⊶84⊷

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Taehyung Pov

"Du kannst Krebskranken Kindern doch nicht sagen, dass ihr Krebs verschwindet wenn sie deine Bilder auf Facebook liken!", sage ich fassungslos als wir die Wohnung betreten. Jin schmeißt seine Jacke achtlos auf das Sofa im Wohnzimmer und ich tue es ihm gleich, denn ich habe gerade keinen Nerv fürs aufräumen. Die Fahrt mit ihm zurück hierher war bereits eine Herausforderung und eine Prüfung meiner Geduld. Am liebsten hätte ich einfach das Lenkrad gewendet und uns beide gegen einen Baum befördert nur damit er mit den Selfies und dem ständigen Gerede über seine Social-Media Kontakte aufhört. Er hat sogar versucht mir Tipps zu geben und ich wette wenn ich ihm zugehört hätte, hätte ich auch tatsächlich was gelernt, aber das habe ich nicht. 

Stattdessen habe ich die ganze Fahrt über mit Jackson über die Lautsprecherfunktion telefoniert und Jin hat mitgehört, aber es scheint ihn herzlich wenig interessiert zu haben. Alles was er getan hat war unaufhörlich weiter zu quatschen, als wolle er jede Sekunde, die wir in diesem Auto haben nutzen um mir Tipps über Dinge zu geben, die mich nicht weniger interessieren könnte. 

"Ich wollte ihnen Hoffnung machen", sagt er schmollend, schickt den langen Text ab, den er eben scheinbar auf Facebook gepostet hat und legt das erste mal seit einer gefühlten Ewigkeit das Handy aus der Hand als er sich an den Esstisch setzt und sich über die Torte her macht, die ich ihm hin gestellt habe.

"Hoffnung?" Ich seufze verächtlich und verschränke die Arme vor der Brust. "Welche Art von Hoffnung wolltest du dem Kind vermitteln, dem du ein Bein gestellt hast?"

Ich kam vollkommen außer Atem im Krankenhaus an, Jackson hatte ihn bereits gefunden und fest gehalten, sodass er keinen Schwachsinn mehr anstellen konnte, dachten wir zumindest. Auf dem Weg nach draußen ließ er es sich aber nicht nehmen einem kleinen Jungen, höchstens zehn Jahre alt, ein Bein zu stellen und ihm zum Abschied einen Luftkuss zu hinterlassen. Manchmal zweifle ich echt daran, ob Jin tatsächlich der älteste unter den Persönlichkeiten sein soll. 

"Der Junge war Frech, hat sich über meine Haare witzig gemacht und einer alten Dame Pudding in die Latschen gekippt als sie schlief. Nur weil er Krebs hat, ist das kein Freifahrtschein fürs Leben." Auch er verschränkt die Arme vor der Brust und dreht sein Gesicht zur Seite. "Außerdem hat mich sein Grinsen genervt, hat mich ständig an das dämliche von Namjoon erinnert."

Es ist nicht so, dass ich wütend auf ihn bin, dafür hat er nichts besonders schlimmes angestellt, es ist einfach, dass er ab und zu zurechtgewiesen werden muss. Ich dachte, dass er das alles wieder getan hat, weil er tatsächlich denkt er wäre Arzt, aber dieser letzte Satz eben hat mir etwas bewusst gemacht. Jin ist nicht sowie die anderen Persönlichkeiten, er scheint sich selber am ehesten als Selbstständige Person zu sehen und bisher dachte ich, dass genau das sein Problem ist, aber jetzt weiß ich, was ihm so zu schaffen macht.

"Du vermisst sie", sage ich und trete einen Schritt näher an ihn heran, nicht länger tadelnd, sondern mitfühlend. "Vor allem Namjoon, nicht wahr?"

Er sieht mich fassungslos an, den Mund weit geöffnet, die Stirn vor Ungläubigkeit gerunzelt. "Wer vermisst hier wen? Der Idiot sitzt bestimmt irgendwo auf einer Bank im Jenseits und wünscht sich er könnte all die Alkoholflaschen gegen mich eintauschen. Warts ab, er wird Gott dazu bringen ihn persönlich aus dem Himmel zurück hierher zu schicken." Mit nach wie vor vor der Brust verschränkten Armen lehnt er sich im Stuhl zurück und senkt den Kopf um zu verhindern, dass ich ihm ins Gesicht sehen kann, aber dafür ist es bereits zu spät.

Das Thema scheint ihn traurig zu machen, noch viel trauriger als ich es erwartet habe und zum ersten Mal kann ich von mir behaupten, zu verstehen wie Jin sich gerade fühlt. Ich stand keinem von ihnen so nah, wie Jin es tat, vor allem zu Namjoon scheint er eine besondere Bindung gehabt zu haben. Einer der letzten zu sein, die noch übrig sind, wo alle anderen bereits gegangen sind, muss nicht nur schwer, es muss verletzend sein. 

Faces |Vkook|Where stories live. Discover now