⊶75⊷

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Jungkook Pov

Einfach nur vor dem Fernseher zu sitzen, mit Taehyungs Kopf auf meinem Schoß gebettet, ist ein Bild von dem ich lange geträumt habe. Natürlich wäre es auch schön draußen etwas zu unternehmen, Taehyung auf ein Date auszuführen, irgendetwas was Paare typischerweise machen, aber es reicht mir auch einfach nur auf der Couch mit ihm Wie ein einziger Tag zu gucken und ihn dabei zu beobachten, wie er mitfiebert, obwohl er den Film mehr als ein dutzend mal gesehen hat. 

Für mich sind Momente wie diese, egal wie schlicht und langweilig sie in den Augen anderer erscheinen mögen, die besten Momente. In einem Leben, wo kein Tag ohne Chaos und Panik verging, ist Ruhe etwas besonderes, vor allem wenn du sie mit jemandem genießen kannst, den du liebst. 

Ich beuge mich nach vorne um Taehyung in einen Kuss zu verwickeln als dieser mit großen Augen zu mir hoch sieht, aber kurz bevor unsere Lieben sich berühren, genau in dem Moment wo sie nur noch Zentimeter voneinander entfernt sind, höre ich den grässlichen Ton von meinem vibrierenden Handy auf dem Glastisch vor uns. 

Taehyung lacht als er die offensichtliche Enttäuschung in meinem Gesicht sieht und drückt mir einen schnellen, aber leider viel zu kurzen Kuss auf die Lippen. "Die Arbeit ruft, der Rest muss wohl warten." Er dreht seinen Kopf mit Absicht kurz zur Seite, sodass seine Lippen kurz über meinem Schritt verharren und er dort ebenfalls kurz einen Kuss rauf drücken kann. Provozierend lächelt er mich an, dreht sich aber wieder um und wendet sich dem Film zu als wäre ihm gar nicht klar was er gerade gemacht hat. 

Ich greife nach dem Handy, aber bevor ich den Anruf von einer privaten Nummer annehme, sehe ich ihn noch einmal kurz an. "Wenn ich mit diesem Anruf fertig bin, machen wir dort weiter, wo wir gerade aufgehört haben."

"Dafür müssen wir ja erst einmal überhaupt etwas angefangen haben", sagt er und leckt sich über die Lippen, wissend das ich nichts mehr erwidern kann, weil ich bereits ran gegangen bin. Er macht es sich mit seinem Kopf wieder gemütlich auf meinem Schoß und lächelt glücklich als ich anfange mit meinen Fingerspitzen seinen Hals rauf und runter zu fahren.

"Hallo?", melde ich mich und verzichte auf die Vorstellung. Wenn das hier wirklich Arbeit wäre, dann hätte man mich auf meinem Geschäftshandy angerufen, das hier ist mein privates. Am wahrscheinlichsten wäre wohl ein Anruf von Jackson, er ist einer der wenigen, die meine Nummer überhaupt besitzen und von denen ruft er mich auch am meisten an. Aber leider werde ich bitter enttäuscht. 

"Na sieh mal einer an, der Werte Herr hat also Zeit an sein Handy zu gehen, hält es aber nicht für nötig zur Arbeit zu erscheinen?" 

Ich halte sofort mitten in meiner Bewegung inne, meine Finger verharren an dem Punkt direkt unter Taehyungs Ohr und meinen Körper durchfährt ein kalter Schauder. Eigentlich hätte ich damit rechnen müssen, so leicht würden sie mich nicht in ruhe lassen, immerhin bin ich ihre einzige Hoffnung, auch wenn sie das nicht so recht zugeben wollen und mich eher behandeln wie der letzte Müll. 

Das Leben ist verrückt, es sucht sich tatsächlich die schönsten Momente aus um sie einem zu verderben, sowie jetzt gerade mit diesem Anruf. 

Taehyung setzt sich langsam auf und sieht mich besorgt an. Mit den Lippen formt er die Frage: "Wer ist das?", aber ich schüttle lediglich den Kopf und versuche ihm mit einem Lächeln zu zeigen, dass alles gut ist. 

Ich war all die Zeit nichts weiter als ein Ersatz, mit dem sie sich nie zufrieden geben wollte und den sie sofort entsorgt hätten, wenn mein Bruder sich wieder dafür entschieden hätte die Firma zu leiten. Nie waren sie zufrieden mit meiner Leistung und das obwohl die Firma seit meinem Eintritt besser läuft denn je. Ich habe stets mein bestes gegeben, mich aufgeopfert und meine Sorgen hinten an gestellt, aber es war nie genug.

Ich war nie genug.

Aber damit ist jetzt Schluss. Irgendwann im Leben lernt man, dass es Menschen gibt denen man eine höhere Priorität zusprechen sollte als anderen. Blut ist dicker als Wasser heißt es, aber in diesem Fall ist es anders. Meine Eltern sind mein Blut, ich stamme von ihnen ab, aber für mich ist Taehyung wichtiger als sie es jemals waren. Wenn ich für jemanden bereit wäre alles, was ich bin und alles was ich habe zu geben, dann wäre dieser jemand Taehyung. 

"Ich trete aus." 

Meine Stimme, die in der Gegenwart meiner Eltern immer leise war, voller Angst ihren Erwartungen nicht gerecht zu werden, hallt jetzt plötzlich im ganzen Raum und in meinem eigenen Kopf wieder. Es sind nur drei Worte, drei Worte die nutzlos sind, weil erst der ganze Papierkram das alles besiegelt was ich gerade gesagt habe, aber für mich fühlen sich diese drei Worte an wie die größte Befreiung, die ich jemals erleben durfte. 

"Was? Wovon trittst du aus?", fragt meine Mutter gespielt Ahnungslos, aber ich höre an dem zittern in ihrer Stimme, dass sie genau weiß wovon ich spreche. "Jungkook, ich habe keine Ahnung was du dir wieder für dumme Gedanken machst, aber du solltest deine nächsten Worte mit bedacht wählen." Ich weiß, was sie da macht. Sie droht mir indirekt, sowie sie und Vater es viel zu häufig getan haben und sie glaubt, sie kommt wieder durch damit. 

"Du hast recht, Mutter. Worte haben eine große Macht inne, die man nicht missbrauchen sollte, also sage ich es dir noch einmal, mit bedacht und vollkommener Ernsthaftigkeit: Ich brauche diese Firma nicht und euch brauche ich noch viel weniger. Morgen wird das letzte mal sein, das ihr mich zu sehen bekommt, weil ich morgen offiziell aus der Firma austreten werde."

Stolz über mich selber fange ich an zu lächeln und sehe Taehyung, der mich fassungslos ansieht, überglücklich an. Er mag es zwar nicht fassen können, glaubt vielleicht sogar das ich zu voreilig und von meinen Gefühlen gesteuert handle, aber das hier ist was ich möchte. Diese Firma hat mich nie glücklich gemacht, jemand anderes soll sich damit abgeben. 

"Jetzt hör mir zu du dummer Bengel...-" 

Ich lasse sie gar nicht erst ausreden, sondern schalte mein Handy einfach während unseres Gespräches aus und schmeiße es auf die Couch. Ohne ihn aus dem Blick zu lassen, gehe ich auf ihn zu und nehme sein Gesicht in meine Hand als ich bei ihm ankomme. 

Der Kuss, in den ich ihn verwickle, ist fordernd, man könnte ihn sogar als gierig bezeichnen, aber ich bezweifle das er etwas dagegen haben wird. Ich liebe ihn, mehr als ich jemals jemanden geliebt habe und gerade bin ich einfach nur glücklich ihn bei mir zu haben. 

"Jungkook", keucht er meinen Namen zwischen den Küssen und nimmt mein Gesicht in seine Hände um mich von sich drücken und mir kurz in die Augen sehen zu können. "Hast du gut darüber nachgedacht? Ist es wirklich das, was du willst?" Er streicht mir die Haare aus dem Gesicht und fährt mit seinem Daumen über meine Wangenknochen, eine Geste, die er häufig macht wenn er mich trösten will, aber dieses mal gibt es keinen Grund dafür. 

"Nein, ich habe nicht darüber nachgedacht, Taehyung. Ich habe es einfach getan." Ich nehme seine Hände beide in meine und fange an auf ihrer Innenfläche Küsse zu verteilen, ohne seinen Blick loszulassen. "Wenn man weiß, was man will, braucht man nicht darüber nachzudenken. Diese Firma bedeutet mir gar nichts, du hingegen bedeutest mir alles."

Er schließt die Augen und lächelt erleichtert und glücklich über meine Antwort. Ich lege ihm eine Hand auf das Gesicht und streiche ihm mit dem Daumen über die Lippen. Er sieht mit großen Augen unschuldig zu mir hinauf und ich greife nach seinem Handgelenk um seine Hand auf meinen Schritt zu legen. "Dann lass uns jetzt anfangen, Taehyung." 

Faces |Vkook|Where stories live. Discover now