ihn entsetzt an.
"Was ist denn vorgefallen?! Und warum kriminell?"
"Der hätte mich fast umgebracht! Warum auch immer! Ich bin mir keiner Schuld bewusst!"
"Er wird nicht ohne Grund so, Ryo!" warf Bell ein.

N saß auf einem hohen Stein am Ufer des Flusses und stützte seinen Kopf auf die Knie. Das Wasser floss den Abhang hinunter.
Touko umarmte ihn und hielt ihn fest. Keine Reaktion. Sie schubste ihn vorsichtig auf den Rücken und sah ihn an.
Er starrte mit leerem Blick zurück.
Schniefend schüttelte die junge Trainerin den Kopf und strich ihm mit zittriger Hand über die Wange.
"Entschldige... ich hab wirklich versucht ruhig zu bleiben... aber als er dich bedrängt hat, da bin ich wirklich wahnsinnig geworden... der Kerl hat mich provoziert..." Er richtete sich auf und rieb sich das Blut von der Wange, das noch immer lief. "Und als er gesagt hat, ich sei ein Niemand hat er mich verdammt an meinen Bruder erinnert. Auch von der Art zu reden." N sah seitlich an Touko vorbei in die Ferne und versuchte seine Traurigkeit zu unterdrücken. Sie nahm ihn in den Arm, woraufhin er schniefte.
"Ich wünschte, ich könnte es dich einfach vergessen lassen... alles Schreckliche, was dir widerfahren ist... ich hasse es, wenn du so traurig bist... und das alles nur wegen dummen Menschen, die dich so derart schlecht behandelt haben... immer auf den Kleinsten. Dabei bist du die wunderbarste Person, die ich kennenlernen durfte. Ich liebe dich."
"Prinzessin... du gibst mir unheimlich viel Kraft, weißt du das? Ich würde dich ja jetzt gern küssen, aber das wäre wegen meinem Blut vielleicht etwas eklig für dich..."
"Ach ja... da war ja was. Vergessen. Nicht weglaufen."
Die junge Trainerin stand auf und hielt ein Tuch in das klare, leise plätschernde Wasser des Flusses und säuberte vorsichtig seine Wunde. Er kniff ein Auge zu.
"So. Es sollte gleich gerinnen."
"Danke."
Sie lächelte.
"Na, komm, Engelchen. Lass uns zurück zu den anderen gehen..."
"Willst du wirklich zurück? Nicht, dass es wieder im Streit endet..."
N nickte. "Ich sage diesesmal nichts dazu."

Bell legte ihre Decke zusammen und packte sie zurück in den Korb. Lilia unterhielt sich mit Rido und Akito, die etwas abseits von Ryo standen, der auf die jungen Trainer zustarkste.
"Ich... ich sollte mich wohl entschuldigen... es war echt nicht korrekt, dich anzugreifen und zu beleidigen." Er holte Luft.
"In der Tat. Allerdings war meine Reaktion auch nicht die fein englische Art, wie man so schön sagt."
"Waffenstillstand?"
"Waffenstillstand. Und wehe, du erlaubst dir noch einmal sowas wie heute."
"Ja, ja..."

"Jungs! Ich bin begeistert! War das wirklich so schwer? Nein." Touko freute sich.

Später, die Sonne ging bereits unter, trennte sich die Gruppe.
"Freunde werden wir trotzdem nicht."
"Das verlangt auch niemand. Ihr sollt euch nur nicht verfetzen, wenn ihr euch seht."
"Ja... halt dich an mir fest."
Sie setzte den Helm auf und umklammerte ihn.
"Kann losgehen!"

》When We Meet Again《Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt