7. Austin: Neues Ziel

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Ich drückte auf die Türklingel und trat vom einen Fuß auf den anderen.

Mein Erscheinungsbild wurde im Glas der Tür gespiegelt und ich musterte mich.
Ich sah gut aus, wie ein anständiger junger Mann. Sie mussten mir einfach helfen.

Nach kurzer Zeit, die sich für mich viel zu lange anfühlte, ging die Tür auf und eine hübsche Frau stand vor mir. Aus ihrem Lächeln wurde ein überraschtes Gesicht.

Ich räusperte mich. „Entschuldigen Sie für die Störung", begann ich nervös. „...also ich weiß, dass das jetzt total seltsam auf sie wirken muss, aber ich... Ich war ja vor ein paar Tagen schon hier und habe ihren Sohn begleitet. Ihr Mann hat mich Elijah genannt und ich frage mich eben wieso..." Nervös biss ich mir auf die Unterlippe.

Die Frau schluckte hart und musterte mich.

Dann öffnete sie die Tür und machte eine einladende Handbewegung. „Komm erstmal rein."

Ich war überrascht, doch tat es unsicher.

Sie deutete mir, ihr zu folgen.
In dem modernen Haus lief ich ihr hinterher, bis wir in ein offenes Zimmer traten, das das Wohnzimmer, das Esszimmer und die Küche zusammenschloss. Die Einrichtung war edel, aber doch schlicht. Es gefiel mit hier.

„Möchtest du etwas trinken?" Die angenehme Stimme der Frau holte mich aus meinen Gedanken.

Ich schüttelte den Kopf. „Nein, danke"

Außer Blut vielleicht. Das wäre jetzt gut. Aber ich bezweifelte, dass sie ahnte, was ich war, und ich wollte sie nicht verschrecken.

„Mein Mann arbeitet gerade, aber er müsste in wenigen Minuten fertig sein.", meinte die Frau in die Stille.

Ich nickte verstehend, sah betreten auf den Boden.

Gott, war das unangenehm.

„Mum, wer war an der Tür?!"
Als ich diese Stimme hörte und den sich annähernden Herzschlag, wurde ich noch nervöser.

Na super. Rolli.

Er hielt in der Bewegung inne und sah zu mir hoch. „Was macht der denn hier?"

Freut mich auch, dich wieder zu sehen, mein Hübscher.

„Geh bitte in dein Zimmer", meinte die Frau einfühlsam.
Rolli schnaubte. „Würde ich da gern, funktioniert aber nicht"
Er verschränkte die Arme, hatte also wohl nicht vor zu gehen. Oder in seinem Fall zu fahren.

„Du weißt, was ich meine", sagte die Frau im unruhigen Ton.
Rolli ließ sich nicht beirren, sondern fuhr weiter in den Raum. Er tat einfach so, als sei ich nicht da und streckte sich zum Tisch, um sich eine Apfel zu nehmen.

Dann richtete er den Rollstuhl so aus, dass er mich ansehen konnte, sah mir in die Augen und biss mehr als geräuschvoll in den Apfel.

Irgendwie sah er dabei total bedrohlich aus, so absurd das auch war.

Ich wollte die Stille unterbrechen, doch ich hörte einen näherkommenden Herzschlag und ließ es sein. Der letzte im Haus betrat ebenfalls den Raum.

Er war gerade dabei, sich erschöpft durch die Haare zu streichen, hielt aber inne, als sein Blick mich traf. Von mir sah er zu Rolli und dann zu seiner Frau.
„Was will er hier?"

Wow er und sein Sohn hatten ja echt Gemeinsamkeiten. Nicht nur das gute Aussehen.

„Er will wissen, warum du in Elijah genannt hast", gab die Frau zurück. Sie und ihr Mann schienen durch ihre Blicke zu kommunizieren, keine Ahnung, um was es da ging.

Der Mann kniff die Augen leicht zusammen. „Eine Verwechslung", sagte er schlicht und deute zur Tür. „Sie haben Ihre Antwort"

Das war wohl mein Zeichen zu gehen.
Ich setzte ein Lächeln auf. „Danke für ihre Zeit"

Am liebsten wollte ich ihm eigentlich ins Gesicht schreien, dass ich genau wusste, dass sie mir etwas vormachten, doch ich wollte es mir irgendwie nicht mit ihnen verscherzen.

Ich war gerade dabei, den Raum zu verlassen, als ich ein „Warte!" hörte und mich umdrehte.
Rolli sah mich an. „Ich erkenne dich"

Verwirrt blickte ich zurück. Das war keine große Leistung, immerhin hatten wir uns erst vor ein paar Tagen gesehen. Er jedoch meinte etwas anderes...

Er sah zu seinen Eltern. „Ich hab ihn schon mal auf Bildern gesehen."

„Du verwechselst etwas", sagte sein Vater. Doch er wirkte irgendwie ängstlich und unsicher.

Irgendetwas war hier so richtig faul.

„Nein, ich bin mir ganz sicher... Warte, ich hol das Album"

Er wollte an seinem Vater vorbei rollen, doch der stellte sich ihm in den Weg. „Ich sagte, du hast etwas verwechselt"

„Ich beweis dir das Gegenteil"

„Nein, tust du nicht"

Sie lieferten sich ein Blickduell. Bevor es noch in eine Familienkrise ausartete, seufzte ich. „Ich denke, ich sollte gehen. Noch mal danke und Entschuldigung für die Umstände"

Ich trottete ohne wirklich auf eine Reaktion zu warten durch den Flur zur Tür.

Antworten hatte ich keine bekommen. Das einzige, womit ich zurück nachhause ging, war eine herbe Enttäuschung.

Ich hatte gehofft, etwas über mich selbst zu erfahren, aber entweder kannten diese Leute mich echt nicht oder sie wollten es unter keinen Umständen zugeben. Beides brachte mich nicht weiter.

Ich interessierte mich schon immer für mein Leben vor dem Tod, weil ich mich keinen Fetzen daran erinnerte, aber so wie es aussah, würde ich nichts über mich erfahren.

Aber jetzt, wo ich wusste, dass ich die Möglichkeit dazu hatte, hatte ich auch ein Ziel. Ich wollte es wissen. Ich wollte wissen, wer ich gewesen war und wie ich zum Vampir geworden war.

Mein Tod musste gewaltsam gewesen sein. Also wie war ich gestorben? Und wer hatte es zu verantworten?

Only mortal (Boyxboy)Where stories live. Discover now